Im Badischen Landesmuseum im Karlsruher Schloss ist derzeit die Ausstellung „Imperium der Götter: Isis – Mithras – Christus. Kulte und Religionen im Römischen Reich“ zu sehen. Mit manchen Ausstellungstiteln ist es schon ein Kreuz - die zuletzt besuchte Ausstellung „Pompeji — Leben auf dem Vulkan“ zeigt auch viele Ausstellungsstücke aus der Region um Pompeji herum. Und ob diese Ausstellung das Leben auf dem Vulkan wiedergibt? Der Karlsruher Titel ist, richtig gelesen, genauer: „Imperium der Götter“ - das „Imperium“ bezieht sich auf das römische Reich. „Isis – Mithras – Christus“ - sind Schwerpunkte der Ausstellung. Und das waren „Kulte und Religionen im Römischen Reich“. Es geht nicht um alle Kulte im römischen Reich.
Begrüßt wird man noch von Jupiter und seiner engeren Göttergefolgschaft. Der römische Olymp — die römischen Götter waren schon lange an die griechischen angepasst — ist mit kleinen Götterfiguren illustriert, zwei davon aus dem Schatzfund aus Weißenburg, und man wird ein wenig in das religiöse Leben der Römer eingeführt. Via Bacchus geht es zu den Schwerpunkten, den „sogenannten orientalischen Kulten“ Mithras, Isis, Mater Magna/Kybele und Jupiter Dolichenus und danach zu den den „östlichen Religionen“ Judentum und Christentum. Die Ausstellungsflächen sind ungleich verteilt. Von Jupiter Dolichenus und dem Judentum ist weniger zu sehen, Mithras, Isis und Kybele kommen sehr gut weg.
Die Ausstellung ist teilweise eng gestellt. Man sieht sich zahlreichen kleinen und größeren Götterfiguren gegenüber. Es gibt überraschend viele kleine Tempelmodelle, und dazu noch zwei begehbare 1:1-Rekonstruktionen - die Katakombe der Heiligen Marcellinus und Petrus und das Mithräum von S. Maria Capua Vetere. In diese opulent ausgestattete Ausstellung sollte man viel Zeit mitnehmen oder einen zweiten Besuch miteinplanen.
Um die Ausstattung mal am Beispiel Mithras zu veranschaulichen: Karlsruhe ist mit diesem Gott sowieso schon bestens versorgt. Nun kommen auch noch die Leihgaben hinzu. Fotos von einfarbigen Mithras-Reliefen in Standarddarstellung hat man vielleicht so ungefähr im Kopf. In Karlsruhe gibt es jetzt ein drehbares Relief und eines aus Rom mit gut erkennbaren Farbresten und umfangreicherem Bildprogramm. Es gibt die regionalen Bezüge, auf die Mithräen im nahen Güglingen wird ausführlich eingegangen. Dazu gibt es ein kleines Tempelmodell und noch die erwähnte begehbare Rekonstruktion.
Anhand des hochrangigen Bestands des Landesmuseums habe ich schon mal das Problem „Dauer- versus Sonderausstellung“ beschrieben. Da war ich im dauerausgestellten Mithräum unten im Keller ganz allein und zwei Stock obendrüber war die Imperium-Romanum-Ausstellung proppevoll. Nun sieht man bei einem Mithras in der Sonderausstellung wohl auch ein Problem und es gibt dort tatsächlich zwei Hinweise auf die Dauerausstellung. Ich zweifle ob es hilft. Ich habe es nicht kontrollieren können. Ich habe mich vor dem Schloss mit meinem Freund aus der Schulzeit Wintersonne getroffen und bin gleich mit ihm in die Sonderausstellung und nach dem Schlosscafé war es kurz vor Museumsschluß.
Mithras kommt mit seinen Reliefen vielleicht nicht so facettenreich rüber. Demgegenüber kann man in der Wikipedia von mehreren Jupiter-Ausprägungen lesen, die teilweise ihre eigenen Tempel hatten, nebeneinander existierten und vermutlich ihre eigenen Verehrungskonjunkturen hatten. Also man sieht sich nicht nur zahllosen Göttern gegenüber, es gibt von den Göttern auch unterschiedliche Ausprägungen, die je nach Bedarf hervorgehoben und verehrt wurden.
Wie man in Karlsruhe sehen kann, ist Isis ein Beispiel für diese Ausprägungen. Ich hatte im Eintrag über das neue Münchner Ägyptische Museum von einer Führung und meinen Notizen berichtet: Serapis, „eine Art Retortengott der Ptolemäer mit Rauschebart“. Und „Die Ikonografie von Isis + Horus geht nahtlos auf Maria + Jesus über.“ Man kann das in der Karlsruher Ausstellung nachvollziehen. Aber es gibt die Isis auch in anderen, von Maria deutlich unterschiedenen Darstellungsformen.
Wie erwähnt ist die Ausstellung mittels dieser einzelnen Götter/Religionen strukturiert. Diese Teile stehen in der Ausstellung ohne Querbezüge nebeneinander, also man weist bei Isis nicht auf die oben genannten Übernahmen hin. Die Ausnahme ist etwas der Ausstellungsteil zum Christentum, zu dem etwa die von den anderen Kulten übernommenen Feiertage angegeben werden. Querbezüge zwischen den Kulten/Religionen wie die oben angesprochene Ikonografie oder vielleicht die Ausgestaltung einzelner Ausprägungen der Götter dürften aber auch eher normal als ungewöhnlich gewesen sein und damit so zahlreich, daß sie in der Ausstellung nicht eigens angesprochen werden konnten. In dem Zusammenhang ist zu beachten, daß etwa der römische Mithras wegen den zahlreichen Unterschieden zur persischen Vorlage als römische Neuschöpfung gilt. Bei den anderen „orientalischen Kulten“ werden die Einflüsse im Imperium ebenfalls nachhaltig gewesen sein und sie entsprechend zahlreiche Querbezüge aufweisen. Spätestens hier ergibt sich die Frage, wie es derweil den römisch/griechischen Göttern ergangen ist? Auf die Kulte von Demeter und Dionysos-Bacchus als wichtigsten Mysterienkulten der Antike wird kurz hingewiesen, aber unter den Hauptthemen waren sie in dieser Ausstellung nicht.
Also eine sehr opulente Ausstellung, bei der man sicher auf seine Kosten kommt, aber die man bei dieser Göttervielfalt auch mit ihren zwangsläufigen Beschränkungen sehen muß. Es gibt zahlreiche Ausstellungsstücke, von denen man sich regelrecht losreißen muß (hinsichtlich der Marmorskulptur aus dem Isis-Tempel in Pompeji hoffe ich auf 3D-Modelle und -Drucker). Und der Eintrittspreis ist nicht hoch. Vollzahler 8 Euro, mit Bahncard bin ich — die Götter wissen warum — sogar für 6 Euro reingekommen.
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