Wie in „Villa Rustica Enzberg“ beschrieben, sind wir von der Villa Rustica auf der B10 weiter zu unserem zweiten Ziel, dem 360° Panorama „ROM 312“ im Gasometer Pforzheim. Wo man von der B10 in Pforzheim das kurze Stück zum Gasometer abfährt, ist ausgeschildert. Ich habe versucht die Geo-Koordinaten vom Eingang des Gasometer-Parkhauses zu nehmen.
Wir sind Mittwochs um die Mittagszeit eingetroffen, da war die Stellfläche kaum belegt. Auf dem Weg zum Eingang des Gasometergeländes ist gerade aus meiner Vogelperspektive eine Freifläche zu sehen. Auf der sind wir zwischen drei Reisebussen durchgelaufen. Zurück waren es glaube ich zwei. Im Gasometer selbst sind wir anscheinend während einer Besuchergruppenlücke gewesen. Eventuell hätte es Probleme bei den Bistro-Plätzen gegeben. Interessant sah dessen Angebot zwar schon aus, aber wir wollten dann gleich weiter zum Archäologischen Museum, um vor Einsetzen des Berufsverkehrs wieder auf die Autobahn zu kommen.
Aktuell startete in Hannover mit „Amazonien“ ein weiteres Panorama Yadegar Asisis. Von seinen fernen Panoramen hatte ich etwas mitbekommen, von dem in Pforzheim nichts. Das hat erst eine mündliche Empfehlung geändert. Die Reisebusse weisen aber auf ein größeres mediales Rad hin, das gedreht wurde. Ich will die Medien- und Marketingarbeit aber auch im Nachhinein nicht nachvollziehen. Mich würden eher O-Töne derjenigen Besucher interessieren, die sich schon eingehender mit der römischen Geschichte beschäftigt haben und schon ein paarmal in Rom waren.
Auf dem Weg in den Gasometer wird man etwas mit dem geschichtlichen Hintergrund bekannt gemacht und kann sich Videos über die Arbeit von Yadegar Asisi ansehen. Um das Panorama zu besichtigen, steht im Gasometer ein via Treppe oder Aufzug ersteigbarer Turm mit mehreren Plattformen bereit. Im hinteren Bereich der Plattformen befinden sich Stühle, mittels denen man sich bequemer in die einzelnen Perspektiven versenken kann, wenn vorne niemand die Sicht verstellt. Das haben wir von ein paar Plätzen aus gemacht. Begleitet von einer zunehmend als nervig empfundenen Soundkulisse, die sich in einem nachgestellten Tag-Nacht-Rhytmus wiederholt hat.
An der Kasse wird ein Audioguide angeboten. Ich weiß nicht, ob man via dem um die Wahrnehmung der Soundkulisse herumkommt und so angenehm eine lange Zeit im Gasometer verbringen kann. Führungen im Gasometer gibt es auch, haben wir dann im Archäologischen Museum mitbekommen. Ich weiss allerdings nicht, ob die mit Mikro und Ohrhörern stattfinden.
Solange die Aliens nicht ihre Rom-Scans von 312 freigeben, muß so ein Panorama zwangsläufig fiktional bleiben. Man kann trotzdem versuchen, möglichst viel auf archäologische und historische Erkenntnisse oder die eigene Anschauung durch Reisen zu bauen, wie das Dr. Frank Stefan Becker gemacht hat. Er hatte ja im „Abend des Adlers“ auf einigen Seiten das durch den Limesfall verlorene Gebiet, in dem Pforzheim liegt, literarisch verarbeitet. Man kann allerdings auch die fiktionalen Elemente überziehen, etwa Neuzeitliches einfügen, und den Betrachter gerade dadurch auf interessante Sachverhalte hinweisen. Brecht legt etwa durch neuzeitliche Formulierungen in seinen in „Fiktionales“ erwähnten „Geschäften des Herrn Julius Caesar“ über die Jahrtausende gleichbleibende Mechanismen bloß.
Ich bin da beim Panorama nicht weitergekommen, ich weiss auch nicht, inwieweit es überhaupt ein Ziel war archäologische und historische Erkenntnisse möglichst akurat rüberzubringen. Vielleicht habe ich mir etwas mehr Realismus in Richtung schmutzige Straßen, Mietskasernen und einen größeren Querschnitt der Bevölkerung erhofft. Das Panorama ist aber sehr Sehenswürdigkeiten-lastig, man kriegt am Eingang einen entsprechenden Flyer mit durchnummerierten Standorten. Viele weiße Gewänder sind mir in Erinnerung und ein häufiges Auftreten von vielleicht Prätorianern in Ausgehuniform. Es gibt neuzeitliche Bezüge, das Panorama steht sozusagen auf im unteren Gasometerbereich gemalten Ruinen. Das sagt uns wohl, daß wir uns über die Ruinen ein Bild vom alten Rom machen. Aber Brecht konnte eine komplexere Vorstellung von der Welt rüberbringen, in der die bekannten Gebäude Roms eingebunden waren.
Anzumerken ist, daß wir beim Aufbau unserer eigenen Rom-Grundlagen steckengeblieben sind. Die Rom-Links habe ich schon auch für uns selbst gesammelt, unsere Rom-Reise schiebt sich aber hin. Insofern wären jetzt die oben erwünschten O-Töne derjenigen Panorama-Besucher zuzuschalten, die sich da besser auskennen. Oder auf den Audioguide und die Führungen hinzuweisen, vielleicht ist da noch einiges herauszuholen.
Abschließend noch eine allgemeine Bemerkung zu Panoramen. Ich habe die mal in einer umfangreicheren Darstellung als ein zwar zeitweise sehr erfolgreiches, aber auch sehr zeitbedingtes Medium kennengelernt. Die Grundzüge dessen, was ich damals mitbekommen habe, stehen in den Wikipedia-Artikeln über Panoramen und über Louis Daguerre. Wichtige Stichworte zu dieser Zeitbedingtheit wären die Ursprünge der Panoramen in der Theatermalerei, die Erfolge, die Louis Daguerre gegenüber den Panoramen mit Dioramen erzielen konnte und der Gedanke, daß Daguerre sich zwecks seiner Dioramen-Malerei mit der dann nach ihm benannten Daguerreotypie beschäftigte. Panorama bedeutet „Allessicht“ oder „Rundumsicht“, Diorama „Durchsicht“. Im Falle der Dioramen ermöglichten die durchsichtigen Leinwände mittels dem Wechsel von Licht, einzeln bedienbarer Jalousien und von Blenden und farbigen Filtern die Illusion eines zeitlichen Ablaufs.
In dem Sinne fand ich die fernen Panoramen jetzt nicht so prickelnd, daß ich wegen ihnen lange fahren wollte. Und wenn ich in diesen Orten aus anderen Gründen gewesen wäre, hätte ich mir dort in begrenzter Zeit lieber noch nie gesehene Orginale angesehen. Im für uns öfters nahen Pforzheim hat es aber ganz gut gepasst, so ein Panorama mal zu besuchen. Ob unsere Vorbereitung so ideal war und ob wir einen Audioguide hätten nehmen und uns mehr Zeit lassen sollen - das kann jeder potentielle Gasometer-Gänger jetzt noch selbst für sich entscheiden. Vermutlich verspricht wie so oft eine sehr kommunikative Lösung den meisten Erfolg - nach einer guten Führung hinterher im Bistro die Eindrücke mit Leuten die sich interessieren und auskennen durchzusprechen, das hätte doch was!
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