Donnerstag, 15. August 2019

Epfach / Abodiacum

Das südlich von Landsberg auf der Westseite des Lechs gelegene Epfach, Teil der Gemeinde Denklingen, war zur Römerzeit ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hier traf sich die Nord-Süd-Verbindung vom römischen Augsburg in Richtung Füssen und weiter über die Alpen mit der Ost-West-Verbindung von Salzburg, Gauting, Raisting nach Kempten und Bregenz.

Epfach / Abodiacum

Gleich mit der römischen Eroberung des Alpenvorlandes soll schon 14 v.Chr. auf dem ein paar Fußminuten von Epfach entfernten Lorenzberg ein Militärposten errichtet worden sein, der 50 n.Chr. in eine Ansiedlung im Bereich des heutigen Epfachs überging. Die beste Zeit von Abodiacum beendeten die Alamannen. Nach dieser Zerstörung wurde auf dem Lorenzberg eine befestigte Siedlung gebaut, die sich noch einige Zeit halten konnte.

Angeregt durch den vor mehr als 200 Jahren bekannt gewordenen Fund der „Venus von Epfach“ gab es schon 1830 Grabungen auf dem Lorenzberg. Durch in der Befestigungsmauer verbaute Grab- und Laufbahnsteine erhielt man schon damals Kenntnis über den aus Epfach / Abodiacum stammenden Claudius Paternus Clementianus, der eine glänzende Karriere im römischen Reich machte und sich nach Abschluß seines Dienstes wieder in Abodiacum niederliess.

Museum Epfach / Abodiacum

Das beste Foto, das ich für einen ersten Geländeüberblick gefunden habe, ist im Wikipedia-Artikel über Epfach eingebunden. Der „Blick auf Epfach und den Lech“ ist von der anderen, deutlich höheren östlichen Lechseite aus aufgenommen. Der im Bild sichtbare Geländezipfel zeigt nach Osten, also der Aufnahmort befand sich nordöstlich von der Zipfelspitze. In dem Wäldchen rechts im Bildvordergrund sieht man ein Gebäude, das ist die Kapelle St. Lorenz auf dem Lorenzberg. Im Hintergrund dann Epfach und dahinter die B17 als durchgezogene gerade Linie. Die B17 dürften viele kennen, die schon mal die Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau besucht haben. Mein erstes Bild zeigt eine Aufnahme vom Epfach aus der Sicht vom Lorenzberg.

Auf dem Wikipedia-Foto ist links eine Staustufe zu sehen. Die Römerstraße von Salzburg, Gauting, Raisting sollte sich von links hinter dem Wikipedia-Fotografen her kommend entlang der Südseite der fotografieren Lech-Biegung nach unten bewegt, vor der Staustufe den Lech überquert und auf der anderen, westlichen Lechseite die Nord-Süd-Straßenverbindung getroffen haben. Diese Nord-Süd-Verbindung verlief durch das heutige Epfach, traf dann wie gesagt ohne Lech-Überquerung auf die Ost-Verbindung und blieb dann im weiteren Verlauf in Richtung Süden weiterhin westlich des Lechs. Die Westverbindung in Richtung Kempten verlief von Epfach weg zunächst erst nordwestlich und dann ein Stück weit genau westlich auf Denklingen zu.

Erlebnisroute Epfach / Abodiacum

Diese Straßenkonstellation außerhalb Epfachs kann man sich am besten via dem Bayerischen Denkmal-Atlas ansehen. Innerhalb Epfachs zeigt der Bayerischen Denkmal-Atlas aber keine Römerstraßen an. Der Verlauf der früheren Schongauer Straße soll aber derjenigen der Nord-Süd-Verbindung Via Claudia entsprechen. Die Schongauer Straße wurde mittlerweile in Via Claudia umbenannt. Ich hoffe, das verwirrt jetzt zusammen mit dem Via-Claudia-Radweg nicht zu sehr. In den Gemischten Links vom Juni bin ich ja auf den Unterschied zwischen der Römerstraße Via Claudia und dem Radweg Via Claudia eingegangen, und nun kommt in Epfach auch noch eine nach der Via Claudia benannte Straße dazu.

Epfach besitzt ein kleines eigenes Römermuseum, das Museum Abodiacum. Das Museum ist meistens frei zugänglich und befindet sich an der Via Claudia. Auf meinem ersten Foto nicht sichtbar ein Stück weit zurück von der Kante links neben der Kirche. Zu diesem Museum sehe man sich unbedingt das Video über einen Besuch von Marion Schieder von münchen.tv an, die hier fachkundig vom Museumsleiter Markus Martin über das Museum und die Epfacher Römer informiert wird.

Nymphäum Epfach / Abodiacum

Ist man selbst vor Ort, muß man sich neben dem Lorenzberg auch das Nymphäum ansehen. Auf meinem ersten Foto ist oben rechts an der Kante das Schutzdach am Claudius-Paternus-Weg zu sehen. Nymphäum und Lorenzberg kann man mit einem Abstecher zur Staustufe verbinden, dann hat man auch ein wenig ein Gefühl für damaligen Aufstieg vom Lech hoch in das römische Epfach.

Meine erste konkrete Erinnerung an Epfach verbindet sich mit diesem Claudius Paternus Clementianus. Der wurde in einem Münchner Vortrag als Beleg für die Weiterexistenz hiesiger keltischer Gemeinschaften und deren erfolgreiches Aufgehen im römischen Reich verwendet. Die Steine, die 1830 über ihn Auskunft gaben, kann man sich in der Bilddatenbank Ubi Erat Lupa ansehen. Als Fundort der Portraitbüste gilt das Heiligtum der Noreia-Isis in Hohenstein. Es gibt einen online frei zugreifbaren Text von 1904 („Claudius Paternus Clementianus, ein Nachfolger des Pontius Pilatus und ein oberbayerischer Landsmann aus Epfach“), nach dem der Vater bei der römischen Eroberung mitgekommen und die Mutter eine Keltin ist. Zwischenzeitlich wurde auch aus dem Vater ein Kelte, der sich als Soldat das römische Bürgerrecht erworben hat. So auf zwei Generationen verkürzt kann man das aber nicht sehen. Da Claudius Paternus Clementianus erst 80 Jahre nach der römischen Eroberung in Epfach geboren wurde, mußten ja schon seine Urgroßeltern mit der Eroberung zurecht gekommen sein. Seine Laufbahn und die Qualität der Venus von Epfach belegen aber, daß man eine glänzende Karriere machen konnte, wenn man in Epfach / Abodiacum mit römischem Bürgerrecht geboren wurde, und daß es damals ein Ort war, an dem man sich nach so einer glänzenden Karriere zur Ruhe setzen konnte.

Augmented Lorenzberg-Reality Epfach / Abodiacum

Bei der Gelegenheit noch der Link zur „Reise nach La Turbie“ (pdf) von Kurt Schrem mit dem Untertitel „Das Tropaeum des Augustus - sein Sieg über die Alpenvölker. Auf der Suche nach den Vindelikern.“ sowie zu den Denkmalpflege Informationen vom Juli 2011 (pdf). Letztere enthalten „Erinnerungen an die Ausgrabungen auf dem Lorenzberg bei Epfach“ zwischen 1953 und 1957 von Hans Peter Uenze. Es geht da wenig um die Ergebnisse der Ausgrabungen, sondern mehr um das Umfeld, in dem sie damals stattfanden.

Der Großteil der noch gefundenen Mauersteine aus der Grabung von 1830 soll zur Finanzierung der Grabung via Lechflößen weggebracht und verkauft worden sein. Ich habe keine Ahnung, wie weit der Lech zur Römerzeit Transportvorteile bieten konnte. Vom frühen römischen Militärposten aus wird man aber den Wasserweg am besten überwachen und blockieren gekonnt haben. Die Römerstraßen sind erst nach Errichtung des Postens gebaut worden. Wobei aber sicher wieder die Idee des Aufsetzens auf vorrömische Wege nahe liegt.

Legionär am Ortseingang von Epfach / Abodiacum

Bei der Straßenverbindung über die Alpen soll mit der Zeit die Via Raetia der Via Julia den Rang abgelaufen haben. Via Bayerischem Denkmal-Atlas kann man die eigenständige auf Augsburg zulaufende Trasse östlich des Lechs finden. Aber es gab anderseits auch Verbindungen herüber zur Via Claudia. Verlief die Via Raetia nach der Alpenüberquerung tatsächlich über diese eigenständige Trasse weiter nach Augsburg oder nutzte sie eine Querspange hinüber zur Via Claudia? Kristina geht auf die Problematik anläßlich ihres Epfachbesuchs ein und favorisiert die eigene Trasse über Raisting. Die Wikipedia setzt derzeit auf eine frühe Querverbindung vor Raisting hinüber in das Lechtal und hat Epfach auf der Via-Raetia-Ortsliste.

Für die Epfach-Vorbereitung würde ich die Lechrain-Geschichte-Website von Alfred Platschka empfehlen. Ich wußte von dem Museum und vom Lorenzberg, habe aber kurz vor der Fahrt noch einen Brunnen als Input bekommen und bin via Alfred Platschka beim Nymphäum gelandet. Man sieht auf einem von Alfred Platschka eingebundenen Foto auch, von wo das Nymphäum ein paar Schritte weiter verlegt wurde und wo sich das Badgebäude befunden hat. Google Maps findet übrigens das „Nymphäum Epfach“, die erwähnte früher neben dem Nymphäum liegende Grundschule Epfach hingegen nicht. Das Gebäude ist mittlerweile verkauft worden. D.h. diese Epfach-Seite wurde schon längere Zeit nicht mehr gewartet.

Aufstieg zum Lorenzberg Epfach / Abodiacum

Auf der Website von Karl Ludwig Wilhelm gibt es ebenfalls Informationen über Epfach. Die Website war schon vor meinem Blog-Start wegen ihrer zahlreichen Fotos ein Anlaufpunkt für Römerstraßen-Interessierte. Ich habe aber den Eindruck, daß seit meiner Vor-Blog-Zeit nichts mehr geändert wurde. Online gestellte Zeitungsartikel sind medienbedingt vernetzten Webseiten wie denen von Alfred Platschka mit vielen Fotos unterlegen. Manchmal sind sie auch noch falsch. Wie bspw. der Artikel, den man via einer Claudius-Paternus-Clementianus-Suche finden kann, darauf kommt, daß diese in Österreich gefundene Büste im Original in der Archäologischen Staatssammlung aufbewahrt wird, ist mir ein Rätsel.

Im oben verlinkten Video ist kurz eine Tafel über der Museumseingangstür zu sehen, nach der das „Museum Abodiacum“ von den Epfacher Vereinen getragen wird. Das Gebäude wird von der Gemeinde Denklingen zur Verfügung gestellt. Ich habe meine Schwierigkeiten damit, jemandem empfehlen zu wollen, was sie oder er ehrenamtlich machen soll. Epfach hat auch schon sehr viel gegeben, man siehe das Museum oder das Nymphäum oder lese die obigen Ausgrabungserinnerungen. Aber eigentlich wäre es gut, wenn die Informationen mindestens im Umfang wie sie Alfred Platschka eingestellt hat, seitens offizieller Kanäle ins Netz kämen. Da würde etwa die aktuell empfohlene Rundwegkarte dazugehören und Informationen, die man sich sowieso im Museum nicht merken kann, wie etwa die dort zu findende Zeittafel. Am besten zweistufig, mit herbeiklickbaren Hintergrundinformationen. Einfache Jahreszahlen war gestern, im Internet ist genug Platz um auch noch die Begründung für die Aussage anzugeben, wenn die jemand haben will. Ich weiß nicht, wie günstig man heutzutage eine große „Venus von Epfach“- und eine Claudius-Paternus-Büsten-Replik bekommen könnte. Diese Epfach-Ikonen Selfie-geeignet als Blickfang vor das Museum und im Hintergrund eine Website mit erschöpfenden Informationen, da wäre man doch gut aufgestellt.

Lechstaustufe 10 Epfach / Abodiacum

Abschließend muß ich noch unbezahlte Werbung für das Gasthaus zur Sonne hinter dem Museum machen. Zum einen hat das Gasthaus unwissentlich diesen Beitrag etwas gesponsert, weil wir schon vor dem Event, zu dem wir eingeladen waren, auf seinem Parkplatz geparkt haben (im Video da rechts hoch, wo Marion Schieder und Markus Martin eingangs herlaufen). Zum anderen habe ich jetzt immer wieder Visionen von einer Schweinshax'n mit Knödeln und Krautsalat und mehr als einem Bier und mich hinterher ins Auto fallen und nach Hause chauffieren zu lassen. Bei dem Event gabs wegen abends und später Kuchen eine angepasste kleine Speisekarte ohne Schweinshax'n. Ich habe „etwas Leichtes“ genommen und nur ein Bier getrunken, weil ich nachts noch selbst fahren mußte.