Dienstag, 31. August 2010

Agrigent, erster Teil

Für den Dichter Pindar war die griechische Kolonistenstadt Akragas, Vorläuferin des heutigen Agrigento, noch die „die schönste der sterblichen Städte“. Gesehen hat Pindar Akragas knapp 100 Jahre nach ihrer Gründung um etwa 582 v. Chr.

Freitagsmarkt Agrigent

Ausgangspunkt der Kolonisation war nicht das Mutterland, sondern das 60 km weiter im Osten an der sizilianischen Südküste gelegene Gela. Akragas wurde als Besonderheit gegenüber anderen großen sizilianischen Kolonistenstädten nicht direkt am Meer, sondern ein kleines Stück landeinwärts gegründet. Zwar in einer verhältnismäßig gut zu verteidigenden Lage, aber es wurde ein zusätzlicher Hafenort notwendig. Beim Hafen von Akragas ist bei mir nur etwas von verlandet/überbaut und keine Erwähnung einer archäologischen Sehenswürdigkeit hängen geblieben.

Beim heutigen Agrigento besteht ebenfalls so eine Aufteilung, wobei hier zwei Orte am Meer vorgelagert sind: Porto Empedocle und San Leone. Nach meinem Verständnis ist Porto Empedocle der Arbeitshafen - nach Baedecker ein Industrieort und Fährort zu den Pelagischen Inseln. Mir schien der Hafen in neuerer Zeit ausgebaut worden zu sein, und die Industrie mit größeren Brachflächen an den Kai-Anlagen hinterherzuhinken. San Leone ist eher der Vergnügungshafen mit Strandleben, da sind wir nur zu einem Espresso und nicht bis zur Strandevaluation vorgestoßen.

Freitagsmarkt Agrigent

Auf Hinterlassenschaften der sikanischen Vorgängerkultur im Hinterland von Agrigent bin ich im vorherigen Blog-Eintrag über das ca. 20 km entfernte Sant'Angelo Muxaro eingegangen. Im letzten Abschnitt dieses Blog-Eintrags hatte ich weiterführende Links zum Vorgang der griechischen Kolonisation Siziliens angegeben.

Akragas war bis zur Zeit Pindars schon zur zweitmächtigsten Stadt auf Sizilien nach Syrakus angewachsen. Durch eine zusammen mit anderen Griechenstädten gewonnene Schlacht gegen eine von Karthagern geführte Koalition bei Himera um 480 v. Chr. erfolgte ein weiterer Zuwachs an Macht, Geld und Sklaven. Die folgenden Jahre gelten als die besten von Akragas - der dort geborene Philosoph Empedokles wird mit den Worten zitiert, die Einwohner der Stadt würden bauen als ob sie ewig lebten, und speisen, als ob sie morgen sterben würden.

Freitagsmarkt Agrigento

Ein weiterer Karthager-Krieg beendete diese Hochblüte 406 v.Chr. Diese Eroberung soll zwar für die Bewohner verglichen mit der im selben Krieg ebenfalls eroberten großen Griechen-Stadt Selinunt glimpflich ausgegangen sein - je nach Quelle konnten sie alle in Richtung Syrakus vor den Angreifern aus der Stadt flüchten - die noch mehrfach notwendigen Neubesiedlungen der Stadt konnten aber nicht mehr an die alte Größe anknüpfen.

Vielfach in den folgenden Kriegen und unter den unterschiedlichen Herren ausgeplündert, blieben doch umfangreiche steinerne Hinterlassenschaften und machten Agrigent zum Anlaufpunkt vieler Sizilienreisenden. Bekannt sind diese Reisen vor allem durch die Italienische Reise 1787 von Johann Wolfgang Goethe und den Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 von Johann Gottfried Seume geworden.

Freitagsmarkt Agrigento

Bei Goethes Besuch hieß die Stadt noch Girgenti. Der Name wird auf das Kerkent oder Gergent („Ort der Riesen“) der Araber zurückgeführt, die die Stadt 827 eroberten. Die Römer nannten die Stadt Agrigentum. Umbenannt in Agrigento wurde sie erst 1927.

Den Startschuß für die Sizilien-Reisen gaben die Reisen von Johann Hermann von Riedesel 1767 und dem Schotten Patrick Brydone 1770. Die Reise von Riedesel wurde 1771 veröffentlicht, die von Brydone 1774 ins Deutsche übersetzt. Die folgenden Reisenden bauten auf deren Beschreibungen auf, so daß sich eine Standard-Tour unter Einschluß der Tempel von Agrigent herausbildete. Goethe soll sich bei seiner Reiseroute streng an Riedesel gehalten haben.

Wochenmarkt Agrigento

Riedesel ist mehr als Archäologe und Kunsthistoriker und weniger zu seinem Vergnügen gereist. Er gilt aus Ausgesandter Johann Joachim Winckelmanns, Winckelmann wiederum als Wegbereiter der klassischen Archäologie. Die Reise durch Sicilien und Großgriechenland von Johann Hermann von Riedesel ist in Form von Sendschreiben „seinem Freunde Winkelmann zugeeignet“ verfasst.

Neben der wissenschaftlichen muß die politische Dimension erwähnt werden: Griechenland war noch unter der Herrschaft des osmanischen Reichs. Erst 1821–1829 fand der griechische Befreiungskampf statt. In diesem Umfeld gab es den Philhellenismus, bei dem München und der bayerische König Ludwig I eine besondere Rolle spielten. Ludwig I hat den griechischen Befreiungskampf finanziell unterstützt, sein Sohn wurde im neu geschaffenen Staat als Otto I der erste König. Und nach der Wikipedia soll sogar die Benennung von Bayern mit y statt mit i im Griechen-Faible von Ludwig I. begründet sein.

Wochenmarkt Agrigento

Ludwig I. besuchte als Kronprinz zweimal Sizilien, einmal mit dem Maler Johann Georg von Dillis und 1823/24 mit dem Architekten Leo von Klenze. Klenze soll der Erste gewesen sein, der dabei die Tempel von Agrigent „wissenschaftlich vermessen“ hatte. Dieses Studium der griechischen Bauwerke hat in der Folge zahlreiche weitere Architekten nach Sizilien geführt. Seine Skizzen nutzte Klenze auch als Vorlagen für Gemälde, eines vom Zeustempel von Agrigent soll er 1828 Goethe geschenkt haben. Im Internet bin ich beim Suchen nach Klenze auf diese Webseite gestoßen, wo man Kopien seiner Bilder bekommen kann. Derzeit werden dort zwei Agrigenter Motive angeboten.

Die Wikipedia nennt eine lange Liste von über Bayern hinaus bekannten klassizistischen Bauwerken, die von Ludwig I. beauftragt und von Klenze entworfen wurden, darunter auch die Münchner Glyptothek. Was von den Tempeln Agrigents in diese Bauten übernommen wurde? Keine Ahnung, dazu habe ich beim Surfen nichts gefunden, vielleicht gibt es eine architekturhistorische Ecke die sich damit näher befasst. Bekannt sehen für mich Laien im Klenze-Wikipedia-Artikel die Atlanten seiner „Neuen Eremitage“ in Sankt Petersburg aus, die erinnern mich an die 7,65 m hohen Atlanten (oder Telamone, Giganten) des Agrigenter Zeus-Tempels.

Wochenmarkt Agrigent

Bei der Vasensammlung Panitteri kann hingegen zumindest der Verkäufer klar Agrigent zugeordnet werden. Sie wurde durch Klenze im Auftrag von Ludwig I. erworben und bildete den Grundstock für die Münchner Sammlung griechischer Vasen mit Weltgeltung, die in den folgenden Jahren immer weiter ausgebaut wurde.

Nach diesen vielen Themenfeldern mit Querbezügen noch dieses zum Schluß: Ludwig I. war ja auch derjenige, der die Prinzessin Therese heiratete und damit das Münchner Oktoberfest begründete und später in viel reiferem Alter eine Affäre mit Lola Montez hatte. Lola Montez soll aus der berühmten Vasensammlung zwei Vasen erhalten haben, die erst hundert Jahre für echt gehalten wurden, mittlerweile aber als Fälschung gelten. Der Leiter der Staatlichen Antikensammlung und der Glyptothek Prof. Dr. Raimund Wünsche glaubt, daß Ludwig I. der Auftraggeber dieser Fälschungen gewesen ist und Lola Montez die Fälschung nicht bekannt war. Der Link zum Artikel von Raimund Wünsche funktioniert leider nicht mehr, nach dem Link vermute ich, daß der Artikel in der Ausgabe 2002_1 von Aviso erschienen ist.

Wochenmarkt Agrigent

Die Fotos in diesem Blog-Eintrag stammen vom Wochenmarkt am Freitagmorgen in Agrigent. Die nicht essbaren Angebote fand ich wegen den vielen Ständen mit sich wiederholenden Billigartikeln nicht so toll. Die Nahrungsmittel waren ok. Salat und Obst nahmen wir mit, an die auf einigen Karren angebotenen Fische trauten wir uns nicht, aber bei einem dick mit Rosmarin ausgelegten Brathähnchen haben wir zugeschlagen. Das kannten wir nicht, war aber sehr lecker und das Hähnchen hatte auch ein paar Wochen älter werden dürfen als das durchschnittliche Münchner Brathendl. In den letzten beiden Bildern ist mein Blick auf meinen ersten Tempel von Agrigent festgehalten, im zweiten Bild ist der Tempel herangezoomt.

Mittwoch, 18. August 2010

Sant’Angelo Muxaro

Sant’Angelo Muxaro liegt im Hinterland von Agrigent, nicht weit von unserer letztjährigen Unterkunft bei Raffadali entfernt.

Die Geschichte der archäologischen Sehenswürdigkeiten von Sant’Angelo Muxaro reicht in die Jahrhunderte vor der griechischen Kolonisation zurück. Im Vergleich zu den späteren Auseinandersetzungen zwischen Griechen, Karthagern und Römern auf Sizilien muß es ebenfalls bewegt zugegangen sein - die Wikipedia nennt als ursprüngliche Bevölkerung die Sikaner, die von eingewanderten Sikelern im Osten und den Elymern im Nordwesten zurückgedrängt wurden. Während aber vieles von den geschichtlichen Ereignissen unter Beteiligung der Griechen überliefert ist, gibt es zu den vorherigen Kulturen anscheinend nur archäologische Funde und Mythisches.

Sant’Angelo Muxaro ist dafür ein gutes Beispiel. Hier wird der Hauptort der Sikanen Kamikos vermutet. Es trifft sich Mythisches mit beeindruckenden archäologischen Funden: Der Kreta entflohene Dädalos (bzw. Daidalos) soll in Kamikos für den Sikanerkönig Kokalos eine Festungsanlage errichtet haben. Der kretische König Minos sei bei Eraclea Minoa auf Sizilien gelandet und habe den Flüchtling bis zum Hofe von Kokalos verfolgt, wo er die Auslieferung Dädalos verlangte und in der Folge ermordet wurde.

Sant’Angelo Muxaro

Sant’Angelo Muxaro

Sant’Angelo Muxaro

Was gibt es vor Ort zu sehen? Für mich war schon Sant’Angelo Muxaro selbst ein Rätsel - wie konnte dieses Städtchen in Berglage in Zeiten ohne moderne Wasserversorgung und Verkehrsmittel funktionieren? Das erste Bild in der ersten Serie ist von der Straße aus Richtung Raffadali aufgenommen, da sind noch Häuser im Vordergrund dazwischen, die Straße geht erst wieder hinunter und dann in Serpentinen nach Sant’Angelo Muxaro hinauf.

An archäologischen Sehenswürdigkeiten von Sant’Angelo Muxaro nennt die Wikipedia zwei Typen von Negropolen: „einem ersten Typ aus dem 11. - 9. Jahrhundert v. Chr., dort wurden Bronzemesser und Bronzedolche und Tongefäße gefunden“ und „einem zweiten Typ aus der Zeit zwischen 9. und 5. Jahrhundert vor Christus mit großen Kuppelgräbern (bis 9 m Durchmesser), der bedeutendste Fund aus diesen Gräbern ist eine Goldschale mit einem Relief einer Prozession von Stieren im Kreis.“

Tomba del Principe

Tomba del Principe

Tomba del Principe

Tomba del Principe

Tomba del Principe

Die Goldschale und zwei Goldringe, die mich noch mehr beeindruckt haben, sind als Repliken im Archäologischen Museum von Agrigent zu besichtigen. Die Goldschale ist zur Vorlage für ein Wahrzeichen von Sant’Angelo Muxaro an der Straße unterhalb des Ortes geworden (zweites Bild, siehe auch das Bild in der Wikipedia).

Die beiden Typen von Negropolen können an dem im dritten Bild zu sehenden Abhang besichtigt werden. Zu den meisten Gräber geht über den Weg, der von der Straße Sant’Angelo Muxaro hoch abzweigt und in das Tal hineinführt. Im Fall des größten Grabes („Tomba del Principe“, „Grab des Fürsten“) muß man die Serpentinen bis zur letzten 180°-Kehre vor Sant’Angelo Muxaro hoch. Man kann die Straße im dritten Bild anhand der Lichtmasten etwas nachvollziehen. Zum Grabeingang geht es dann einen kurzen Pfad den Abhang herunter, auf dem dritten Bild ist der Eingang als schwarzes Viereck zu erkennen.

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Die zweite Bilderserie in diesem Blog-Eintrag ist von diesem „Tomba del Principe“. Die dritte und vierte Bildserie zeigt unten am abzweigenden Weg in das Tal hinaus liegende Gräber. In der dritten Bildserie weitere, kleinere Beispiele des Kuppelgrabtyps. Diese Gräber haben unterschiedliche Größen, manche der Kuppelgräber wurden später als Unterkunft oder Viehstall benutzt. Beim älteren Negropolentyp in der vierten Bildserie sind die Gräber hingegen gleichartig groß und in Reihen angebracht. Dort gibt es am Geländer bis ins Detail gehende Beschriftungen, leider nur auf Italienisch.

Der Wikipedia-Artikel zu Sant’Angelo Muxaro läßt zur Zeit des Blog-Eintrags noch eine besondere Sehenswürdigkeit aus, das ist die „Grotta di Sant Angelo Muxaro“, die sich unterhalb des Weges in das Tal hinein befindet. Im dritten Bild ist der Eingang zu erkennen, man vergleiche dazu das erste Bild in der fünften Bildserie. Wenn die Grotte schon in sikanischen Zeiten in ähnlicher Größe existierte, dann läge ja auch die Idee eines bedeutenden Kultortes nahe, der die in den Fels gehauenen Gräber nach sich gezogen hatte. Die Wikipedia-Argumentation im Kamikos-Artikel, daß aus der Nekropole auf eine bedeutende Ansiedlung geschlossen werden kann, wäre im Falle eines Kultortes nicht mehr plausibel.

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Necropoli del Colle di Sant Angelo Muxaro

Die fünfte Bildserie ist von der Höhle. An der Stelle, wo wir das dritte Bild dieser Serie aufgenommen haben, ist mir zum ersten Mal der Gedanke gekommen, daß man als Blogger zu archäologischen Themen eine Taschenlampe mit auf die Tour nehmen sollte. Das ist mir dann oben im Kuppelgrab wieder bewußt geworden - dort konnten wir nur via Kamerablitz in die zweite Kammer hineinsehen. Bei der Höhlen-Frage wurde uns aber von einem Fremdenführer geholfen, der oben auf dem Weg auf seine Gruppe wartete. Ihn haben wir so verstanden, daß man in der Höhle unter ganz Sant’Angelo Muxaro durchkommen würde.

Der Führer hat uns auf meine weitergereichte Frage von Kamikos erzählt, was wir nicht mehr verstanden haben, und uns angeboten uns mit seiner Gruppe wieder hinunter zur Höhle zu nehmen. Wir hatten einige solcher Erlebnisse und fanden die Sizilianer sehr nett. Ob der alte Mann mir allein seine Kaninchen gezeigt hätte, bin ich mir aber nicht so sicher. Ob da nicht die auf dem Weg zum Auto hinterherlaufende Blondine den Ausschlag gab? Er hat uns gefragt, woher wir kommen, dann haben wir Duisburg und etwas von der Schwierigkeit Arbeit zu finden verstanden. Vermutlich ist ein Familienmitglied in Duisburg gelandet. So Gastarbeiterschicksalen sind wir allenthalben begegnet, unser Sommerhaus hatten wir ja letztlich auch so einer Geschichte zu verdanken.

Grotta di Sant Angelo Muxaro

Grotta di Sant Angelo Muxaro

Grotta di Sant Angelo Muxaro

Wenn man nach Sant’Angelo Muxaro googelt, macht es touristisch ein ganz rührigen Eindruck. Anscheinend verfügt der kleine Ort über die Möglichkeit ganze Touristengruppen unterzubringen. Nach unserem Baedecker-Reiseführer hat der „engagierte Bürgermeister die alten Maultierpfade auf den Monte Castello als Wanderwege ausbauen lassen“, und es würden auch Höhlenexkursionen organisiert. Von unseren Standorten unten - gegenüber den Parkplätzen im zweiten Bild befindet sich eine kleine Anlage - und oben beim Tomba del Principe - konnten wir keine Hinweistafel o.ä. Informationen über die touristischen Angebote (Gastronomie, Unterkunft, Tourenangebote) finden. Mehrsprachige Hinweistafeln wären schon mal nicht schlecht, um die Angebote zu vernetzen, und die Übersetzungen der Hinweistafeln könnte man dann gleich noch in das Internet einstellen.

Idealerweise hätte ich auch gern die archäologischen italienischen Texte übersetzt im Internet. Speziell zu den archäologischen Funden von Sant’Angelo Muxaro ist mir leider kein Link mit tiefergehenden Informationen aufgefallen. Allgemein zum Vorgang der griechischen Kolonisation in Sizilien finde ich den Artikel Die Scherbensammler von Gela von Michael Zick in Bild der Wissenschaft 7/2005 sehr lesenswert. Der im Artikel angegebene weiterführende Link zur Uni Bochum funktioniert nicht mehr, probieren Sie stattdessen den zur Webseite Gela-Survey der Uni Göttingen.

Mittwoch, 11. August 2010

Sizilien, mit Familienanschluß

Ehrlich, ich habe letztes Jahr zeitnah mit den Berichten von unseren zwei Wochen Sizilien im April begonnen. Mein Fehler war, die erst alle grob fertig machen zu wollen, bevor ich anfange die in den Blog einzustellen. Dabei bin ich im ersten Drittel der Berichte hängen geblieben - so wird das offenbar nie etwas. Also fange ich jetzt einfach mit den Einträgen mal an.

Raffadali

Bei Sizilien drängt sich eine Rundreise entlang der Küste mit gelegentlichen Abstechern in das Landesinnere auf. Wir hatten uns überlegt zumindest mit einer Teilstrecke anzufangen, aber dann ein Sommerhaus bei Raffadali im Hinterland von Agrigent bekommen und die Hotelübernachtungen sein gelassen.

„Wir“ sollte ich genauer aufschlüsseln, denn allein hätte ich mich vermutlich nur als Teilnehmer einer Gruppenreise nach Sizilien getraut. Das Sommerhaus hat die Frau an meiner Seite angeboten bekommen. Und nach gefühlter Wirklichkeit kennt sie mindestens 200x mehr italienische Worte als die 20 die ich kenne, deshalb war sie in den allermeisten Fällen für die Kommunikation zuständig.

Raffadali

Chauffieren hätte ich mich auch noch lassen, aber sie hat sich gleich bei der Mietwagen-Übernahme am Flughafen von Catania zum Navigator und mich zum Fahrer ernannt. Das Autofahren wurde damit natürlich eine richtige Helden-Aufgabe! Aber im Ernst: nachdem ich nachmittags bei der Mietwagenübernahme unterschrieben hatte, nur auf ordentlichen Straßen zu fahren, habe ich nachts hinter dem führenden Bruder des Hausbesitzer her auf dem bizarren Auf-und-Ab-Feldweg zum Haus überlegt, was unten am Auto gerade alles unversichert kaputt gehen und wieviel mich das maximal kosten kann. Außer solchen nichtrivialen psychischen Belastungen ist aber die zwei Wochen nichts passiert.

Wir haben uns in unserem Haus und in Raffadali sehr schnell zuhause gefühlt und diese sizilianische Variante mit Familienanschluß wollen wir im Nachhinein nicht mehr missen. Ergänzend zum Zwischenmenschlichen kam auch hinzu, daß wir an manchen Tagen lieber in den Hängematten auf der Veranda hingen und mit dem Gaskocher unsere Pasta zubereiteten statt auf Tour zu gehen. Solche schöne Durchhänger hätten wir uns im Hotel nicht erlaubt.

Raffadali

Wer Sommerhaus-los ebenfalls zu den im folgenden beschriebenen Zielen will, mag sich aber trösten - im Hinblick auf die Fahrtszeiten hätte meistens ein Hotel in oder bei Agrigent in der Nähe der Küstenstraße jeweils eine halbe Stunde für die Hin- und Rückfahrt gespart. Bei längeren Anfahrten wäre ein Hotelwechsel interessant, wobei man aber den zusätzlichen Aufwand für das Umziehen und den eventuellen Stress das bepackte Auto allein herumstehen zu lassen einberechnen sollte.

Beim Ziele-anvisieren haben wir eine großen Sizilien-Karte, ein in Deutschland gekauftes Navigationsgerät zu seinerzeit etwa 150 Euro und einen Sizilien-Baedecker von 2007 verwendet. Der Baedecker hatte viel über Geschichte und Archäologisches drin. Manchmal waren Ziele beschrieben, die nicht (mehr) zugänglich waren. Ich fand ihn aber trotzdem ganz gut. Das Navigationsgerät hatte Lücken - wenn man wichtige Adressen anfahren will, sollte man schon vor der Reise ausprobieren ob sie dem Navigationsgerät bekannt sind. Unterm Strich war auch unser Navi sehr hilfreich. Zu bemerken ist noch, daß bei den Sehenswürdigkeiten häufig ergänzende Literatur in unterschiedlichen Sprachen angeboten wird, manchmal kann man sogar zwischen mehreren Führern auf Deutsch auswählen.

Raffadali

Jahreszeitlich gehört der April und der Mai zu den empfohlenen Reisemonaten. In der zweiten April-Hälfte letztes Jahres war es verglichen mit der angekündigten Temperatur zu kühl. Normalerweise sollte ein kurzärmliges Hemd ausreichend sein - das war selten der Fall, manchmal bin ich mit T-Shirt, kurzärmligem Hemd und Sommerjacke herumgelaufen. Für Strandurlauber wäre die Jahreszeit zu früh gewesen - wir sind am riesigen schönen Sandstrand bei Eraclea Minoa allein mit zwei Anglern gewesen.

Anderseits brachte der April mit der italienischen Kulturwoche (Settimana della Cultura) einen unerwarteten Vorteil - in den meisten Fällen war in dieser Woche der Eintritt frei. Wir sind einer nach Catania mitfliegenden Rundreisegruppe beim freien Eintritt zu den Agrigenter Tempeln wiederbegegnet - bei der ihrem dichten Programm müßte das deutlich sichtbare Auswirkungen auf den Reisepreis gehabt haben.

Raffadali


Wie soll es jetzt mit den nächsten Einträgen weitergehen? Ich werde von unseren Touren nach Sant’Angelo Muxaro, Agrigent, Eraclea Minoa, Selinunt und zur Villa Romana del Casale berichten. Teilweise werden diese Tourbeschreibungen auf mehrere Einträge verteilt, Agrigent ist dafür ein Kandidat. Auf Agrigent will ich auch diejenigen schon verweisen, die auf der Suche nach Einträgen mit Bezug zu München in meinem Blog gelandet sind - die Verbindungen zwischen München und Agrigent sind schon massiv. Nicht umsonst habe ich den Eintrag über die Münchner Glyptothek mit den Antikensammlungen im Rücken vorangestellt bevor ich mit Sizilien loslege.