Bilder vom Untergrombacher Michaelsberg gab es schon im letzten Jahr in meinem Blog. Damals stammten die Aufnahmen vom Junianfang 2011, also kurz nachdem die Jungsteinzeit-Ausstellung in Karlsruhe am 15. Mai zuende ging. Der komplette Titel der Ausstellung war „Jungsteinzeit im Umbruch. Die 'Michelsberger Kultur' und Mitteleuropa vor 6000 Jahren“, und der Michaelsberg mit seinem jungsteinzeitlichen Erdwerk war namensgebend für diese Michelsberger Kultur.
Die jetzt zu sehenden Bilder sind von Mitte September diesen Jahres. Das erste Bild zeigt die Kuppe des Michaelsbergs, wie man ihn bei der Anfahrt mit dem Auto von Osten aus sieht. Es ist ein aus zwei Fotografien erstelltes Panorama. Bild 2 ist aus drei Fotografien gemacht und zeigt die Kuppe von Süden. Man sieht wie das Gelände nach links in das westlich liegende Rheintal abkippt. Der Blick nach hinten ergibt bei dieser Aufnahmeposition das Bild 3. Man befindet sich hier nach einer über das Gelände gelegten geomagnetischen Messung im Inneren des Erdwerks. Das kann man sich bei der Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg genauer ansehen. Die Aufnahmeposition von Bild 2 und 3 befindet sich auf der Karte am Ende des kurzen, nach Norden von der Straße wegführenden Wegs rechts von der an der Straße anliegenden „104“.
Das Innere des Erdwerks soll besiedelt gewesen sein, das ist wohl in den Messungen anhand der Siedlungsgruben zu sehen. Die Besiedlung hätte sich dann in Bild 2 bis in die nicht sichtbaren Bereiche rechts und rechts hinten hingezogen. Der Verlauf des Rheins soll seinerzeit nahe beim Michaelsberg gelegen haben. In einer Welt mit nur wenig in Erscheinung tretenden menschlichen Bauten muß diese riesige Anlage von unten einen gewaltigen Eindruck gemacht haben. Dazu hätte man noch als besonderes Feature die Lage auf der Ostseite des Rheintales. Wer es als Besucher mit dem Einbaum am Tagesende noch hierher geschafft hat, konnte die Anlage vom dunklen Rheintal aus oben in der Abendsonne strahlen sehen.
Das schon im letztjährigen Blog-Eintrag vorgestellte Grundstück mit der Infotafel und dem Kuppelbackofen (der Kuppelbackofen ist auch im verlinkten Wikipedia-Artikel zu sehen) läge nach den über die Karte gelegten geomagnetischen Messungen ebenfalls innerhalb der Umfassungsgräben. Letztes Jahr bin ich irgendwie in der über ein Luftbild gelegten Messung im Ausstellungskatalog verrutscht und habe gedacht, das Grundstück liegt zwischen zwei Gräben. Auf den letztjährigen Fotos ist noch das Karlsruher Ausstellungsplakat vor der Infotafel zu sehen, das ist mittlerweile weg und die Infotafel (letztes Bild) leider dem Vandalismus zum Opfer gefallen. Diese Vandalen haben mehrere Tafeln in dem Gebiet beschädigt, wie uns im September ein einheimischer Spaziergänger erzählte. In Rundwegnähe um die Kuppe soll es letztes Jahr eine Ausgrabung gegeben haben - die veraltete Seite der Landesdenkmalpflege erwähnt eine „kleinen, für Sommer 2010 geplanten Ausgrabungskampagne“. Schließlich hat uns der einheimische Spaziergänger noch die ausgestellten Repliken in der Gaststube bei der Kapelle empfohlen. Das habe ich letztes Jahr nicht erwähnt. Ich/wir haben es bislang wegen zu früh oder an Ruhetagen nie geschafft die Repliken zu sehen.
Von dem Gelände mit Infotafel auf der einen und dem Kuppelbackofen-Nachbau und Gärtchen auf der anderen Seite hatte ich letztes Jahr gedacht, daß es vielleicht von der Gemeinde für diesen Zweck gekauft oder gepachtet wurde. Den Steinkreis konnte ich mir weniger erklären, und die Steinkreis-Meditationen hätte ich Untermietern zugeordnet. Dieses Jahr war, wie auf den Bildern zu sehen ist, auf dem Gelände ein Tor mit Zaun und ein Erzengel Michael aus Holz mit Steinkegel/Steinmännchen hinzugekommen. Zur Entstehung und Aufstellung des Erzengels Michael gab es vor Ort reichlich Bilder und Informationen (einige davon sind hier zu sehen: „Ein Engel für den Michaelsberg“) und es fand sich auch ein Blatt mit dem Hinweis, daß man sich auf dem Gelände der Familie Rapp befindet und man herzlich eingeladen sei, im Steinkreis einen Moment zu verweilen.
Kurz, das mit der Untermiete ist genau anders herum. Wie auf meine Nachfrage Anja Koch-Rapp vom Steingeflüster geschrieben hat, ist das Michaelsberg-Grundstück seit langer Zeit in Familienbesitz. Die Eltern ihres Mannes bewirtschafteten zeitweise neben der Landwirtschaft auch die Gaststube auf dem Michaelsberg und verrichteten den Dienst in der Michaelskapelle. Ihr Mann wuchs auf dem Berg auf und hat bis heute eine sehr innige Verbindung dorthin. Auf seine Initiative gehen Kuppelbackofen, Gärtchen und Infotafel zurück. Der Naturzaun wäre auch in diesem Jungsteinzeit-Kontext zu sehen. „Diese Michelsbergerkultur will sich natürlich auf dem Berg auch zeigen dürfen“ wie es Anja Koch-Rapp formuliert hat. Der Kuppelbackofen ist bis heute funktionsfähig und es gibt einmal im Jahr eine Holzbrotback-Aktion. Das mit Haselnusszweigen eingezäunte Gärtchen wurde viele Jahre der Grundschule Untergrombach zur Verfügung gestellt und die Schüler bepflanzten es mit altem Getreide wie Emmer und Einkorn. Das Projekt liegt leider seit zwei Jahren brach, so daß ihr Mann eine Wildblumenmischung einsäte.
Nach dem Katalog zur Jungsteinzeitausstellung wurde am Michaelsberg ein latènezeitlicher Quergraben gefunden, also die Kelten waren hier sicher aktiv. Das Stadwiki Karlsruhe spekuliert über eine germanische Kultstätte und führt mehrere Gründe dafür an, u.a. die Benennung nach dem heiligen Michael, dem Bezwinger Luzifers. Folgt man dieser Interpretation, drückt sich durch die Widmung ein starker Gegensatz zu den alten Religionen aus. Das Anliegen der Familie ist es hingegen, „dieses Besondere des Berges zu bewahren und es ein Stück weit erfahrbar werden zu lassen, indem sich alle Facetten zeigen dürfen: Jungsteinzeit, Religionen, Engel, Spiritualität - und zwar für jeden so, wie er es auf seine Art erfahren kann und möchte.“
Das drückt sich auch darin aus, daß die Eiche, aus der der Erzengel Michael von dem Künstler Guntram Prochaska gesägt wurde, eine Sturmeiche ist. Die also nicht gefällt wurde, sondern „sich selbst für uns gelegt hat“. Anja Koch-Rapp erwähnt in diesem Zusammenhang die besondere Stellung von Eichen bei Kelten und Germanen und die Donareiche, die im Zuge der Christianisierung von Bonifazius gefällt wurde.
Gemeinsam mit ihrem Mann baute Anja Koch-Rapp vor zwei Jahren den Steinkreis, in dem sie regelmäßige Meditationstreffen veranstaltet. Den Steinkegel bzw. das Steinmännchen gibt es seit diesem Sommer. Es markiert einen besonderen Standort und ist laut Anja Koch-Rapp für viele Besucher auch eine Energiepyramide oder ein Energiepunkt. Sie erinnert daran, daß es Steinmännchen und Steinkreise schon in der Jungsteinzeit gegeben hat. Ja, von Menschen geformte Steine in einem Kreis aufstellen konnte man sogar schon viel früher, siehe Göbekli Tepe, und Steinmännchen dürften wegen ihrer einfacheren Erstellbarkeit noch viel älter sein.
Das damalige Repertoire war sicher noch wesentlich reichhaltiger, siehe der folgende Hinweis auf eine geplante Ausstellung in Tübingen. „Aus frühneolithischer Zeit von etwa 5700 v.Chr.“ wäre etwa 200 Jahre vor dem in der Wikipedia angegebenen Ende der Michelsberger Kultur. Der Fundort liegt nicht im Bereich der Michelsberger Kultur, das steinzeitliche Repertoire wird also damals schon unterschiedlich verstanden worden sein. Zudem wird, wie die verlinkte Fakultätswebsite angibt, die Authentizität der Funde angezweifelt. Im Katalog zur Karlsruher Jungsteinzeit-Ausstellung sieht es insofern ähnlich unsicher aus, als die Michelsberger Kultur zwar aufgrund der Funde als ziemlich besonders gilt, aber es zu vielen Aspekten dieser Kultur unterschiedlichste Interpretationen gibt. Vielleicht rafft sich jemand aus Anja Koch-Rapps Steinkreismeditionen auf und gibt uns in einem Jungsteinzeit-Roman ein schlüssiges Bild von den damaligen Verhältnissen!
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