Der Archäologische Verein Freising lädt am nächsten Freitag zu einem Vortrag von Dr. Christian-Heinrich Wunderlich über „Die Funde von Bernstorf“ in die Klosterbibliothek am Landratsamt ein. Der Archäologische Verein Freising schreibt dazu auf Facebook: „Auf einigen spektakulären Funden aus der bronzezeitlichen Anlage von Bernstorf (Gde. Kranzberg, Landkreis Freising) lastet seit der Zeit ihrer Entdeckung ein gravierender Fälschungsverdacht. Anlass zu Zweifeln geben neben den Fundumständen stilistische Ungereimtheiten und neuere Erkenntnisse aus naturwissenschaftlichen Untersuchungen. Vor knapp einem Jahr haben die Echtheitsbefürworter einen Band vorgelegt, der diese Zweifel ausräumen sollte. Jene Schrift hat aber nicht zur erhofften Beilegung des Fälschungsverdachts geführt; vielmehr hat sich in der Fachliteratur zum Teil heftiger Widerstand gegen die Annahme der Echtheit der Funde gebildet. Dr. Christian Heinrich Wunderlich (LDA Sachsen-Anhalt) gehört mit Prof. Dr. Pernicka zu den profiliertesten Vertretern der Fälschungsthese. In mehreren vor allem naturwissenschaftlich ausgerichteten Publikationen hat er seine Überzeugung von der Fälschung der Funde untermauert.“
Die Feststellung eines „zum Teil heftigen Widerstands gegen die Annahme der Echtheit der Funde“ halte ich für eine Untertreibung. Man sehe sich mal den Artikel „Zur Herstellungstechnik der Goldfunde von Bernstorf “ von Christian-Heinrich Wunderlich und Karoline Peisker an. Die Abbildung 9 ist nett: „Das Ergebnis von etwa zwei Stunden Arbeit: mithilfe einfacher Haushaltsgegenstände aus Bastelfolie hergestellte Kopie des Strahlendiadems aus Bernstorf.“. Ich zitiere die Zusammenfassung des Artikels: „Gegenstand der Untersuchungen ist die Herstellungstechnik der angeblich bronzezeitlichen Goldfunde von Bernstorf. Es gelang, die Herstellungstechnik weitestgehend zu rekonstruieren und in praktischen Modellversuchen nachzuvollziehen. An den Bernstorfer »Funden« wurden weder historische – gar bronzezeitliche – noch moderne, professionell übliche Goldschmiedetechniken festgestellt. Alles deutet darauf hin, dass die Objekte in jüngerer Zeit von einem kunsthandwerklichen Laien aus industriell vorgefertigten Feingoldblechen geschnitten, gedrückt und gefalzt wurden. Als Werkzeug genügen alltägliche Haushaltsgegenstände. Die Technik ist für jedermann in Minuten erlernbar.“
Dr. Wunderlich widmete sich auch den Bernstorfer Bernsteinfunden, seine Ergebnisse lassen sich in seinen „Studien zur Verwitterung und Fluoreszenz von Succinit ('Baltischer Bernstein')“ nachlesen. Ich zitiere wieder die Zusammenfassung: „Der Verwitterungsprozess von fossilem und archäologischem Bernstein erfolgt unter Einfluss von Wasser. Bei der Verwitterung werden u. a. Esterbindungen verseift. Außerdem verlassen kleinmolekulare, wasserlösliche Verbindungen die Bernsteinmatrix; ein Teil von ihnen fluoresziert. Unverwitterter Bernstein zeigt cyanblaue Fluoreszenz in nahem UV-Licht, die Verwitterungsschichten fluoreszieren nicht. Mithilfe von UV-Untersuchungen können daher an archäologischem Bernstein moderne und historische Beschädigungen identifiziert und voneinander abgegrenzt werden. Es ist auf diese Weise ebenfalls möglich, archäologische Bernsteinfunde eindeutig von modernen Fälschungen zu unterscheiden, wie sie z. B. bei den Bernstorfer »bronzezeitlichen« Funden vorliegen.“
Christian-Heinrich Wunderlich verweist in seinem Bernstein-Artikel auf den Artikel von Kate Verkooijen ( „Report and Catalogue of the Amber found at Bernstorf, near Kranzberg, Freising district, Bavaria, Germany“). Außerdem ist bei allen drei von mir verlinkten Artikeln aus der „Jahreschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte Band 96, 2017“ das hinsichtlich Bernstorf lesenswerte Vorwort von Prof. Harald Meller enthalten. Ich will jetzt aber nicht versuchen nachzuvollziehen, was es zwischenzeitlich an Neuem zum Thema Bernstorf gab. Ich hatte dazu hier schon mehrfach einen Thread des Sucherforums empfohlen. Wer sich interessiert möge sich dort durcharbeiten. Und den aktuellsten Stand der Diskussion kann man dann am nächsten Freitag im Freisinger Vortrag von Dr. Wunderlich mitbekommen.
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