Die in „Venus von Milo in S, M und L“ erwähnte Karlsruher Walhalla mußte zum Jahreswechsel schließen. Wir sind jahrelang in Abständen von wenigen Monaten rein, waren ein paar Tage vor der Schließung wieder dort und wurden von der Wirtin informiert. Der Wirt hat dann noch eine Viertelstunde mit uns geredet und uns per Handschlag verabschiedet. Wir fühlen uns entsprechend verwaist. Hinsichtlich dem Blog hat seinerzeit die Kombination aus Restaurantname, griechischem Restaurant und der Venus von Milo in der Theopedia gut gepasst. Geschichtlich interessanter ist aber der zum Restaurant gehörende Saal, der über die Jahrzehnte unzählige Veranstaltungen erlebt hat. U.a. diente der Saal als Ersatz für eine ausgebomte Kirche, als Kino und für viele politische, Ausbildungs- und Vergnügungsveranstaltungen. Das alles blieb unter den letzten Pächtern bis zur Schließung sehr vital. Noch Ende Oktober 2018 gab es ein Publikumsgespräch mit Anton Hofreiter im Walhalla-Saal, der von der Walhalla-Küche bekocht wurde und im Restaurant gegessen hat. Suche ich nach, scheint weiter unklar zu sein, wie es mit dem hinteren Walhalla-Teil mit dem Saal weitergeht, während straßenseitig wohl Teile geschützt sind. Würde tatsächlich der Saal verloren gehen, an dem hunderttausende Erinnerungen hängen, und der straßenseitige Teil auf Grund denkmalpflegerischer Gesichtspunkte erhalten bleiben, wäre das ziemlich Potemkin-mäßig.
„Gewalt und Kannibalismus - Tatorte in der Jungsteinzeit“ wurde vor ein paar Wochen zu guter Samstagabendfernsehzeit bei Arte gezeigt und ist online bei Arte noch bis zum 21.4.2019 ansehbar. Da der Film mit der Jahresangabe 2019 versehen ist, habe ich mir etwas über den aktuellen Stand zu den Toten von Herxheim erhofft. Der Herxheim-Teil ist aber ziemlich dünn. Im Film sind die archäologisch nachgewiesenen Toten nun geopferte Gefangene. Für den Kannibalismus gibt es wie gehabt Indizien, man kann ihn aber nicht sicher nachweisen. Allgemein stellt der Film eine steigende Gewalt in einem Großszenario mit steigender Bevölkerung und geändertem Klima fest, man lese u.a. zu diesem Punkt die Kritik von Detlef Gronenborn im Archaeologik-Blog. Detlef Gronenborn blickt aus seiner Experten-Perspektive auf den Film und hält hier den Daumen hoch und dort ein wenig runter - der Film ist zwar fehlerhaft, für den Laien aus seiner Sicht wohl noch passabel, „… aber Steinzeit kann mehr“. Nun können sich aber selbst Laien analog diesem Daumen hoch und runter von Detlef Gronenborn eine schon früh zum Filmprojekt erstellte Liste vorstellen, auf der neben den im Film dargestellten archäologischen Aussagen ihre wissenschaftlichen Begründungen mit Hinweisen auf weiterführende Informationen stehen. Beratende oder später im Film auftretende Experten sollten diese Liste eigentlich schnell erstellen oder abhaken können. Diese Liste könnte man mit den Namen der Abhakenden zum Film in die Mediathek einstellen. Selbst so ein einfaches Mittel könnte aus meiner Sicht die Qualität und die Einschätzbarkeit der Filme und Experten schon heben. Interessant, daß da anscheinend nichts vorausgesetzt und nichts angemahnt wird. Ein anderer Punkt ist die Löschpraxis der gebührenfinanzierten Sender. Ein Experte, der es wie Detlef Gronenborn gut findet, wenn auch der Laie vom Fortschritt der Wissenschaft unterrichtet wird, sollte dieses schnelle Löschen eines aktuellen Films schon registrieren. Und unabhängig davon, wie sich das beim einzelnen Film auf Grund der jeweiligen Filmrechte gestaltet, sollte generell die verpasste Chance im Zusammenhang mit den laut Wikipedia auf mittlerweile über eine Million geschätzten depublizierten Online-Dokumenten gesehen werden. Auf die depublizierten Berichte zu Ausgrabungsorten oder Museen, die in einem archäologischen Film erwähnt werden, kann man dann halt nicht mehr in der Mediathek hinweisen. Als interessierter Laie habe ich jedenfalls den Eindruck, daß seitens der Experten hinsichtlich der Film-Qualitätssicherungs- und der Medienkompetenz seit den vor bald 100 Jahren in Unteruhldingen entstandenen Filmen nicht erkennbar viel hinzugekommen ist. Vielleicht fehlen in diesen alten Filmen sogar die „Unsauberkeiten“ wegen dem „enormen Zeitdruck, unter dem moderne TV-Produktionen stehen“.
Seit dem deutschen Leistungsschutzrecht für Presseverleger vermeide ich auf online gestellte deutsche Zeitungsartikel zu verlinken. Teilweise basieren diese Zeitungsartikel auf steuerfinanzierten Pressemitteilungen, im Fall meines Blogs sind da etwa Museen oder Denkmalämter relevant. Solche Pressemitteilungen sollten eigentlich dauerhaft unter einer festen Adresse frei zugreifbar bereitgestellt werden, damit die Netzwelt stattdessen auf sie verweisen kann. Über dieses Pressematerial hinaus kann in das Internet natürlich wesentlich mehr eingestellt werden, als die Verleger in ihren beschränkten Medien verwerten können. In Bayern gibt es zudem seit über 10 Jahren mit dem BayernViewer-Denkmal bzw. seinem Nachfolger, dem Bayerischen Denkmal-Atlas, ein Geo-Informationssystem, mit dem diese ins Netz gestellte Informationen verbandelt werden könnten. Ich will jetzt nicht weiter meckern, sondern nur kurz auf ein paar Kriterien hinaus, nach denen man in dieser Informationsvermittlungsecke profimäßiges Handeln bewerten könnte. Und Profis soll man ja aus Sicht des Denkmalamts beauftragen und bezahlen, wenn man das Pech hat ein Bodendenkmal zu stören, siehe das Beispiel „Graben in Sulzfeld im Grabfeld?“. Aber wie gesagt, ich will nicht weiter meckern, sondern sogar ein schönes Angebot des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erwähnen, das man sich unbedingt ansehen sollte: „Aufgedeckt - Highlights der bayerischen Bodendenkmalpflege - 17 Grabungsprojekte in Text und Bild“. Zwar an gestrigen Formaten orientiert, aber immerhin downloadbar. Den unterlegten Link lasse ich bleiben, da kann auch schnell wieder nichts mehr zu finden sein.
Harald Meller ist über die Jahre schon mehrfach mit schönen Sachen bei mir im Blog aufgetaucht. Ich habe gerade einen gebrochenen Link von 2012 im Kopf, passenderweise wieder zu einem Landesamt für Denkmalpflege. Aber die Videos aus der Serie „Harald Meller trifft... Forschung aus erster Hand“ findet man dort via Suchmaschine noch immer, nur halt etwas anders einsortiert. Letztes Jahr ist von Harald Meller und Kai Michel das Buch „Die Himmelsscheibe von Nebra: Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas“ erschienen. Ich will in dem Zusammenhang auf die Buchbesprechung in über 20 Teilen von Florian Freistätter hinweisen, als Einstieg empfehle ich seinen Blog-Eintrag „Die Himmelsscheibe von Nebra: Die komplette Serie“. Die Himmelsscheibe von Nebra ist bronzezeitlich, und die Bronzezeit haben die Münchner nahe der Haustür - man braucht nur den Bayerischen Denkmal-Atlas anwerfen und kann ein paar nicht weit entfernte bronzezeitliche Grabhügel finden. Die Himmelsscheibe von Nebra soll nachweisbar geografisch auf die Gegend des späteren Fundorts bezogen sein, und diese Gegend ist von München nur etwas über 400 km entfernt. Der Untertitel „Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur“ ist so etwa in die Richtung zu verstehen, daß man über die für die Himmelsscheibe verwendeten Materialien und dem für die Erstellung notwendigen Wissen auf die Fähigkeiten und Handelsbeziehungen der lokalen Kultur rückschließen kann.
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