Freitag, 21. August 2020

Imbolc, Groundhogs und Dachstage

In den Gemischten Links vom März ging es um die im Wildschrat-Blog beschriebene zeitliche Imbolc-Bestimmung durch den Beginn der Schneeglöckchenblüte. Ich bin mit jährlich auf dem elterlichen Rasen erscheinenden Schneeglöckchen aufgewachsen und fand diese Zugangsweise ganz reizvoll.

Der von Marcellina im Kommentar genannte und zeitlich zu Imbolc passende Groundhog Day ließ mir allerdings geistig gesehen etwas die Kinnlade herunterhängen. Ich hatte bislang eine totale Groundhog-Lücke. Via „Und täglich grüßt das Murmeltier“ konnte man auch hierzulande etwas vom Groundhog Day mitbekommen, der Film ging aber an mir vorbei. Das Problem war: Wenn es zum Imbolc-Termin einen Groundhog Day gibt und der laut Wikipedia auf einen „Badger Day“ (Dachstag) in der ursprünglichen Heimat der Pennsylvania Dutch rückführbar ist, und das Gebiet aus dem die Pennsylvania Dutch ihre Sprache mitgenommen haben weniger als 20 Kilometer entfernt von meiner alten Heimat auf der anderen Rheinseite beginnt, bin ich dann aus einer Dachstag-Gegend?

Dachse hatte ich bei uns trotz jeder Menge Felder und Wald um das ehemalige Dorf herum nur ausgestopft im Karlsruher Naturkundemuseum gesehen. Es gab auch nie Hinweise von Älteren auf Spuren oder Baue im Wald, Dachse wurden nie erwähnt. Lag es daran, daß es laut Wikipedia bis in die 1970er-Jahre einen dramatischen Dachsrückgang wegen der Begasung der Rotfuchsbauten gegeben hatte? Ich habe meinen Vater gefragt, der hat bei uns auch nie einen Dachs gesehen. Ich habe noch eine kanadische Verwandte mit mennonitischen Vorfahren aus Pennsylvania wegen den Dachsen gefragt. Den Groundhog Day hatte sie sofort parat, aber von einer eventuellen Dachstag-Historie wußte sie nichts.

Man lese bei Interesse den Imbolc-Artikel in der Wikipedia. Die bleibt zwar ähnlich im Diffusen hängen, bietet aber weitere Stichworte, über die man sich bei Gefallen weiterhangeln kann. Außerdem arbeitet sie etwas das nach Omen Ausschau halten als Gemeinsamkeit heraus. Interessant ist auch der längere Teil über die frühere, wesentlich größere Bedeutung des christliche Feiertags Mariä Lichtmess. Dieser Feiertag wurde laut Wikipedia zwar zunächst im östlichen Mittelmeerraum begangen, aber dann unter Einfluß der Westkirche vom 14. auf den 2. Februar verlegt.

Die Sache mit den Schneeglöckchen bleibt für mich ein Gewinn. Ich hätte zuvor nicht sagen können, wann etwa die Schneeglöckchen anfangen zu blühen. Die Google-Bildersuche war bislang schlauer und kannte diese Koppelung. Sucht man nach Imbolc, dann antwortet die Bildersuche mit einem hohen Anteil Schneeglöckchen.

Vom Murmeltier-Film habe ich vermutlich seinerzeit das Filmplakat gesehen und den Film wegen dem Plakat und dem Murmeltier im Titel als Familienfilm oder als Disney-soßig aussortiert. Nach Durchlesen der Handlung finde ich den „Ausschau halten“-Aspekt interessant. Ich habe auf die englische Wikipedia verlinkt, die geht in einem „Concept and original draft“-Teil auf die Entstehung des Films ein. Danach ist die Verbindung von der ursprünglichen Filmidee zum Feiertag eher locker gewesen („picked the next nearest holiday, February 2,“), der „Ausschau halten“-Aspekt („using a groundhog to predict changing seasons“) spielte aber schon eine Rolle. Falls im Film tatsächlich tragend mit Imbolc, Groundhog Day, Dachstag und Mariä Lichtmess gemeinsame Inhalte erfolgreich verarbeitet wurden („become one of the highest-grossing films of 1993“), dann finde ich das schon bemerkenswert.

3 Kommentare:

Marcellina hat gesagt…

Ich wusste nicht, daß es so was wie einen "Dachstag" gibt oder gab. Sehr interessant. Meine (ungelernte) Meinung nach sind die Ursprünge für Imbolc / Brigids Tag / Lichtmesse / sogar Groundhog Day klar, als der Zeitpunkt Zwischen der Wintersonnenwende und der Frühlingsanfang (Bonus: das erste Foto auf der Wikipediaseite für "Frühlingsanfang zeigt...Schneeglöckchen). Auch die Bauern, Hirten oder Druiden, die sonst kein Jahresalender folgten, hätten diese Himmelsereignisse gekannt und vorausgesehen. Dasselbe gilt für den Anfang Mai und den Anfang November. Warum kein altes Volksfest für den Anfang August uns nicht überliefert wurde, ist mir das echte Rätsel.

Marcellina hat gesagt…

Ich meine, klar, Lugnasadh, aber wer kennt das heute, außer in dem Neupaganismus. Ich würde vermuten, Leute hatten im Sommer einfach zu viel zu tun, bis die Ernte drin war.

Jürgen hat gesagt…

Würde auch denken, daß die Kleingruppen der Vorzeit mit ihren Mitteln schon sehr gut bestimmen konnten, wie weit das Jahr fortgeschritten ist. In unseren Breiten dürfte das so notwendig gewesen sein wie die Fellkleidung. Aktuell gab es eine Meldung über die "Schnelle Akzeptanz fremder Ernährungstradition im bronzezeitlichen Europa". Die schnelle Akzeptanz der Rispenhirse wurde über eine mögliche Verwendung als Zwischen- oder Ersatzfrucht erklärt. Ich würde darauf tippen, daß die lokalen Kleingruppen die dafür notwendigen Berechnungen alleine hingekriegt haben. Und daß so Sachen wie Stein- oder Pfostensetzungen mit Visierpunkt eine kulturelle Überformung waren. Das könnte schon eine Auswahl gewesen sein, die sich nicht an den praktischen Erfordernissen der Jäger und Bauern vor Ort orientieren mußte.

Spätestens ab den Römern gab es wie heutzutage einen Kalender und dazu eine Vielzahl von Feier- und Gedenktagen der unterschiedlichen Religionen, wobei die Feiertage eine unterschiedliche Prominenz hatten. Da wurde der Umgang der Vorzeitkultur mit dem Jahresverlauf vermutlich schon bis zur Unkenntlichkeit überformt. Imbolc soll laut Wikipedia außerhalb Irlands nicht nachweisbar sein. Also vielleicht war etwas, ist aber in der Zeit überdeckt worden. Vielleicht haben die Iren später in der Westkirche Lichtmess auf Imbolc umgebogen und der Termin und damit verbundene Ideen sind bis zum Groundhog Day vital geblieben. Der Augusttermin hat vielleicht wirklich nicht so gut gepasst. Zeit hatten die Leute da vermutlich wirklich nicht, vielleicht haben auch manche Inhalte gegen ein Aufgehen in einem christlichen Feiertag gesprochen.