Noch einmal der Hinweis auf den schon im letzten Abschnitt des Pompeji-Eintrages erwähnten kostenlosen Online-Kurs Roman Architecture, der am 16. Januar 2014 bei Coursera startet. Ich will das hoffentlich vorhandene Interesse an dem Kurs dazu nutzen, um noch allgemein auf diese Art von Kursen einzugehen.
Diese Kurse werden manchmal unter der Bezeichnung „MOOC“ (von „Massive Open Online Course“ ) zusammengefasst. Die Bezeichnung leitet sich von der theoretisch unbegrenzten Teilnehmerzahl ab. Zu manchen Kursen gibt es tatsächlich über 100000 Anmeldungen, die Zahl der Absolventen des kompletten Kursprogramms ist dann aber viel kleiner. Ein wesentlicher Grund für die hohe Nichtabsolventenzahl ist sicher die kostenlose Teilnahme. Man kann sich wie im Fall der „Roman Architecture“ die ersten Videos ansehen und dann erst entscheiden, ob man weiter teilnimmt. Eine weitere Ursache dürfte sein, daß man bei vielen Kursen aus der Wertung fällt, wenn man begleitende Aufgaben nicht nicht in einem bestimmten Zeitraum löst. Man kann aber dennoch die Videos weiterverfolgen oder sie sich später nachträglich ansehen.
Passend zu den hohen Starterzahlen müssen die Aufgaben meist computerauswertbar durch Anklicken von Auswahlfeldern oder durch den Eintrag von Werten gelöst werden. Manchmal sind Aufgabenstellungen sinnvoller, die von Menschen ausgewertet werden müssen. Das lässt sich bei den kostenlosen Kursen mittels Peer-Review realisieren. Man begutachtet nach detaillierten Vorgaben die Lösungen mehrerer anderer Teilnehmer und mehrere andere Teilnehmer begutachten die eigene Aufgabenlösung.
Aktuell sind bei den MOOCs sowohl sehr große Unterschiede bei der Ausgestaltung der Kurse als auch zahlreiche Überschneidungen bei den Themen zu sehen. Wenn man mit einem Angebot nicht so klarkommt, dann lohnt es sich deshalb manchmal noch etwas zu warten oder bei anderen Plattformen vorbeizusehen. Derzeit gilt das vor allem bei Themen aus dem Computerbereich, aber die heute dominierenden MOOC-Plattformen sind ein sehr junges, stark in der Entwicklung befindliches Phänomen, und wenn man die Entwicklung einfach so linear fortschreiben dürfte, dann wird es bald in vielen Fachgebieten mehrere Optionen geben.
Ein wichtiger Unterschied zwischen den Kursen betrifft das weitverbreitete und auch beim Roman-Architecture-Kurs anzutreffende Schema eines gemeinsamen Starts und wöchentlich neuen Videolektionen. Bei den Udacity-Kursen kann stattdessen der Startzeitpunkt und das Kurstempo beliebig gewählt werden. Ein Nachteil des Udacity-Verfahrens für eine Plattform bzw. die zuliefernde Universität ist, daß immer betreuendes Personal für den Kurs zur Verfügung stehen muß.
Manchmal differiert die Ausgestaltung der Kurse sogar auf derselben Plattform sehr stark. Coursera etwa scheint den zuliefernden Universitäten große Freiheitsgrade zu lassen. Der Roman-Architecture-Kurs ist mit seinen 15 Wochen relativ lang - es gibt bei Coursera auch Kurse mit 4 oder 6 Wochen - es gibt zum Roman-Architecture-Kurs kein Zertifikat - normalerweise gibt es Zertifikate - und der Roman-Architecture-Kurs will mit Moderatoren arbeiten.
Moderatoren kenne ich aus anderen Kursen nicht. Die Ausnahme ist wieder Udacity, da spielt in den kostenpflichtigen Kursversionen der Coach eine ähnliche Rolle. Trotz der geringen Verbreitung scheint über Moderatoren aber auch anderswo nachgedacht zu werden. OpenHPI hat aktuell in einer Umfrage u.a. die Bereitschaft erfragt, ob man ehrenamtlich als Moderator arbeiten würde. Üblich ist meist nur ein Forum, in dem sich Kursteilnehmer über den Kurs austauschen, Lerngruppen organisieren oder Fragen an die Kursgestalter stellen können. Anscheinend mit für das Mitmachweb typisch niedrigen Mitmachquoten, aber wegen der großen Teilnehmerzahl funktionieren die Foren trotzdem. Moderatoren wären eine Möglichkeit, noch mehr Gemeinschaft hinzubekommen. Vielleicht sind Moderatoren sogar notwendig, um die Leute über 15 Wochen bei der Stange zu halten. Vielleicht sind bei OpenHPI längere Kurse geplant? Üblich sind dort die schon beim Semantic-Web-Kurs erwähnten 6 Wochen.
Vielen sollen die Online-Kurse einen Nutzen im Erwerbsleben bringen. Bei Bewerbungen würde ich sicher auch die Erwähnung eines kurzen einführenden Kurses für nützlich halten, wenn die Inhalte auf eine Position passen und die Hauptqualifikation woanders gesucht wird. Der Wert der Zertifikate könnte aber zweifelhaft sein. Bei Coursera zeigt das Roman-Architecture-Beispiel, daß es manchmal keine Zertifikate gibt. Um die Aufgaben für das normale Coursera-Zertifikat zu lösen, könnte sich problemlos jemand anders einloggen. Bei manchen Kursen bietet Coursera ein „Verified Certificate“ an, das mit einem Teilnehmerfoto und der typischen Tastaturbedienung arbeitet. Da müßte man die Aufgabenlösungen von jemand anders selbst eintippen oder reinkopieren.
EdX ähnelt Coursera mit einem derzeit kostenlosen „Honor Code Certificate“ , bei dem die Identität nicht überprüft wird, und einem kostenpflichtigen „ID Verified Certificate“ , bei dem man die Identität mit Ausweis und Foto nachweisen muß. Udacity geht in seiner kostenpflichtigen Kursversion über diese Anforderungen hinaus und überprüft die eigene Arbeit der Teilnehmer in einem Abschlußinterview. Udacity scheint auch relativ rege bei der Verwertbarkeit der Kurse zu sein, hier die Seite zur Open Education Alliance, und auf der zuvor verlinkten Udacity-FAQ-Seite ist eine Kontaktmöglichkeit für Unternehmen angegeben, die Absolventen Arbeit anbieten wollen.
Bei der Bewertung kann neben dem vermittelten Wissen in einem Kurs auch dessen Kombination mit anderen Kursen interessant sein. Nett sind da die angegebenen 6 ECTS-Leistungspunkte jedes der beiden Iversity-Kurse Web-Engineering I und Web Engineering II, die man einfach zusammenzählen kann, weil es zwischen den Kursen keine Überschneidungen gibt. Udacity gibt den Aufwand für einen Kurs in Wochen an (wenn man sich nur mit dem Kurs beschäftigen würde) und die Kurse sind relativ gut kombinierbar. EdX bietet ein XSeries Certificate für eine absolvierte Gruppe zusammengehöriger Kurse an (hat aber noch wenige Gruppen). Bei Coursera gibt es hingegen mehrere Beispiele von Kursen mit überschneidenden Inhalten, aber mit unterschiedlichem Anspruchsniveau. Manchmal werden bei Coursera die unterschiedlichen Niveaus sogar innerhalb desselben Kurses geboten. Die einen brauchen nur die Videos anschauen und vielleicht auf ein paar Fragen antworten, die anderen müssen zusätzlich noch Programmieraufgaben lösen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen