Samstag, 17. März 2018

Bernstorf-Vortrag von Dr. Wunderlich am nächsten Freitag in Freising

Der Archäologische Verein Freising lädt am nächsten Freitag zu einem Vortrag von Dr. Christian-Heinrich Wunderlich über „Die Funde von Bernstorf“ in die Klosterbibliothek am Landratsamt ein. Der Archäologische Verein Freising schreibt dazu auf Facebook: „Auf einigen spektakulären Funden aus der bronzezeitlichen Anlage von Bernstorf (Gde. Kranzberg, Landkreis Freising) lastet seit der Zeit ihrer Entdeckung ein gravierender Fälschungsverdacht. Anlass zu Zweifeln geben neben den Fundumständen stilistische Ungereimtheiten und neuere Erkenntnisse aus naturwissenschaftlichen Untersuchungen. Vor knapp einem Jahr haben die Echtheitsbefürworter einen Band vorgelegt, der diese Zweifel ausräumen sollte. Jene Schrift hat aber nicht zur erhofften Beilegung des Fälschungsverdachts geführt; vielmehr hat sich in der Fachliteratur zum Teil heftiger Widerstand gegen die Annahme der Echtheit der Funde gebildet. Dr. Christian Heinrich Wunderlich (LDA Sachsen-Anhalt) gehört mit Prof. Dr. Pernicka zu den profiliertesten Vertretern der Fälschungsthese. In mehreren vor allem naturwissenschaftlich ausgerichteten Publikationen hat er seine Überzeugung von der Fälschung der Funde untermauert.“

Die Feststellung eines „zum Teil heftigen Widerstands gegen die Annahme der Echtheit der Funde“ halte ich für eine Untertreibung. Man sehe sich mal den Artikel „Zur Herstellungstechnik der Goldfunde von Bernstorf “ von Christian-Heinrich Wunderlich und Karoline Peisker an. Die Abbildung 9 ist nett: „Das Ergebnis von etwa zwei Stunden Arbeit: mithilfe einfacher Haushaltsgegenstände aus Bastelfolie hergestellte Kopie des Strahlendiadems aus Bernstorf.“. Ich zitiere die Zusammenfassung des Artikels: „Gegenstand der Untersuchungen ist die Herstellungstechnik der angeblich bronzezeitlichen Goldfunde von Bernstorf. Es gelang, die Herstellungstechnik weitestgehend zu rekonstruieren und in praktischen Modellversuchen nachzuvollziehen. An den Bernstorfer »Funden« wurden weder historische – gar bronzezeitliche – noch moderne, professionell übliche Goldschmiedetechniken festgestellt. Alles deutet darauf hin, dass die Objekte in jüngerer Zeit von einem kunsthandwerklichen Laien aus industriell vorgefertigten Feingoldblechen geschnitten, gedrückt und gefalzt wurden. Als Werkzeug genügen alltägliche Haushaltsgegenstände. Die Technik ist für jedermann in Minuten erlernbar.“

Dr. Wunderlich widmete sich auch den Bernstorfer Bernsteinfunden, seine Ergebnisse lassen sich in seinen „Studien zur Verwitterung und Fluoreszenz von Succinit ('Baltischer Bernstein')“ nachlesen. Ich zitiere wieder die Zusammenfassung: „Der Verwitterungsprozess von fossilem und archäologischem Bernstein erfolgt unter Einfluss von Wasser. Bei der Verwitterung werden u. a. Esterbindungen verseift. Außerdem verlassen kleinmolekulare, wasserlösliche Verbindungen die Bernsteinmatrix; ein Teil von ihnen fluoresziert. Unverwitterter Bernstein zeigt cyanblaue Fluoreszenz in nahem UV-Licht, die Verwitterungsschichten fluoreszieren nicht. Mithilfe von UV-Untersuchungen können daher an archäologischem Bernstein moderne und historische Beschädigungen identifiziert und voneinander abgegrenzt werden. Es ist auf diese Weise ebenfalls möglich, archäologische Bernsteinfunde eindeutig von modernen Fälschungen zu unterscheiden, wie sie z. B. bei den Bernstorfer »bronzezeitlichen« Funden vorliegen.“

Christian-Heinrich Wunderlich verweist in seinem Bernstein-Artikel auf den Artikel von Kate Verkooijen ( „Report and Catalogue of the Amber found at Bernstorf, near Kranzberg, Freising district, Bavaria, Germany“). Außerdem ist bei allen drei von mir verlinkten Artikeln aus der „Jahreschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte Band 96, 2017“ das hinsichtlich Bernstorf lesenswerte Vorwort von Prof. Harald Meller enthalten. Ich will jetzt aber nicht versuchen nachzuvollziehen, was es zwischenzeitlich an Neuem zum Thema Bernstorf gab. Ich hatte dazu hier schon mehrfach einen Thread des Sucherforums empfohlen. Wer sich interessiert möge sich dort durcharbeiten. Und den aktuellsten Stand der Diskussion kann man dann am nächsten Freitag im Freisinger Vortrag von Dr. Wunderlich mitbekommen.

Sonntag, 11. März 2018

DGUF-Tagung 2018 in der Archäologischen Staatssammlung München, Burgmuseum Grünwald

Die Website der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) habe ich hier im Blog schon ein paarmal verlinkt, auf ihre aktuellen Veranstaltungen glaube ich aber noch nie hingewiesen. Das übliche DGUF-Publikum wird sicher auch durch andere Quellen über Veranstaltungen wie die diesjährige Jahrestagung unter dem Titel „Sharing Heritage - Die Teilhabe am kulturellen Erbe als Bürger- und Menschenrecht“ vom 10. bis 13. Mai 2018 in Grünwald informiert.

Burg Grünwald, Eingang Burg Grünwald, Ostseite Burg Grünwald, Westseite

Wegen meinem Blog-Standort München und dem diesjährigen Thema wollte ich jetzt trotzdem hier die Veranstaltung erwähnen. Für einen guten Teil meiner Leser wird vermutlich der Tagungsort gut erreichbar sein. Und das Thema mag auch Personen ansprechen, die bislang keinen Kontakt zur DGUF hatten. Zudem sei darauf hingewiesen, daß auf der oben verlinkten Tagungswebsite noch für den 11. und 12. Mai studentische Helfer aus dem Raum München gesucht werden - die dürften sowieso problemlos ihren Platz bei der DGUF-Jahrestagung finden.

Freitag, 2. März 2018

Das frühmittelalterliche Gräberfeld von München-Giesing

In München-Giesing entdeckte man 1914 beim Bau der Icho-Schule ein frühmittelalterliches Gräberfeld. Das wurde von dem seinerzeitigen Assistenten in der Münchner Staatssammlung und späteren Marburger Professor Gero von Merhart ausgegraben. Wesentliche Objekte wurden 1927 in einer Sonderausstellung präsentiert. Eine Gesamtvorlage des Fundmaterials stand bis zur Dissertation von Dr. Helga Furtmayr 1995 aus. Zu dieser Gesamtvorlage gab es aber keine „Drucklegung“. Mittlerweile soll das Gräberfeld aber wieder im Zuge des Forschungsprojekts „Archäologie München“ in den Brennpunkt des öffentlichen und wissenschaftlichen Interesses gerückt sein. Dr. Helga Furtmayr wollte aufgrund der verstrichenen Zeit ihre damalige Dissertation nicht aktualisieren, sondern nur eine kurze Zusammenfassung ihrer Ergebnisse frei geben. Diese Zusammenfassung ist nun als erster Band der neuen „Abhandlungen und Bestandskataloge der Archäologischen Staatssammlung München digital“ ausschließlich online zum kostenlosen Download erschienen. Titel mit unterlegtem Download-Link: „München-Giesing. Ein frühmittelalterliches Gräberfeld vor der Stadt“ (pdf).

Meine obigen Angaben beruhen auf der Rezension von Dr. Brigitte Haas-Gebhard (pdf). Man möge sich sich diese Rezension mal durchlesen. Nebst der Möglichkeit zu kontrollieren, ob ich alles richtig übernommen habe, wird man auch darüber informiert, daß hinter dem Projekt „Archäologie München“ etwas Größeres steckt (ich hatte das Projekt ja mal beim Hinweis auf eine „Bibliographie zur Archäologie von München“ erwähnt). Außerdem teilt Dr. Brigitte Haas-Gebhard mit, wie sie über Online-Publikationen denkt, was dann wohl auch in einem gewissen Umfang den Hintergrund in der Archäologischen Staatssammlung für das Auflegen dieser Reihe wiedergibt.

Die Lage des Giesinger Gräberfeld zeigt der Bayerische Denkmal-Atlas via der Denkmalnummer „D-1-7835-0129“ („Reihengräberfeld des frühen Mittelalters“) an. Ich habe in „Bayerischer Denkmal-Atlas versus Vici.org“ mal länger rumgeeiert, daß Informationen im Denkmal-Atlas auch verschwinden können. Beispiel war die Fläche des neuen Grünwalder Gymnasiums, die nach der dortigen Ausgrabung nicht mehr rot markiert wurde. Im Falle des Giesinger Gräberfeldes wurde zwar auch ausgegraben, die Rotfläche ist aber noch über den Gebäuden vorhanden. Besonders die Münchner unter den Lesern mögen sich die Stelle gerne einmal ansehen. An dieser verkehrsreichen Ecke sind schon sehr viele durchgekommen.

Im oben erwähnten „Bayerischer Denkmal-Atlas versus Vici.org“ hatte ich drin, daß Vici.org schon auf seiner eigenen Website mehr Informationen zum aufgenommenen Denkmal als der Bayerische Denkmal-Atlas enthält und zusätzlich noch auf Quellen von außerhalb verlinkt. Das Beispiel Grünwalder Gymnasium hatte ich wegen der im Bayerischen Denkmal-Atlas verschwundenen Markierung und mithin verschwundenen Information erwähnt und bei der Gelegenheit auch darüber geschrieben, daß die Firma SingulArch ein pdf über das Projekt „Grünwald - Neubau Gymnasium“ in den SingulArch-Referenzen eingestellt hat. D.h. idealerweise geht die Betrachtung heutzutage über das Online-Stellen von Publikationen hinaus. Geo-Informationen über geschichtlich relevante Flächen sollten allgemein verfügbar bleiben. Dazu auf vorhandene Dokumentationen der Grabungsfirmen und darauf aufbauende Literatur verwiesen werden. Zudem ist auch der Verbleib der „wesentlichen Objekte“ interessant, die man ausgegraben hat. Sind sie verloren gegangen, werden gerade welche ausgestellt, liegt von ihnen neben Fotos sogar schon ein 3D-Scan vor?