Freitag, 24. Dezember 2021

Eingeebnete Grabhügel vorgeschichtlicher Zeitstellung auf der Hirschwiese im Forstenrieder Park

Meine Auszeit ist ziemlich lang geworden. Auslöser war wohl im Juli eine Kniebremsung nach einem Fahrfehler beim Einkurven auf einen Waldweg. Das Knie hatte anfänglich meine volle Aufmerksamkeit. Heilte zwar langsam, aber problemlos. Stellvertretend für die Beteiligten sei hier den Personen gedankt, die im WC beim Pullacher Friedhof für gefüllte Behälter mit Desinfektionsmittel und Seife gesorgt haben. Ich hatte nur einen Fotoapparat für das Isarhochwasser und ein Spray für Reifenpannen in den Satteltaschen. Hinsichtlich dem Blog bin ich damals offenbar aus dem Tritt und nicht wieder hinein gekommen.

Links geht es zum Parkplatz

Die Fotos von der Hirschwiese stammen vom 15. Oktober. Für die näher Wohnenden eignet sich die Hirschwiese in der Zeit zwischen den Jahren für einen Spaziergang. Sie hat sogar einen eigenen Parkplatz, der nach den aktuellen Prognosen in dieser Zeit schneefrei bleiben wird. Zum Parkplatz geht es auf dem ersten Foto links in den Wald hinein. Die am Fotografenstandort vorbeiführende Straße ist die B11 bei Pullach. Wo sich der Parkplatz an der B11 befindet, gibt die silberne Markierung auf der Informationstafel auf dem zweiten Foto wieder. In der Richtung, in der man in den Wald zum Parkplatz gefahren ist, bewegt man sich zum umzäunten Teil des Forstenrieder Parks weiter und gelangt dann bald zur Hirschwiese.

Informationstafel Forstenrieder Park

Über einem großen Teil der Hirschwiese im Forstenrieder Park bis hinein in angrenzende Waldgebiete zeigt der BayernAtlas mit Denkmaldaten eine ausgedehnte Rotfläche mit der Beschreibung „Grabhügel vorgeschichtlicher Zeitstellung“ an. Deutlich erkennbare Grabhügel habe ich weder auf der Wiese noch im Wald gefunden, aber ich wollte diese Örtlichkeit doch einmal vorstellen, denn die Hirschwiese wäre gut mit dem geheimnisvollen Knick der früher südlich davon vorbeiführenden Römerstraße und einem nördlich von der Hirschwiese befindlichen Grabhügelfeld mit gut sichtbaren Grabhügeln kombinierbar. Zudem wäre die Anfahrt außer per Auto oder Rad wegen der nahe gelegenen Haltestelle Buchenhain auch gut mit der S-Bahn zu bewerkstelligen.

Hirschwiese im Forstenrieder Park

Wenn der oben unterlegte direkte Link zur Örtlichkeit im BayernAtlas mit Denkmaldaten nicht funktioniert, kann man auch den aktuell funktionierenden Weg über die Suche nach „Bayerischer Denkmal-Atlas“ ausprobieren. Aktuell erhält man da eine Website mit dem Titel Bayerischer Denkmal-Atlas - Geoportal Bayern vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege angezeigt. Gegenüber dem direkten Weg zum BayernAtlas hat der Weg über das Denkmalamt den Vorteil, daß man via dem „mehr“ neben dem Suchfeld nach der Denkmalnummer suchen kann. In dem Fall ist das die Nummer D-1-7934-0307 . Zum anderen bekommt man so den BayernAtlas gleich mit Denkmaldaten präsentiert. Zu der größeren BayernAtlas-Oberfläche geht es durch Anklicken des „Zum Bayernatlas“ links oben.

Hirschwiese im Forstenrieder Park

Häufig ist es günstig, zum BayernAtlas noch das „Geländerelief“ dazuzuschalten. Den Vorteil erkennt man bspw. bei dem erwähnten nördlichen Grabhügelfeld mit gut erkennbaren Grabhügeln, die man vorab via dem Geländerelief in der Rotfläche lokalisieren kann. Oder bei den Gruben entlang der Römerstraße. Da scheinen die Gruben einfach nur den Knick zu bestätigen, es ist keine Besonderheit erkennbar. Die Ursache des Knicks scheint in der Zeit vor den Gruben zu liegen. In der PC-Version des BayernAtlas kann man das „Geländerelief“ via dem Unterpunkt „Überlagerungen“ des im linken Bereich befindlichen „Freizeit in Bayern“ finden und dazuschalten. Dann erscheint weiter unten unter „Dargestellte Karten“ „Relief“ als Unterpunkt. Um sich damit vertraut zu machen, sollte man dort einmal an dem Regler „Transparenz“ herumspielen.

Hirschwiese im Forstenrieder Park

Wie gesagt habe ich im Fall der Hirschwiese keine Grabhügel gefunden, die Reliefansicht bringt diesbezüglich wenig. Das dort Herumlaufen hatte aber schon etwas. Weil nichts zu sehen war, habe ich damit angefangen, das Gestrüpp um die Bauminseln auf versteckte Hügelchen zu kontrollieren. Bei so einer Suche bin ich dann zwischen den Bauminseln etwas tiefer zu stehen gekommen und hatte eine leichte Erhebung vor mir und bekam dann doch ein Grabhügelfeeling. Ich habe ein Blatt Papier auf die Erhebung gelegt, um sie auf dem Foto besser sichtbar zu machen.

Hirschwiese im Forstenrieder Park

Vielleicht entsprachen den hier mehrfach zu findenden leichten Erhebungen tatsächlich Grabhügel. Ich hätte jetzt vielleicht die Story irgendwie pointierter aufziehen sollen - erst sind keine Grabhügel zu sehen und dann sieht man sie um sich emporwachsen und fühlt sich schließlich von lauter Grabhügeln umgeben. Ein bisschen war es so. Und ein Wildschwein hat auch noch mit mir geredet. Erst hat es mich ignoriert, ich habe es fotografiert und wieder in anderer Richtung nach den Grabhügeln gesehen. Dann hat es einmal laut gegrunzt und ich habe es noch einmal fotografiert. Also die Hirschwiese hat etwas, wenn auch keine großen Grabhügel.

Hirschwiese im Forstenrieder Park

Ein großes Manko des „BayernAtlas mit Denkmaldaten“ ist wieder die wenig brauchbare Beschreibung zum Bodendenkmal. Irgendwie muß man ja auf das behauptete Bodendenkmal gekommen sein. Die Begründung dazu könnte man hier angeben. Möglicherweise gab es Funde, von denen man Abbildungen zeigen könnte. Wären es herausragende archäologische Funde gewesen, könnte man auf die zugehörige Literatur und das ausstellende Museum verweisen.

Im Karlsruher Badischen Landesmuseum gibt es mittlerweile auf eine Idee der Museumsdirektor*in hin eine Expothek, in der die Besucher*innen des Museums zu Nutzer*innen werden können. Diese Idee drängt sich eigentlich auf. Man stelle sich einen Schülerausflug in den Forstenrieder Park vor, der mit einem Besuch in einem passenden Depot oder Museum kombiniert wird, in dem man sich die Funde aus besuchten Grabhügelfeldern zeigen und erklären lassen kann.

Mir fällt dazu der Heiligenbuck beim Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden ein. Irgendwann bin ich auf diesen Artikel zu einer Ausstellung in Rastatt gestoßen, darin der Satz: „Dennoch konnten viele Glanzstücke der Region, vor allem aus dem Badischen Landesmuseum, ausgeliehen werden, z. B. die Funde aus dem kleinen Heiligenbuck aus Hügelsheim oder der Spiralarmreif aus der mittleren Bronzezeit aus Elchesheim-Illingen, der vor etwa 1500 Jahren vor Christus kunstvoll hergestellt wurde und den Arm einer Frau zierte.“ Man kann jetzt mit „Heiligenbuck“ und „Elchesheim“ in der Expothek suchen und findet tatsächlich etwas!

Grabhügel im Forstenrieder Park

Mein abschließendes Foto stammt von dem nördlichen Grabhügelfeld D-1-7934-0100 . Ich hatte dieses Grabhügelfeld schon 2011 unter dem Titel „BayernViewer-denkmal und GPS, Teil 3“ im Blog. In diesem alten Beitrag ist auf dem zweiten Bild ein zwischen die Grabhügel führender Weg zu sehen, der dieses Jahr im Oktober ziemlich versumpft war. Ich habe es beim Fotografieren des einen Grabhügels belassen.

Ich wünsche allen schöne Weihnachtsfeiertage und ein gutes neues Jahr! Ich hoffe im nächsten Jahr bewegt sich mein Blog wieder in normaleren Bahnen!

Montag, 12. Juli 2021

Kunstareal-Fest 2021

Vom 16. bis zum 21. Juli findet in München wieder ein Kunstareal-Fest statt. Grundsätzlich halte ich Formate wie dieses Kunstareal-Fest und die Lange Nacht der Münchner Museen für ganz sinnvoll, so lange sie sich irgendwie rechnen und von den Besuchern gut angenommen werden. Wenn sie von den Besuchern gut angenommen wurden, dann gab es aber in der Vergangenheit zwangsläufig Zusammenballungen von Besuchern. Seien es bei den Museumsnächten die teilweise proppevollen Shuttle-Busse oder die größeren Gruppen von Wartenden, wenn schubweise eingelassen wurde. Oder im Fall des Kunstareal-Festes 2015 die lange Schlange vor der Essens- und Getränkeausgabe in der Glyptothek oder die vielen Interessierten an der Humanoiden-Vorführung. Man wird das wohl schon mit Voranmeldungen Corona-verträglich hinkriegen, anderseits sollte das auch zu Lasten der Vorteile das Kunstareal-Festes gehen.

Freitag, 18. Juni 2021

Process Mining

Das „Data Mining“ hatte ich schon letztes Jahr in einem Blogeintrag über die Künstliche Intelligenz erwähnt. Die Wikipedia meint, es handelt es sich bei der Bezeichnung um einen „misnomer“, weil es beim Data Mining nicht um den Abbau von Daten, sondern um das Entdecken von Mustern in Daten geht. Ich hatte Anwendungsbeispiele wie die Warenkorbanalyse und die Kundensegmentierung genannt. Bei der Warenkorbanalyse wäre der Klassiker für ein entdecktes Muster die Erkenntnis, daß der Kauf von Artikel X häufig im Zusammenhang mit dem Kauf von Artikel Y steht. Bei der Kundensegmentierung entsprächen den erkannten Mustern die aus den vorhandenen Kundendaten erkannten Kundengruppen und Angaben, mit welchen Merkmalen sich diese Gruppen voneinander abgrenzen lassen.

Die Wikipedia sortiert Data Mining lesenswert in eine größere zeitliche Entwicklung ein. Aus der Formulierung, daß um 1990 die Bezeichnung „Data Mining“ in der „database community“ auftauchte, möge man aber nicht schließen, daß seinerzeit hierzulande schon eine größere Zahl von Datenbankleuten mit dieser Bezeichnung etwas anfangen konnte. Eine „breitere Bekanntheit“ dürfte erst mit einem Artikel wie „Schwarze Magie - Knowledge Discovery: Suche nach verborgenen Schätzen“ in der iX vom August 1997 begonnen haben. Die Bezeichnung „Knowledge Discovery“ wurde in diesem Artikel synonym zu „Data Mining“ verwendet. Im Artikel wurde als Anlaufpunkt im Netz die Website www.kdnuggets.com genannt. Die spielt heute noch eine prominente Rolle. Und die „Nuggets“ bringen auch gut auf den Punkt, was man in den Daten sucht.

Ich hatte letztes Jahr erwähnt, daß bei meinem Erstversuch mit dem Algorithmus für die Warenkorbanalyse ausschließlich uninteressante Regeln herauskamen. Als Testdaten hatte ich aber auch nur wenige hundert Datensätze verwendet. Ein geeigneteres Biotop für solche Algorithmen dürften stattdessen die immensen Mengen von Verkaufsdaten derjenigen Firmen gewesen sein, die damals in großem Umfang versuchten ihre Kundschaft mit Kundenkarten zu beglücken. Man sollte in solchen Firmen auch an das direkte Umfeld um die Datenanalyse herum denken. Es mußten damals Personen involviert gewesen sein, die sich über Änderungen bei den Angeboten Gedanken machten, damit sich die Datenanalysten auch lohnten. Das Management mußte wissen, um was es geht und hinter der Sache stehen. Man kann zu dem großen Rad, das sich damals zu drehen begann, auch die Welt außerhalb der direkt betroffenen Firmen hinzunehmen, die sich mittels Artikeln darüber informierte, was man mit so großen Datenmengen machen kann.

Wie auch schon erwähnt, ist der Einstieg in das Data Mining aber relativ einfach. Damals schon hatte ich eine Demodiskette mitbekommen, bald darauf konnte man ganze Anwendungspakete herunterladen. Ich könnte mir vorstellen, daß man bei passender Datenlage selbst mit schnell erworbenen Data-Mining-Fähigkeiten Anfangserfolge erzielen kann. Man hat ja professionelle Algrorithmen zur Verfügung. Für einen substanzielleren Schritt in die Zukunft müßte aber aus meiner Sicht schon ein irgendwie ausgestaltetes größeres Rad gedreht werden. Ich weiß nicht, wie da die Aussichten in meinem bebloggten Bereich sind. Hinsichtlich dem Interesse drumherum ist für mich ein frühes virtuelles Museum ein Menetekel. Man könnte auf eine Vorreiterrolle stolz sein und versuchen darauf aufzubauen, aber dieses virtuelle Museum hing schon vor Jahren in den Seilen, momentan ist es anscheinend gar nicht mehr erreichbar. Vor Jahren hatte ich schon das Gefühl, daß dieses Projekt niemand mehr von dem Museum, dem es zugeordnet war, kannte. In diesem Sinne fände ich jedenfalls ganz interessant, etwas über die Resonanz von anderen Museen auf ein Projekt des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) mit dem Museum Barberini zu erfahren. Es gibt zum Projekt einen sehr hörenswerten Podcast „Wie Museumserlebnisse dank Daten-Analysen verbessert werden können“. Das Museum Barberini hatte hier zwar gegenüber anderen Museen den Vorteil des kompetenten und sehr arbeitsstundenintensiven Anschubs durch das Hasso-Plattner-Institut (HPI). Anderseits sind die Ergebnisse auf Github offen gelegt. Andere Museen könnten da reinsehen und darauf aufbauen.

Ab Minute 7:37 geht es im verlinkten Podcast um die Museumsapp des Museums Barberini, die auch als Audioguide nutzbar ist und mit der man dann sehen kann, wie die Leute durch das Museum laufen und wie lange sie wo stehen bleiben. Abstrahiert gesagt erhält man durch die Museumsapp ein Event-Log und kann dieses mittels Process-Mining-Algorithmen auswerten. Wesentlich ist da die Orientierung an dem Prozess, für dessen Event-Log man ggf. auf unterschiedliche Quellen zugreifen muß. Im Falle des Prozesses „Museumsbesuch“ reichen die über die Museumsapp erhaltenen Daten. Bei einem Geschäftsprozess, der mit einem Posteingang beginnt und mit einer Sachbearbeitung weitergeht und zu einem Antwortschreiben oder einer weiteren Bearbeitung führt, müßte man auf unterschiedliche Quellen zugreifen. Man kann dann aus dem Event-Log wie für die Museumsapp beschrieben verfolgen, wie sich der Prozess in der Praxis abspielt. Je nach Gegebenheiten kann damit Unterschiedliches entdeckt werden. Man wird sich meist vorab überlegt haben, wie die Prozesse verlaufen werden. Durch Auswertungen könnte sich das bestätigen, man könnte nicht planbare Ergänzungen wie etwa Zahlenverteilungen zum Geplanten finden, man könnte aber auch wesentliche Abweichungen entdecken.

Zum Process Mining wird schon länger ein MOOC bei Coursera angeboten. Eventuell ist dieser Kurs in jüngerer Vergangenheit nicht mehr upgedatet worden, denn Wil van der Aalst ist laut Wikipedia nun Professor an der RWTH Aachen und war früher Professor an der Technischen Universität Eindhoven, während Coursera noch die Universität Eindhoven angibt.

Anlaß für diesen Blogeintrag über das Process Mining war aber nun der neue OpenHPI-Kurs „A Step-by-Step Introduction to Process Mining“ von Prof. Mathias Weske und Prof. Henrik Leopold. In den wollte ich aber erst selbst hineinsehen, bevor ich etwas über ihn schreibe. Das habe ich inklusive der Hausarbeiten erst auf den letzten Drücker geschafft. D.h. der Kurs ist seit ein paar Wochen zuende. Das Kursmaterial steht aber weiterhin kostenlos für ein Selbststudium verfügbar.

Den Kurs von Prof. van der Aalst dürfte, falls fehlende Aktualisierungen keine zu großen Schwierigkeiten machen, aus mehreren Gründen die interessantere Option sein: zum einen ist der Lehrumfang deutlich umfangreicher als beim OpenHPI-Kurs (deutlich mehr Lehrmaterial pro Woche und vier statt zwei Wochen Kursdauer). Zum anderen gibt es von Prof. van der Aalst ein Lehrbuch, das auch im OpenHPI-Kurs empfohlen wird.

Hinsichtlich dem OpenHPI-Kurs ist noch seine Nähe zu der Spezifikationssprachen für Geschäftsprozesse „Business Process Model and Notation“ (BPMN) zu erwähnen. Prozesse kann man auf unterschiedliche Weise darstellen. Der Aufwand, sich in die Darstellungsform einzuarbeiten, hält sich für Kurszwecke üblicherweise in Grenzen. Der OpenHPI-Kurs ist bei der Sprache auf BPMN hin orientiert und ergänzt damit eine Reihe von BPMN-Kursen von Prof. Weske, die in den vergangenen Jahren von OpenHPI angeboten wurden und noch für das Selbststudium zur Verfügung stehen.

Donnerstag, 3. Juni 2021

Wiederherstellungen im Giebelfeld der Münchner Glyptothek

2011 waren in meinem Blog aus dem Giebelfeld der Münchner Glyptothek verschwundene Skulpturen ein Thema.

Das Verschwinden geschah unter dem Hintergrund von noch heute sichtbaren Kriegsbeschädigungen des Giebelfeldes. Auffallend etwa der fehlende Unterarm der Athene Ergane in der Mitte oder die fehlenden Köpfe der beiden Skulpturen rechts und links von ihr. Weniger auffallend ist die fehlende Spes, die sich früher auf einem Dreifuß im Kniebereich des Tonbildners direkt links neben der Athene befand. Der Tonbildner sollte nicht dauernd die Athene ansehen, sondern sich mit dem Modellieren der Spes beschäftigen. Der jahrzehntelang seltsam leere Bereich dem rechten Ende des Giebelfeldes zu dürfte hingegen schon einigen aufgefallen sein. Aber nur die wenigsten werden gewußt haben, daß hier einst die „Töpferwaren“ Stamnos ( = antikes Vorrats-Gefäß), Lekythos ( = griechische Vase für Olivenöl) und Kylix ( = flache antike Trinkschale mit Handgriffen) standen. Diese „Töpferwaren“ sind im Rahmen der aktuellen Sanierung der Glyptothek wieder im Giebelfeld aufgestellt worden.

Giebelfeld der Münchner Glyptothek 2011

In meinem Blogeintrag von 2011 ging es darum, daß manche Teile erst nach dem Krieg verschwanden. Dr. Ernst Theodor Mayer, auf dessen Angaben mein damaliger Text beruhte, hatte als direkter Nachfahre des Bildhauers Ernst Mayer, der die Spes und die Töpferwaren seinerzeit ausführte, die Spes noch 1959 im Depot gesehen. Die drei Töpferwaren waren sogar noch nach dem Krieg im Giebelfeld aufgestellt und wurden erst später entfernt. Man kann diesen Sachverhalt via dem Foto aus dem Bildarchiv Foto Marburg „Mittelbau, Portikus, kriegszerstört 1946 Bilddatei-Nr. fm202485“ recht gut zu erkennen. An Vorkriegsbildern böte das Bildarchiv etwa das ältere Foto „Aufnahme-Nr. KBB 811“ und das kurz vor dem Krieg entstandene Foto „Aufnahme-Nr. 75.571“

Giebelfeld der Münchner Glyptothek 2021

Mir sind die wieder aufgestellten Töpferwaren anläßlich des in meinem Eintrag zur Ausstellung „Bertel Thorvaldsen und Ludwig I. Der dänische Bildhauer in bayerischem Auftrag“ erwähnten Tweets aufgefallen. Im dort eingebundenen Video wollte der Sammlungsdirektor der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München Dr. Florian Knauß in seiner Rede die Sanierung nicht in den Vordergrund stellen, da die Bauaußenarbeiten noch bis zum Sommer fortgeführt werden.

D.h. die Sanierung wird nach ihrem Abschluß ein Thema werden und bei dieser Gelegenheit wäre es nett auch mehr über die Veränderungen im Giebelfeld erfahren zu können. Die Giebelfeld-Arbeiten sind im engen Kontext zu Bertel Thorvaldsen und Ludwig I. entstanden, die aktuell in der Glytothek gewürdigt werden. Das Giebelfeld und seine Historie breiter zu thematisieren läge folglich nicht so sehr aus der Welt. Vielleicht erfahren wir dann, ob die neu aufgestellten Teile Repliken sind oder ob es sich um die Orginale handelt. Und das Schicksal der kleinen Spes bleibt natürlich auch spannend. Auf dem Foto von 1938 kann ich sie auch nicht erkennen, also sie muß einiges erlebt haben - mehr als hundert Jahre im Giebelfeld, dann Depot und wo sie sonst noch hingekommen ist.

Samstag, 15. Mai 2021

Fotos von der Münchner Archäologischen Staatssammlung

Zuletzt hatte ich hier im Blog im März 2015 anläßlich der Ausstellung „Kykladen - Frühe Kunst in der Ägäis“ Fotos vom Gebäude der Archäologischen Staatssammlung eingestellt. Seit August 2016 ist die Archäologische Staatssammlung wegen einer umfangreichen Generalsanierung bis zur voraussichtlichen Wiedereröffnung im Jahr 2023 geschlossen.

Archäologische Staatssammlung München

Von meiner Radstrecke für die Fotos zu meinem Text über die Thorvaldsen-Ausstellung in der Glyptothek war es zur Archäologischen Staatssammlung nur ein sehr kurzer Abstecher zwischen der Villa Stuck und dem Wittelsbacher Platz. Da bot es sich an festzuhalten, wie es hier im April 2021 aussah.

Archäologische Staatssammlung München

Seit Beginn der Generalsanierung ist die Archäologische Staatssammlung durch Ausstellungsangebote in anderen Häusern präsent. Auf ihrer Website wird derzeit ein „zu Gast im Münchner Stadtmuseum“ und ein „zu Gast in der Residenz München“ erwähnt. Zudem verfügt die Archäologische Staatssammlung über mehrere Zweigmuseen. Für Interessierte aus dem Raum München ist hier besonders die nahe Burg Grünwald zu erwähnen.

Archäologische Staatssammlung München

Dort wird aktuell noch die Sonderausstellung „Antike Gemmen aus Bayern - Kunst in Miniatur“ angeboten. Auf eine Ausstellung „Kunst in Miniatur - Antike Gemmen aus Bayern“, mit der die Archäologische Staatssammlung zu Gast in der Residenz war, hatte ich im Oktober 2019 in meinen „Gemischten Links“ hingewiesen. Damals mit dem Link zu einem frei zugreifbaren Artikel von Aaltje Hidding über die „Kunst in Miniatur. Antike Gemmen aus Bayern“ und Informationen über ein Buch über „Antiken Gemmen aus Bayern“ von der Autorin Dr. Gertrud Platz-Horster.

Archäologische Staatssammlung München

Der Text von Aaltje Hidding wurde in den Mitteilungen 145 des mit der Archäologischen Staatsammlung verbundenen Vereins der Freunde der Bayerischen Vor- und Frühgeschichte veröffentlicht. Die Mitglieder des Vereins erhalten neben diesen Mitteilungen auch eigene Vortrags- und Exkursionsangebote.

Archäologische Staatssammlung München

Informationen über die aktuellen Angebote der Archäologischen Staatssammlung gibt es auf ihrer oben genannten Website, auf Archäologie München und via dem Facebook-Account der Archäologischen Staatssammlung. Zudem gibt es noch eine Website des bayerischen Museumsnetzwerks „Antike in Bayern“, in das die Archäologische Staatssammlung eingebunden ist.

Samstag, 1. Mai 2021

„Bertel Thorvaldsen und Ludwig I. Der dänische Bildhauer in bayerischem Auftrag“

Als ich am 25. März mein Twitter einschaltete, um mir die Archäologie-Nachrichten anzusehen, wurde mir etwas zu spät der folgende Tweet der Staatlichen Antikensammlungen u. Glyptothek angezeigt: „Große Freude! Wir eröffnen heute Abend 19.30 Uhr mit einem #Livestream die #Glyptothek nach zweijähriger Sanierung + die Sonderausstellung 'Bertel #Thorvaldsen und Ludwig I. Der dänische #Bildhauer in bayerischem Auftrag' Livestream auf YouTube:“

Der Livestream war etwas verwirrend, weil ich in einen vorab erstellten abschließenden Teil mit einer kleinen Ausstellungsführung geraten bin. Dabei nebenher auf der Museumswebsite Hilfe zu suchen und ein „Eröffnung so bald wie möglich - 25.07.2021“ zu finden, trug auch nicht zu meiner Erhellung bei.

Nach Ende des Events konnte man den Film ganz vorne am Beginn starten, da war die Mischung aus Konserve und Live schnell erkennbar. Zunächst werden Bilder von der mittlerweile fast abgeschlossenen Sanierung der Glyptothek gezeigt. Dann kommt als Live-Teil die Rede von Dr. Florian Knauß, dem Sammlungsdirektor der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München. In diesen Teil sind Grußworte der dänischen Botschafterin Susanne Hyldelund und die Eröffnung durch den bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bernd Sibler eingebunden. Schließlich gibt es von Dr. Knauß noch die erwähnte Ausstellungführung.

Münchner Glyptothek am 21. April 2021

Aktuell steht ein „26.03.2021 - 25.07.2021“ auf der Ausstellungswebseite. Wobei man letzte Woche, als ich zum Fotografieren vorbei kam, „bis mindestens Sonntag“ nicht in die Ausstellung hinein durfte. Wegen möglichen späteren Terminen sollte ich mich am besten bei München Ticket informieren.

Die Ausstellung „Bertel Thorvaldsen und Ludwig I. Der dänische Bildhauer in bayerischem Auftrag" ist in einen größeren Rahmen von Thorvaldsen-Ausstellungen in Italien, Dänemark und Deutschland anläßlich dessen 250stem Geburtstag am 19.11.2020 eingebunden. Die Münchner Ausstellung liegt da relativ zu den anderen Ausstellungen etwas spät. Ich habe aber keine Ahnung, ob dadurch eine Ausstellungsverlängerung möglich ist oder die Leihgaben im Juli wieder auf die Reise müssen.

Kurfürst Maximilian I. auf dem Wittelsbacher Platz nach einem Modell von Bertel Thorvaldsen

In der Rede von Dr. Knauß und in seiner kurzen Ausstellungsführung wird die Verwobenheit von Thorvaldsens Werk mit der Antike deutlich. Thorvaldsen fungierte als Berater beim Ankauf von Antiken und war als Restaurator und Ergänzer der häufig fragmentarisch überlieferten Teile tätig. Unter diesen Antiken wären hier wegen ihrer herausragenden Bedeutung zuvörderst die Ägineten in der Münchner Glyptothek zu nennen. Die später wieder entfernten Thorvaldsen-Ergänzungen waren 2011 Thema der Ausstellung „Kampf um Troja. 200 Jahre Ägineten in München“. In seiner Ausstellungsführung zeigt Florian Knauß aber auch ein Antiken-Beispiel in der Glyptothek, an dem die Thorvaldsen-Ergänzungen erhalten geblieben sind.

Daneben gibt es in der Ausstellung mit einer Spes ein eigenständiges, aber direkt an die Antike anknüpfendes Werk Thorvaldsens zu sehen. Nach Dr. Knauß ist die Spes möglicherweise von Figuren angeregt, die ebenfalls den Tempel der Aphaia auf Ägina geschmückt haben. Näheres zu den von Bertel Thorvaldsen ergänzten Koren des westlichen Firstakroters des Aphaia-Tempels kann man in meinem alten Beitrag „'Spes' von Bertel Thorvaldsen“ nachlesen, der inhaltlich bestens von einem Nachfahren eines seinerzeit beteiligten Bildhauers bestückt wurde.

Replik einer von Bertel Thorvaldsen ergänzten Aphaia-Tempelkore an der Villa Stuck

Die Spes muß Thorvaldsen laut Dr. Knauß sehr wichtig gewesen sein, da er später ein Selbstbildnis mit Spes geschaffen hat. Zwei Jahrzehnte später entstand eine lebensgroße Marmorversion davon, die man nach Abschluß der Außenarbeiten an der Glytothek hoffentlich dann wieder in ihrer Nische in der Ostfassade der Glyptothek sehen kann.

Sonntag, 4. April 2021

Grabhügel zwischen Forsthaus Kasten und Buchendorf

In „Die Preysingsäule im Forst Kasten“ hatte ich berichtet, daß ich die weitere Erkundung eines Grabhügelfeldes zwischen Forsthaus Kasten und Buchendorf (Link zur Reliefansicht der Grabhügelgruppe im BayernAtlas) auf eine Jahreszeit mit Stiefeln und ohne Blätter verschoben hatte. Das mit dem „ohne Blätter“ hat geklappt. Stiefel nicht so, ich bin aber wenigstens am Gründonnerstag nicht mit Sandalen, sondern mit Halbschuhen und Socken hingeradelt und habe mich hinterher mehrfach nach Zecken abgesucht.

Grabhügel zwischen Forsthaus Kasten und Buchendorf

Ohne Blätter war nun deutlich mehr zu sehen. Für schöne Grabhügelfotos ist aber wohl der üppige Bewuchs mit jungen Bäumen trotzdem zu stark. Ich gehe davon aus, daß ich die drei westlichsten der im BayernAtlas dargestellten Grabhügel gesehen habe. Gut erkennbar ist von diesen drei Grabhügeln vor allem der nördlichste Grabhügel, der ist nach Reliefansicht auch der größte Grabhügel der Grabhügelgruppen in diesem Gebiet. Daß sich hier etwas Großes befindet erkennt man selbst im Sommer von dem vorbei führenden geschotterten Waldweg aus gut. Von diesem Waldweg zweigt bei dem Grabhügel ein etwas zugewachsener Weg in den Wald ab, von dem aus die ersten beiden Fotos entstanden.

Grabhügel zwischen Forsthaus Kasten und Buchendorf

Beim mittleren der drei Grabhügel auf dem dritten Foto kann man ebenfalls etwas in den Wald hineinlaufen. Da hatte ich dann den Grabhügel genau vor mir. Zum dritten Grabhügel bei der Wegkreuzung ist es schwerer weiter hinein zu kommen, den habe ich vom Weg aus fotografiert. Man kann ihn im vierten Bild etwas an seiner abfallenden Seitenfläche in der Bildmitte erkennen.

Grabhügel zwischen Forsthaus Kasten und Buchendorf

Wenn man in der Gegend per Automobil vorbeikommt ist das Grabhügelfeld sehr einfach zu erreichen. Geht man im BayernAtlas etwas näher an das Grabhügelfeld heran, dann sieht man links an dem nach Norden vom Grabhügelfeld wegführenden Waldweg bei der Straßeneinmündung eine Parkplatz-Kennzeichnung. Man braucht nur von der Strecke Gauting-Neuried in Richtung Buchendorf abzweigen und dann wäre man bei der ersten ausgeschilderten Parkmöglichkeit auf der linken Seite schon auf dem richtigen Waldweg zu den Grabhügeln.

Grabhügel zwischen Forsthaus Kasten und Buchendorf

Südwestlich vom Grabhügelfeld beginnen großflächige Felder. In dem Gebiet ist die Ost-West-Verbindung für die Fußgänger und Radler blockiert. Das mag eine Ursache dafür sein, daß die Strecke direkt am Grabhügelfeld vorbei relativ belebt ist. Eine andere viel begangene und beradelte Strecke führt vom Forsthaus Kasten direkt nach Süden in Richtung auf die Preysingsäule zu. Nach der Preysingsäule kann man entweder in Richtung Buchendorf/Gauting einschwenken oder wie ich am Gründonnerstag via Hexenhäusl und Achterlacke zurück nach München radeln. Jedenfalls läge das Grabhügelfeld auch relativ nahe zu der belebten Strecke vom Forsthaus Kasten hin zur Preysingsäule. Also wenn man mal einen Hügelgräberlehrpfad einrichten wollte, dann träfe bei dem Grabhügelfeld ein gutes Grabhügelangebot auf rege Verkehrsströme.

Forsthaus Kasten am Gründonnerstag 2021

Abschließend noch ein Foto vom Forsthaus Kasten am Gründonnerstag 2021 um die Mittagszeit. Ich habe jetzt erst gesehen, daß es auf dem Gelände des Forsthauses Adventsmärkte gibt. So etwas wäre ja eine gute Kombination mit einem Grabhügelbesuch in Stiefeln. Ich hoffe solche Veranstaltungen und der Biergartenbetrieb kommen hier bald wieder gut ins Laufen.

Samstag, 6. März 2021

Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“

Ein Edikt des römischen Kaisers Konstantion aus dem Jahr 321, nach dem künftig auch Juden in Ämter der Kurie und der Stadtverwaltung berufen werden können, ist dieses Jahr Anlass für zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen eines Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Die Anfrage, die zum Edikt führte, stammte aus Köln. Das Dekret gilt als früheste Urkunde zur Existenz von jüdischem Leben nördlich der Alpen. Mehr darüber kann man in einem umfangreichen pdf von „MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier“ nachlesen, aus dem ich eben auch meine Stichworte übernommen habe.

Der Titel „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ wird zum einen etwas kritisiert, weil es Deutschland zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gab. Ich würde empfehlen, Deutschland in dem Fall einfach als geografische Angabe zu lesen, also es geht um Juden „im Gebiet des heutigen Deutschlands“. Zum anderen ist ein Kritikpunkt, daß bei diesem Titel das jüdische Leben vor diesen 1700 Jahren etwas unter den Tisch fällt.

Man muß sich vergegenwärtigen, daß der zuletzt in der Netflix-Barbaren-Serie dargestellte Publius Quinctilius Varus mehr als 300 Jahre vor diesem Edikt hier die Statthalterschaft nach seiner Statthalterschaft in Syrien übertragen bekam. Dort übte er diese zunächst in Zeitgenossenschaft zu König Herodes dem Großen aus und hatte laut Wikipedia eine Kontrollfunktion über dessen Königreich Judäa inne. Nach dessen Tod soll er die Erbauseinandersetzung von dessen drei Söhnen geschlichtet haben und bei Folgekonflikten nach römischen Plünderungen und Zerstörungen für die Kreuzigung von 2000 Juden verantwortlich gewesen sein. Das heißt, daß Vorstellungen von Juden, einem jüdischem Staat und einem jüdischen Glauben bei Leuten vorhanden waren, die vor mehr als 2000 Jahren im heutigen Deutschland herum liefen. Sehr wahrscheinlich wird damals und in den Jahren danach auch einiges Personal neu rekrutiert und hierher mitgenommen worden sein, so daß vermutlich schon zu einer Zeit, in der man noch garnicht an ein Christentum denken konnte, schon Menschen jüdischen Glaubens hier unterwegs waren.

Solche Wahrscheinlichkeiten sind aber keine Belege wie das oben genannte Edikt. Allerdings erinnere ich mich an eine Meldung vor ein paar Jahren, nach der man glaubte aus archäologischen Funden auf eine frühe jüdische Anwesenheit schließen zu können. Wahrscheinlich werden solche archäologischen Erkenntnisse in die entsprechenden Texte zum Festjahr einfließen. Es wäre in dem Zusammenhang auch zu beachten, daß laut „Juden im antiken Augsburg“ vielleicht auch einiges an Funden als christlich vereinnahmt wurde, was einen jüdischen Hintergrund hatte.

„Das Wort Juden“ bezeichnet laut Wikipedia „eine ethnisch-religiöse Gruppe oder Einzelpersonen, die sowohl Teil des jüdischen Volkes als auch Angehörige der jüdischen Religion sein können. Die Benutzung des Wortes oder Begriffs ist im historischen Kontext verschiedener Staaten, auch als dortige religiöse Minderheit, unterschiedlich.“ Laut Wikipedia waren Juden zeitweise missionierend tätig: „Weil zeitweise bis zu zehn Prozent der Bevölkerung des Römischen Reiches dem jüdischen Glauben angehörten, versuchte Kaiser Hadrian, die jüdische Mission zu verbieten.“ „Unter dem Druck des Christentums und des Islams erlosch die jüdische Mission.“

Ich hatte mal in „Besuch am Grab von Siegbert Tarrasch“ einen offenen Punkt bei mir so wiedergegeben: „Es scheint so, als ob eine Gesellschaft, in der es nicht lange zuvor eine Mehrheit an Nichtchristen und Nichtjuden und eine Minderheit an Juden gegeben hat, irgendwie recht schnell in eine Gesellschaft mit einer christlichen Mehrheit und einer jüdischen Minderheit transformiert wurde.“ Man könnte vielleicht auf Basis obiger Wikipedia-Aussagen mit dem späteren christlichen Druck gegen die jüdischen Missionierungen so schließen, daß die späteren jüdischen Bevölkerungsanteile so Pi mal Daumen auf Anteile aus früheren römischen Zeiten zurückgingen und die Christen derweil wie auch immer die Nichtchristen und Nichtjuden zu zusätzlichen Christen missionierten?

Noch ein Zitat aus meinem Tarrasch-Text: Die Vandalen eroberten 439 Karthago und konnten schon spätestens ab 455 damit beginnen ihr Augenmerk auf die Auseinandersetzung mit der konkurrierenden christlichen Glaubensrichtung in ihrem Herrschaftsbereich zu legen. Soweit ich mich an die Karlsruher Ausstellung „Das Königreich der Vandalen“ erinnere, hatten sie aber die örtlichen Juden toleriert.

D.h. während man gegen konkurrierende Christen teilweise massiv vorgeht, gibt es deutliche Bestrebungen, die jüdischen Gemeinden ungestört nebenher laufen zu lassen. Das Muster scheint sich in späteren Jahren zu wiederholen, in denen man regelrechte Kriege gegen abweichende Glaubensrichtungen wie etwa die Katharer führte, während die Juden laut „Jüdisches Leben in der Ottonenzeit“ bei den Karolingern und Ottonen unter kaiserlichem Rechtsschutz standen. Man mag da an eine durch den Verzicht auf Missionierungen unterfütterte friedliche Koexistenz denken, die die Respektierung einer Religion zuließ, der man sich verbunden fühlte.

Anderseits spielten die jüdischen Gemeinden vermutlich auch eine sehr wichtige Rolle für die damalige „Betriebsysteme“. Ich zitiere aus „Jüdisches Leben in der Ottonenzeit“: „Bei der Durchsicht der spärlichen Quellen und der Nachrichten scheint es mir so, das Fernhandel zwischen Europa und den Gebieten des Orients (inkl. Spanien), sogar bis nach Indien und China zu einer jüdischen Angelegenheit geworden war.“ Da geht es zwar um eine andere Zeit und andere Orte als bei den Vandalen, aber vielleicht gab es doch einige Gemeinsamkeiten. Und wenn man z.B. Angaben zur gründlichen Plünderung Roms unter Mitnahme von Handwerkern sieht, dann haben offenbar selbst die Vandalen neben ihrem Impuls die Gesellschaft stramm auf die eigene christliche Richtung auszurichten auch sehr auf den Erhalt eines funktionierenden „Betriebsystems“ geachtet.

Donnerstag, 14. Januar 2021

Geschichte und Geschichten mit Martin Mundorf

Passend zum angefangenen Jahr und Martin Mundorfs Themenfeld beginne ich mit einem Link auf seine Neujahrswünsche vom Römerbrunnen bei Wassenach. Es geht bei Martin Mundorf viel um Linksrheinisches zur Römerzeit irgendwo zwischen Köln und Trier.

Bisweilen landet man bei ihm aber auch direkt in Rom. Ganz interessant fand ich bei seiner Beantwortung von Zuschauerfragen die Erläuterung, wie die Christen anfänglich durch Stiftungen zu ihren Basiliken gekommen sind. Gerade wenn man so Darstellungen vom frühchristlichen Märtyrertum und Missionseifer im Hinterkopf hat, würde man an mehr Eigenleistung denken. Die gab es sicher auch. Aber die ganz großen neuen Räder müssen wohl häufig von außen installiert und angeschoben werden.

Ein paar meiner alten Blogeinträge hätte ich über die drei Bethen verbandeln können. Das betrifft im Umfeld von St. Alto Leutstetten etwa die Karlsburg, die Drei-Bethen-Quelle und „Das Grab der Seherin“. Es gibt die Aussage, daß es lokal um Leutstetten ein gehäuftes Auftreten von Sagen über das Auftreten von drei Frauen gibt und schon deshalb dort irgend etwas mehr an der Sache dran sein könnte. Ich bin nicht so sicher. Ich habe den Verdacht, Geschichten mit drei Frauen hatten mal eine Hochkonjunktur ähnlich wie die zeitweise an vielen Orten vermuteten versunkenen Städte und nur dank Aufnahme in neuzeitliche Führer und Führungsprogramme konnten die drei Bethen um Leutstetten herum gut überleben.

Wie dem auch ist, ich hatte seinerzeit im St.-Alto-Eintrag den möglichen Bezug zu den „Matronen der Kelten“ aus einem Buch von Martin Bernstein zitiert. Und Martin Mundorf erklärt in zwei Videos („von Göttern und Tempeln - Teil 13 - der Matronenkult im Rheinland - Teil 1“,„von Göttern und Tempeln - Teil 13 - der Matronenkult im Rheinland - Teil 2“), was über diesen Matronenkult im Rheinland bekannt ist.

Das Gebiet, in dem die Matronen eine nachweisbar sehr prominente Rolle spielten, deckt sich laut Martin Mundorf in etwa mit dem Gebiet der Ubier, das wären laut Wikipedia Westgermanen, keine Kelten. Ein Beweis dafür, daß es bei den bayerischen Kelten nicht ein ähnliches Gedankengut gegeben hat, ist es aber nicht. Der Matronenkult könnte ja auf gemeinsame Wurzeln der Indoeuropäer zurückgehen oder von zuvor im Ubiergebiet wohnenden oder später zugezogenen Kelten inspiriert sein. In Bayern hat vielleicht vieles einfach nicht die Zeit und die Ressourcen gefunden um sich in etwas später Nachweisbares zu materialisieren.

Martin Mundorf verweist am Ende seiner Videos auf Unterstützungsmöglichkeiten über ein Video-Liken, ein Kanal-Abonnieren oder über seine Patreon- und Paypal-Links. Ich finde das im Prinzip nicht schlecht und habe jetzt wenigstens mal bei einem Amazon-Weihnachtseinkauf nicht vergessen mich an anderer Stelle an einen Partnerlink zu erinnern. Ich befürchte aber, daß bei unseren eher kleinen Zahlengerüsten nicht soviel rüberkommen wird. Ich hoffe, daß Martin Mundorf die gute Werbung für sein Wissen und seine starke Bildschirmpräsenz durch die Videos sieht und trotz eventueller Feedback-Frustrationen mit den Videos weitermacht.