Gestern vor einer Woche haben wir wieder nach der Keltenschanze Buchendorf gesehen. Die Keltenschanze war früher schon häufig im Blog, ich werde den Eintrag deshalb an die Keltenschanzen-Anfänger richten und auf Ausführlicheres in früheren Einträgen verweisen.
In Bild 1 sieht man die im Vergleich zu den beiden Fußgängern große Ausdehnung der Keltenschanze. In Buchendorf am Vatertag gibt es noch einen funktionierenden Link auf Google Maps, mittels dem man sich die Verhältnisse von oben ansehen kann. Dort zeigt das einleitende Foto ein Teilstück einer ehemaligen Römerstraße. Diese Römerstraße verlief etwa in der Richtung, in der hier im ersten Bild die Fußgänger laufen, auf den „Vorplatz“ der Keltenschanze zu, um dann in Richtung des römischen Vorläuferorts von Gauting abzuknicken.
Keltenschanzen werden manchmal auch als „keltische Viereckschanzen“ bezeichnet, das ist dasselbe. Für die Römerstraße sieht man manchmal die Bezeichnung „Via Julia“. Diese mit kleinen Hinweisschildern ausgezeichnete Strecke orientiert sich aber nur an der Römerstraße. Die Fußgänger beispielsweise bewegen sich nicht auf einem offiziellen Weg, sondern auf einem ausgetretenen Pfad am Rande eines Ackers. Die Via Julia knickt deshalb schon vorher nach Buchendorf hinein ab und stößt dann wieder am Aufnahmeort des ersten Bilds für den Vatertags-Eintrag auf die Römerstraße. Die Bilder 5 und 6 im aktuellen Eintrag sind vom Waldrand aus der nordöstlichsten freien Ecke auf die Keltenschanze hin aufgenommen. In Bild 5 ist die Keltenschanze herangezoomt. Das Dach hinter der Keltenschanze kann man als Orientierung für Bild 6 nehmen. Dann erkennt man das kleine Wäldchen neben der Keltenschanze und dann eine untere Baumreihe, hinter der Buchendorf liegt. Etwa in Richtung rechts von der unteren Baumreihe befindet sich der Aufnahmeort für das erste Bild im Vatertagseintrag.
Zeitlich werden die Keltenschanzen in das 2. und 1. vorchristliche Jahrhundert einsortiert. Also in die Zeit kurz bevor die Römer hierher kamen. Meines Wissens nach gibt es in diesem Gebiet keine Hinweise auf einen durch die Römer verursachten Bevölkerungsaustausch. Zum baden-württembergischen Limes-Gebiet gibt es Darstellungen, nach denen die ursprüngliche keltische Bevölkerung dort vor der Römerzeit wegzog und nach der römischen Besetzung eine Zuwanderung aus den schon römisch besetzten Keltengebieten erfolgte. Die großen Keltenorte sind aber nicht nur im Südwesten, sondern auch in Bayern schon vor der Eroberung durch die Römer niedergegangen. Da gibt es zu Bayern die Überlegung, daß nicht ein großflächiger keltischer Abzug, sondern der Verlust der früheren Handelspartner durch deren Wegzug oder Unterwerfung zum Niedergang der Keltenstädte / Oppida beigetragen hat.
Verglichen mit den Kelten der bekannten Heuneburg, die auf das 6. Jahrhundert v. Chr. datiert wird, sind die Keltenschanzenkelten des 2. und 1. v. Chr. schon ziemlich „späte Kelten“. Sie alle gehören zur Eisenzeit und zuvor war die Bronzezeit. In der Zeit zwischen frühen und späten Kelten muß es Turbulenzen gegeben haben. Also es kann sein, daß es dabei Bevölkerungsverschiebungen gegeben hat. Es ist aber meines Wissens nicht so, daß man in diesem Gebiet einen Bevölkerungsaustausch nachweisen kann. Das gilt auch für den Übergang von der Bronzezeit zu den Kelten. Also vielleicht hat man einfach die neue Kultur übernommen.
Für die alten Römer sind nicht nur diese Keltenschanzen präsent gewesen, sondern auch die zahlreichen Grabhügel, die bis in die Bronzezeit zurückreichen. Die beeindruckendste Grabhügelgruppe in der Nähe ist die, zu der das „Grab der Seherin“ gehört. Dort führte die römische Straßenverbindung zwischen den Vorläuferorten von Gauting und Kempten durch. Mehr zu römischen Streckenverbindungen im Zusammenhang mit Keltenschanzen in „Vernetzte Erdwerke - mit Fotos von der Keltenschanze im Laufzorner Holz“ .
Ein sehr wichtiges Hilfsmittel für eigene Nachforschungen ist das Geoinformationssystem BayernViewer-denkmal, dessen Daten mittlerweile auch unter der Haube des BayernAtlas zu finden sind. Eine Anleitung: So funktioniert der BayernAtlas gibt es in Stephans „Kraftvollen Orten“ .
Zur Grabhügelgruppe beim „Grab der Seherin“ hatte ich seinerzeit aus dem BayernViewer „Grabhügel der Bronze-, Hallstatt- und Latènezeit“ zitiert. Hallstatt- wären die frühen und Latènezeit die späten Kelten. Leider sagt die BayernViewer-Information wenig hinsichtlich der Verteilung im Grabhügelfeld aus. Die Grabhügel können wie das „Grab der Seherin“ vorwiegend bronzezeitlich entstanden sein, und dazu hat man vielleicht noch wenige keltische Nachbestattungen gefunden? Oder dominieren mancherorts tatsächlich die Kelten in den Grabhügelfeldern? Bei der Pullacher Grabhügelgruppe werden vor Ort auf einem Schild „Grabhügel der Hallstattzeit 800-500 v.Chr.“ angegeben.
Wie dem auch ist - die Keltenschanze Buchendorf hat ihre eigenen Grabhügel in der Nähe. Ich bin darauf in Von Forsthaus Kasten nach Buchendorf eingegangen. Nach dem BayernViewer gab es hier auch ein ganzes Grabhügelfeld. Wirklich gut zu erkennen, und zwar schon vom vorbeiführenden Weg aus, ist der Grabhügel im vierten Bild. Dieser Grabhügel liegt vom Aufnahmestandort der im aktuellen Eintrag eingestellten Bilder 5 und 6 vielleicht 50 Meter hinter der linken Schulter zurück. Aus dem BayernViewer habe ich dazu lokal eine „Siedlung der Bronzezeit, vermutlich der Hallstattzeit, des Mittelalters und der Neuzeit“ zitiert. Vielleicht signalisieren alle Grabhügel und Grabhügelfelder einen sehr nahen Wohnort?
In Buchendorf wird auf der Informationstafel noch eine kultische Nutzung der Keltenschanzen angegeben. Das beruft sich auf die Ausgrabungen von Klaus Schwarz. Ich bin darauf im Eintrag zur „Die Viereckschanze 2 von Holzhausen“ eingegangen. Diese Sichtweise als Kultort gilt als veraltet. Der aktuelle Deutungsansatz geht in Richtung begüteter Bauernhof. Es gibt zeichnerische Rekonstruktionen in denen die Keltenschanze als hervorgehobener Bauernhof / Herrenhof in eine Dorfsiedlung gesetzt wurde.
Wie ich zu Holzhausen geschrieben habe, würde ein bäuerliches Anwesen aber aus meiner Sicht nicht ausschließen, daß ein möglicherweise in der Schanze residierendes weltliches Oberhaupt der Gemeinde auch das geistliche Oberhaupt gewesen ist und in der Schanze Kulthandlungen stattfanden. Oder daß manche Keltenschanzen gänzlich nur sakralen Zwecken gewidmet waren. Nachgewiesen ist so eine ausschließlich sakrale Nutzung aber nach meinem Wissen bei keiner der Keltenschanzen im Münchner Raum, die mit diesen veralteten Informationstafeln ausgestattet wurden. Ohne Informationstafel, aber wegen den zahlreichen Funden ein plausibel belegter Kultort, ist stattdessen der Brandopferplatz bei Gauting.
Wem die Keltenschanze Buchendorf ohne Kultort-Flair zu reizlos ist: Gruselig genug kann man sich auch einen begüterten keltischen Bauernhof vorstellen! Bei der Ausgrabung des Osttors des Oppidums Manching hat man nach „Manching - Die Keltenstadt“ von Susanne Sievers das Skelett eines etwa 6-jährigen Kindes gefunden, welches als Bauopfer interpretiert wurde. Zudem zwei Menschenschädel, die ursprünglich an einem Einzelpfosten oder am Tor befestigt gewesen sein können. Daß unter der Keltenschanze Buchendorf ein geopfertes Kind liegt, wollen wir mal nicht hoffen. Aber wenn die Bewohner erfolgreich an kriegerischen Auseinandersetzungen teilgenommen haben, dann werden sie ihre Mitbringsel sicher zur Schau gestellt haben.
2 Kommentare:
Jürgen, herzlichen Dank für Deine Verlinkung.
Zu den Keltenschanzen möchte ich noch was sagen. Früher wurden die Schanzen auch als Römerschanzen bezeichnet, als man davon ausging, dass es sich um alte römische Lager handelt. Der Fortschritt der Geschichtsforschung bezeichnete sie dann später als Keltenschanzen, was zwar fast richtig ist. Die eigentlich korrekte Bezeichnung ist "keltische Viereckschanze".
Vielen Dank für Deinen Kommentar, Stephan!
Wegen den Bezeichnungen: "Römerschanze" ist falsch, das ist klar. Und in den Büchern ist hauptsächlich die "Viereckschanze" zu sehen. Also im Sprachgebrauch der Wissenschaftler ist wie Du schreibst tatsächlich die "keltische Viereckschanze" die passendere Bezeichnung.
Ich habe aber nie etwas über den Grund dafür gelesen, warum die Bezeichnung "keltische Viereckschanze" besser sein soll als "Keltenschanze".
Wenn nur "Viereckschanze" verwendet wird, halte ich die Bezeichnung sogar für ungenauer. Auf meiner ersten "Viereckschanze" (300 Jahre alt, Teil einer Verteidigungsanlage gegen die Franzosen) bin ich als Kind herumgerannt, meine erste Keltenschanze habe ich erst hier in Bayern kennengelernt.
In der Bevölkerung scheint die Bezeichnung "Keltenschanze" bekannter zu sein. Vielleicht durch die Informationstafeln an den Schanzen. Aber vielleicht haben die Tafeln sich auch an den Gepflogenheiten orientiert. Interessanterweise führt die Bezeichnung "Keltenschanze" vor der "Viereckschanze" bei der normalen Google-Suche.
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