Samstag, 31. Januar 2015

Stonehenge-MOOC hat begonnen

Vor eineinhalb Wochen hat bei Iversity der Stonehenge-MOOC begonnen. Man kann noch kostenlos einsteigen und schnell zum Hauptfeld aufschließen. Der Aufwand ist verglichen mit anderen MOOCs niedrig: „Approximately two hours per week for watching video lectures, completing quizzes and homework assignments.“ Mittels weiterführenden Links und Literaturhinweisen lässt sich der Aufwand natürlich noch beliebig ausdehnen.

Und am nächsten Montag startet eine Neuauflage von Roman Architecture. Ich hatte den MOOC vor einem Jahr schon beworben. Wer großes Interesse an den Bauten der alten Römer hat, sollte diesen MOOC in's Auge fassen. Es werden Kenntnisse über Bauten, Bautechniken, Baustile vermittelt, an die man über Fernsehdokus oder Reiseführer kaum kommt.

Für MOOCs werben mache ich gerne, sie passen einfach zu den heutigen Möglichkeiten. Vor 30 Jahren war für viele Studiengänge so etwas wie ein Statistik-Schein notwendig. Der Nachweis entsprechender Kenntnisse erfolgte durch eine Prüfung. Bis dahin war alles ziemlich Software-frei, ich weiß nicht mehr ob Taschenrechner in der Prüfung erlaubt waren. Heute gibt es kostenlose Statistik-Pakete zum Herunterladen, mit denen man neben der Auswertung auch schöne Grafiken machen kann. Wem sein Rechner zuhause nicht reicht, der kann schnell zusätzliche Kapazitäten in der Cloud anmieten. Ich habe mal zur kostenlosen Software R herumgesurft und ein online gestelltes internes Angebot einer Münchner Universität gesehen: andere Studenten dürften in die Einführung gegebenenfalls auch rein, wenn sie von Leuten des vorgesehenen Studiengangs nicht voll belegt wäre. Das klang nach einer begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen, oder kriegen sie nur nen kleinen Raum für den Kurs? Via MOOCs kann man alles in beliebiger Teilnehmerzahl online lernen. Es gibt die Auswahl zwischen unterschiedlichen Kursen, in denen einem R mal mit mehr oder weniger Einführung in die Statistik nahegebracht wird. Und wer größeres vor hat, kann unter mehreren Einführungen in die Cloud auswählen.

Man sollte nicht allein diese medienbedingten Vorteile sehen: einmal die Videos aufnehmen, einmal pdfs dazu erstellen, und das beliebig oft abrufen lassen. Sondern auch Möglichkeiten wie etwa die Foren beachten. Manche kommen durch die MOOCs, ohne einmal in die Foren gesehen zu haben. Aber sind deshalb Foren nicht notwendig? Funktionieren MOOCs auch ohne so etwas wie Foren? Ich bin zuletzt in „Mal wieder was zu den MOOCs“ auf die Foren eingegangen. Teilnehmerfragen werden von hilfreichen anderen Teilnehmern beantwortet. Manche erstellen gleich kleine Tutorials und werden von den Kursleitern besonders hervorgehoben. Man kann diese Freiwilligen-Komponente kaum überschätzen. Coursera hat beispielsweise eine Global Translator Community, die auf dieser Hilfswilligkeit aufbaut. Woanders wird gefragt, wo die Ehrenamtlichen hin sind. Wir kriegen keine jungen Leute! Kostenlose oder hochsubventionierte Apps mit unterirdischen Downloadzahlen. Hängt vielleicht alles zusammen.

Wie in meinem erwähnten letzten MOOC-Eintrag angesprochen, bieten mehrere MOOC-Anbieter neben der kostenlosen auch eine gebührenpflichtige Teilnahme, für die es dann im Gegenzug ein verifiziertes Zertifikat gibt. Es gibt da Variationen, Udacity geht etwa sowohl beim Preis als auch bei den Leistungen deutlich über die verifizierten Zertifikate der anderen hinaus. Aber Coursera scheint nun besonders auf die Karte „Verified Certificate“ setzen zu wollen. Es ist zum einen gelungen dieses Zertifikat weiter aufzuwerten (President Obama supports free, two-year Coursera Verified Certificates to teachers for district professional development, Coursera LinkedIn Integration), anderseits verschwindet das früher in der Kostenlos-Version oft mögliche Statement of Accomplishment (Withdrawal of statements of accomplishment on recent courses). Zudem werden manche bislang achtwöchige Kurse in zwei Kurse gesplittet, so daß die Gebühr zweimal anfällt. Roman Architecture ist da zum Glück für die „Verified Certificate“-Interessierten noch nicht betroffen, da gibt es den zwölfwöchigen Kurs ungesplittet.

Ich will zum Schluß noch einmal auf die kostenlos arbeitende Community, Ehrenamtliche, Sponsoren zurückkommen. Das hat es ja immer schon gegeben und in der Archäologie wäre sehr vieles ohne diese Arbeit nicht gegangen. Es gibt modernere Einbindungs-/Organisationsformen, die man mal studieren könnte. Linux (ich verlinke auf einen edx-MOOC) ist ein Beispiel, bei dem die Software mit unzähligen Beiträgen unzähliger Beitragender erstellt wurde und sehr erfolgreich auf unzähligen Rechnern läuft. Im Bereich Archäologie wäre auch noch viel zu tun, siehe die bei Archaeologik eingestellten „Facharchäologischen Argumente gegen die Metallsuche durch Laien - Anspruch und Realität“ von Raimund Karl.

Der Stonehenge-MOOC gefällt mir auch hinsichtlich dieser Einbindung sehr gut: im ersten Kapitel ist schon im Video „University of Buckingham's Stonehenge Excavation“ ein „Team Volunteer“ mit einem gefunden Stein-Artifakt sehen. Und für das 8. Kapitel „Responses to Stonehenge“ ist angekündigt: „Examination of students' responses through their essays. Integration of blog, Wiki, Twitter and eBook as a way of continuing the discussion after the course.“

Donnerstag, 15. Januar 2015

Fiktionales

Den Schriftsteller und Dozenten für Kreatives Schreiben Arwed Vogel hatte ich hier im Blog schon einmal in „Keltenschanze Buchendorf“ zitiert. Die Vorlage stammte aus einem Vortrag im Münchner Gasteig. Kennen gelernt habe ich Arwed Vogel im März 2005 bei einem sehr schönen Wochenendseminar zum Thema „Mit Sprache experimentieren“ im Kriechbaumhof. Das war das Jahr, als der Schnee in München bis in den März liegen blieb.

Träger beider Veranstaltungen war die Münchner Volkshochschule. Damals hatte ich an einigen Veranstaltungen der MVHS teilgenommen, ich hatte schon bei diversen Gelegenheiten Radtouren und Vorträge erwähnt. Schreiberfahrung hatte ich schon. Der „technische Hintergrund“ passt vielleicht zur Charakterisierung ganz gut, wenn es auch manchmal nicht um Technik ging. Aber Fiktionales hatte nie eine Rolle gespielt. Eigentlich nur in Übungen, wie früher in der Schule oder dann bei dem Seminar im Kriechbaumhof. Ich hatte erwartet und vielleicht auch befürchtet eine Gruppe Sprachverliebter und Sprachgewaltiger vorzufinden. Es war eher alles normal. Vielleicht in Abgrenzung zu meinem „technischen Hintergrund“, daß die anderen im Durchschnitt mehr in sich trugen was heraus sollte? Ich weiß es nicht, habe dem nicht weiter nachgehen können. Ich fand das Wochenende zwar wie gesagt sehr schön, habe mich dann aber beim Enthusiasmus mit der Überlegung ausgebremst, daß ich erst mal die Sachen zuhause üben muß, bevor ich neue Seminare buche. Da konnte ich mir dann nur noch den Vortrag von Arwed Vogel im Gasteig genehmigen. Sollte es hier im Blog mal ganz arg nach Sprachexperimenten aussehen, dann ist es mit dem Üben doch noch etwas geworden und der nächste Seminartermin bei Arwed ist in Reichweite.

Seine Termine schickt er mir seit Jahren über seinen Mailverteiler zu. Eine nun mehr als drei Monate alte Mail habe ich mir aufgehoben, die enthielt zusätzlich den Hinweis auf sein Buch „Der Roman. Planen - Schreiben - Veröffentlichen“. Interessiert hätte mich das Buch schon. Habe ich die Zeit für eine Besprechung und soll ich wegen einem Rezensionsexemplar fragen? Die Entdeckung von Kahnert liest..... „Der Roman” hat dem ein Ende bereitet. Simon Kahnert schreibt selbst Fiktionales und ist besser für diese Besprechung geeignet. Ich will nur noch auf die riesige Erfahrung von Arwed Vogel hinweisen. Also wenn jemand etwas mit sich rumträgt und so ein Seminar bei Arwed Vogel im Bereich des Möglichen liegt, sollte er oder sie vielleicht auch so ein Seminar ins Auge fassen und nebenbei die Gelegenheit suchen um ein paar Minuten über sein Projekt zu reden.

Vor ewig habe ich mal Fellinis Satyricon im Kino gesehen und etwa in dem Zeitraum auch einen englischen Text gelesen, nach dem Fellini das Lebensgefühl des vorchristlichen Roms rüber bringen wollte. Was immer er genau gesagt hatte, das mit dem anderen Lebensgefühl habe ich damals schon so empfunden. Viel später kam der Film mal im Fernsehen und ich fand ihn, warum auch immer, nicht mehr so eindrücklich. Aber auf der Suche nach dem anderen Lebensgefühl würde ich Fellinis Film immer noch eine besondere Relevanz zuordnen. Den in The Eagle of the Ninth erwähnten Filmen „Centurion“ oder den „Der Adler der neunten Legion“ dagegen kaum eine.

Der Aufwand, ganz andere Welten entstehen zu lassen, ist bisweilen gar nicht so hoch. Bertold Brecht konnte das in „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“ mit wenigen Worten. Ein alter Sklave hat kurz vor dem Abtransport erfahren, daß er verkauft werden soll, und schaut noch einmal über die Felder. Unklar, ob welche von den jungen Sklaven, die er da sieht, seine Kinder sind. Ich weiß nicht, wie genau Brecht da die wirkliche Sklavenwirklichkeit getroffen hat. Zu einem Ausstellungsstück in Pompeji-Ausstellung in der Münchner Kunsthalle hätte es gepasst. Da soll der zum Bronzekopf gehörige Namen darauf hingedeutet haben, daß es sich um einen Freigelassenen gehandelt hat, der den Namen seines früheren Herrn angenommen hat.

Im oben erwähnten Keltenschanzen-Eintrag hatte ich eine Aussage von Arwed Vogel auf andere Ausdrucksmittel ausgedehnt. Es ging um Romane und um die Frage, ob überhaupt noch welche geschrieben werden sollten, wenn es doch schon so viele davon gibt. Arwed Vogel meinte auf jeden Fall, denn die Sprache verändert sich und muß immer wieder neu erprobt werden. Ich habe den Sprachbegriff weiter ausgelegt und die Fotografie miteinbezogen. Fellinis Satyricon wäre ein Beispiel für das Ausdrucksmittel Film. Im letzten Eintrag über den Kornkreis bei der Erdfunkstelle Raisting ging es um die Zeitrafferfilme von Denis Ahrens. Wir werden in Zukunft vermutlich mit Drohnen-Videos überschwemmt und das wird unsere Sehgewohnheiten ändern. Die Schwarzweißillustrationen in alten Lederstrumpf-Büchern werden ersetzt durch zoom- und drehbaren Rekonstruktionen. Kommt der Roman der Zukunft als Mashup daher? Und vielleicht ganz interaktiv - man klappert die einzelnen Orte ab, kriegt etwas Hörtext ins Ohr und sieht via Augmented Reality alte Gebäudeteile und Spielszenen in der Datenbrille. Da wäre dann gleich noch ein Foto zu machen und in den Social Media online zu stellen. Und für das Testimonial gibt es beim nächsten Lebensmittelhändler einen 1-Euro-Einkaufsgutschein und die Fotos werden verwendet, um die Augmented Reality noch ein bisschen realitätsnäher zu rechnen (bevorzugte Blickwinkel, Jahreszeiten).