Sonntag, 18. Oktober 2009

Euro-Arabischer Abend mit Dr. Frank Stefan Becker

Letzten Mittwoch, 14.10.2009, präsentierte Frank Stefan Becker sein neues Buch „Sie kamen bis Konstantinopel“ beim Euro-Arabischen Freundschaftskreis e.V. (EAF) im Münchner „Zunfthaus“.

Auf den Termin hatte ich im vorletzten Eintrag hingewiesen. Der Zeitplan sah ab 19 Uhr das Treffen und um 20 Uhr den Vortrag vor; um halb acht war ich einer der spätesten Ankömmlinge im gut besetzten Saal. Der gesellige Teil findet bei den Euro-Arabischen Freunden mehr vor dem Vortrag statt, danach sind die meisten aufgebrochen. Eigentlich nicht schlecht, um die Termine gut in seinen Zeitrythmus einpassen zu können.

Buchvorstellung 'Sie kamen bis Konstantinopel' von Dr. Frank Stefan Becker beim Euro-Arabischen Freundschaftskreis am 14.10.2009 im Münchner Zunfthaus

Zu Beginn der Buchvorstellung las uns der Autor eine Schlüsselszene des Romans vor, die Ermordung des Kalifen Uthman. Zugleich ein Schlüsselereignis für den Islam, da die Nachfolgestreitigkeiten letztlich zur Spaltung in Sunniten, Schia und Charidschiten und zur Kalifen-Dynastie der Omayaden in Damaskus führten. Frank Stefan Becker skizzierte kurz diese geschichtlichen Hintergründe, in die er sein Buch bis zum arabischen Angriff auf das oströmische Konstantinopel 674 n.Chr. eingebettet hat. Die Entwicklung Europas wäre anders verlaufen, hätte nicht das Bollwerk Konstantinopel den Angriff abgewehrt und damit die Hauptmacht der arabischen Expansion von dem schwachen Europa abgehalten. (Siehe auch der Beitrag von Frank S. Becker hier).

In der Folge bekamen wir Reisefotografien von Omayadenbauten zu sehen. Die Omayaden-Dynastie markiert einen Zeitabschnitt in dieser Umbruchs- und Übergangszeit. Griechisch war zunächst noch Verwaltungssprache und die Münzen orientierten sich an byzantinischen Vorlagen. Das Interesse, die islamische Herrschaft durch neue repräsentative Bauten mit einer eigenen Formensprache auszudrücken, war zunächst gering. In den neuen Bauten wurde so nur langsam ein eigener arabischer Stil sichtbar. Also im spätantiken Stadtbild des eroberten oströmischen Gebiets noch keine baulichen Gegenakzente, nicht einmal durch Moscheen. Frank Stefan Becker nannte Beispiele, wo weiterhin prächtige christliche Kirchen ohne repräsentatives moslemisches Gegenstück weiter existierten, und die christliche Gemeinde einem Verkauf der Kirche an die Moslems widersprach. Dieser Zustand wurde erst durch eine spätere Islamisierungswelle und Kirchenenteignungen beendet.

Buchvorstellung 'Sie kamen bis Konstantinopel' von Dr. Frank Stefan Becker beim Euro-Arabischen Freundschaftskreis am 14.10.2009 im Münchner Zunfthaus

Die Bauten der Omayaden entstanden in diesem Umfeld demnach in antiker Tradition. Für mich das nachhaltigste Beispiel die Bilder der Ruinenstadt Anjar im heutigen Libanon. Eine antik geplante Stadt 740 n.Chr. gebaut, in der nach Frank Stefan Becker nur der Kalifenpalast und die Moschee vom üblichen Schema abweichen.

Frank Stefan Becker las dann noch eine Fluchtszene aus seinem Buch vor, in der einer seiner Helden in einer nabatäischen Ruinenstadt zunächst in einer in den Felsen gehauenen Nische und dann hinter einem Felsspalt ein Versteck sucht. Mit einem auf die Leinwand projezierten Reisebild im Hintergrund, das die Nische und den daneben liegenden Felsspalt zeigte. Ein starkes Beispiel für seine Arbeitsweise, er hat die meisten der im Buch beschriebenen Orte selbst besucht und versucht möglichst auf einem Gerüst gut recherchierter Fakten seine fiktiven Handlungen zu entwickeln. Folgerichtig erhält der Geschichtsinteressierte im Nachwort seines Buchs kapitelweise kurze Informationen zu den zugrundeliegenden historischen Fakten und den Quellen.

Buchvorstellung 'Sie kamen bis Konstantinopel' von Dr. Frank Stefan Becker beim Euro-Arabischen Freundschaftskreis am 14.10.2009 im Münchner Zunfthaus

Noch eine Bemerkung zu Frank Stefan Becker und seinem gastgebenden Euro-Arabischen Freundschaftskreis: im ersten historischen Roman des Autors „Der Abend des Adlers“ führte eine lange Reise zunächst vom römischen Gebiet in das kurz zuvor durch den Limesfall verlorene sogenannte Dekumatland, um dann wieder bei Augst auf römisches Gebiet zu stoßen. Daß diese Orte und die Ereignisse in dieser Zeit eine literarische Verarbeitung erfahren haben, fand ich sehr gut. Für mein Reisetemperament hätte der Held aber dort ruhig länger verweilen können und nicht so schnell weiter müssen, im selben Buch ging es aber sogar noch weiter bis nach Persien.

Der Autor hat zwar oft auf seine Reiselust hingewiesen, meine Erkenntnis, auf ganz andere Sphären gestoßen zu sein, kam aber erst am letzten Mittwoch: zunächst erzählte mir am Tisch mein Gegenüber, er habe in den 60er Jahren in Saudi-Arabien gearbeitet. Dann dessen kurzer Wortwechsel mit Frank Stefan Becker über einen Bahnhof der Hedschasbahn, den jeder von den beiden mal besucht hatte. Später eine Bemerkung des Autors in seinem Vortrag „... wer von Ihnen in Palmyra war ...“, darauf im Halbdunkel direkt vor ihm gleich zwei „Ja“ „Ja“ — im „normalen“ Umfeld wissen die meisten nicht einmal, was Palmyra ist!

Insofern ein Tipp für Interessierte an Arabien, am Nahen Osten oder Reiselustige generell: der Euro-Arabische Freundschaftskreis könnte für Sie eine bislang unentdeckte Perle in der Vereinslandschaft sein!

Vielen Dank für die Gestaltung des schönen Abends an Herrn Dr. Becker und an den Euro-Arabischen Freundschaftskreis für die gastfreundliche Aufnahme!

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