Vom Gelände der ehemaligen Herxheimer Bandkeramiker-Siedlung und ihres vermutlichen Kultplatzes kommt man mit dem Auto schnell und einfach zum Herxheimer Museum. Weil am Internationalen Museumstag in Herxheim zugleich Frühlingsmarkt mit verkaufsoffenem Sonntag und Straßensperrungen gewesen ist, kam bei uns zur kurzen Fahrstrecke noch ein 10-minütiger Spaziergang dazu.
In meiner Blog-Beschreibung gebe ich den Ausgangspunkt München an, und für die meisten Bayern klingt die Herxheimer Steinzeit-Siedlung vermutlich auch räumlich 7000 Jahre entfernt. So schlimm ist es aber nicht. Unser Ausgangspunkt war an dem Tag zwar mein Elternhaus auf der anderen Rheinseite (etwas über 30 Minuten), aber selbst von München ist Herxheim laut Internet-Routenplaner nur 3 Stunden und 12 Minuten entfernt. Von der bekannten Rheintalautobahn sind es nach Herxheim nur 25 Minuten, wenn man bei Karlsruhe abzweigt.
Für die Badener auf der anderen Rheinseite ist die Pfalz ein beliebtes Ziel für den Tagestourismus: Weinfeste. Weineinkauf bei Winzern, die teilweise auch Mahlzeiten auf dem Hof anbieten (etwa den durch den Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl international bekannt gemachten Pfälzer Saumagen). Der Spargel wurde im Mai auf beiden Seiten des Rheins geerntet, und wir sahen auf beiden Seiten öfters Stände mit Spargel und Erdbeeren, wo auch immer die Erdbeeren herkamen. Das Pfälzer Bergland ist ein beliebtes Wanderziel und hat für die Burgenfreunde viel zu bieten. Ich will nicht weiter allgemein auf die touristischen Attraktionen eingehen - bei Interesse sollte man selbst genauer die Ortsnamen und die Kennzeichnungen auf den Karten ansehen und weitersuchen. Jedenfalls: die Pfalz ist hinsichtlich der Attraktionen eine Region der vielen und und unds.
In „unserem“ Zeitbereich schon erwähnt habe ich das nahe Herxheim liegende Rheinzabern, das in römischer Zeit zeitweise die größte Terra-Sigillata-Manufaktursiedlung nördlich der Alpen gewesen sein soll. Und ein kurzes Stück weiter hin zum Rhein befindet sich der Heimathafen der Lusoria Rhenana. Das etwa 30 Autominuten von Herxheim entfernte Speyer sollte auch nicht vergessen werden. Wir müssen irgendwann nachsehen, wie sich die lokalen Ausgrabungen im dortigen Historischen Museum der Pfalz niedergeschlagen haben. Und für bayerische Königstreue könnte dort die derzeit laufende Sonderausstellung „Königreich Pfalz“ ein Muss sein.
Das Herxheimer Museum liegt im Zentrum der Gemeinde und ist auch ohne das Banner in Bild 1 über der Unteren Hauptstraße gut zu finden. Wobei, wenn es zu einfach ist: ich habe das Museum fälschlicherweise fotografisch auf die beiden hinteren Gebäude in Bild 2 reduziert. Das Haus vorne an der Straße, also ganz rechts in Bild 1, war in dem Gebäudeensemble eines ehemaligen Tabakbauernhof das Wohnhaus und wird für Foto- und Gemäldeausstellungen genutzt. Unter dem Haus steht ein Gewölbekeller für Veranstaltungen zur Verfügung.
In dem Gebäude links in Bild 2 befindet sich der Museumseingang mit der Kasse. Im Obergeschoß sind Sonderausstellungen zu sehen. Derzeit eine zum 100. Geburtstag des Herxheimer Restaurators Otto Schultz. Im September soll die Wanderausstellung „Ötzi - Der Mann aus dem Eis“ folgen. Vom Obergeschoß läuft man in das rechte Gebäude hinüber. Dort geht es oben u.a. mit Videos von der Arbeit der Tabakbauern um die jüngere Ortsgeschichte. Die Treppe hinunter in das Erdgeschoß führt in die Steinzeit. Hier geht es um die jungsteinzeitlichen Lebensbedingungen - Ernährung, Wirtschaftsweise, Wohnen. Hier kann auch die „Venus von Herxheim“ in Bild 5 besucht werden. Eine Treppe tiefer im Keller stehen die Funde in den Gruben im Mittelpunkt. Die Fundsituation wird dargestellt. Ausführlich wird die Abfolge der gleichartigen „Zurichtung“ der Toten mittels der Knochenfunde gezeigt. Mittels dem im letzten Posting gezeigten „Kultplatz-Daumenkino“ wird die Lage der Siedlung und Gruben im heutigen Gewerbegebiet veranschaulicht. In einer Bodenvitrine ist ein „normal“ bestatteter Bandkeramiker zu finden (Bild 7). Die Vielfalt und die Bedeutung der verschiedenen in Herxheim gefundenen Keramikstile wird erläutert, und ein Tisch mit Steinzeitrepliken findet sich unten auch. Auf der Museumswebsite gibt es „virtuelle Rundgänge“, auf denen man sich die einzelnen Räume ansehen kann.
Hinter dem rechten Gebäude liegt der Museumsgarten. Dort wurde Bild 3 mit dem Museumsleiter Dr. Alexander Gramsch und seiner Mitarbeiterin Maggy Lederle am entstehenden Lehmofen aufgenommen. Bild 4 ist von Dr. Gramsch und zeigt den fertigen Lehmofen, nachdem noch an drei Tagen Lehmschichten innen und außen aufgetragen und der Ofen geglättet wurde. Der Lehmofen muß in dem Zustand noch trocknen und dann gebrannt werden. Zur den Fotos will ich noch erwähnen, daß niemand von den fotografierten Personen viel Zeit gehabt hat. Frau Lederle hat sich durchgängig mit dem Lehmofen beschäftigt. Ich hatte sie zwar vorgewarnt, daß sie im Internet landen wird, aber sie nicht extra gebeten, die Arbeit zu unterbrechen und glücklich in die Kamera zu strahlen. Dr. Gramsch ist wegen uns vom Lehmofen vor zur Kasse gespurtet und bei unserem Gespräch mit ihm am Lehmofen hat hinter ihm schon ein anderes Paar mit Fragen gewartet.
Im Beitrag zum Kultplatz hatte ich zu den in den Gruben gefundenen Toten geschrieben, daß diese Art der Bestattung bislang von der bandkeramischen Kultur nicht bekannt war. Wer den Film oder den verlinkten Artikel angesehen hat, dürfte mehrfach auf die starke Unterscheidung zwischen den „normalen“ Bandkeramikern (wie in Bild 7) und den Toten in den Gruben gestoßen sein. Dr. Gramsch hat mir dazu geschrieben, daß man im Falle der Gruben überhaupt nicht von Bestattungen spricht: „das Wort passt nicht zu dem, was wir hier vorfinden – es ist wirklich nur der materielle Rest eines komplexen Rituals, eine Entsorgung dessen, was bei dieser (in unseren Augen) 'zerstörerischen' Umwandlung von Mensch und Material übrig blieb.“
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