Samstag, 6. September 2025

Die keltische Mehrfachschanze im Loh bei Oberhaching-Deisenhofen

Letztes Jahr hatte ich mich im Blog am Hachinger Bach entlang von Perlach bis zum Oberhachinger Kyberg oberhalb der Bachquelle bewegt. Ab dort sollten die weiteren Einträge dieser Serie etwas "aufpilzen". Ich folgte dabei den neuen geschichtlichen Informationstafeln von Oberhaching, deren durchnummerierte Standorte man sich auf einer Karte auf der Oberhachinger Website „Kelten, Römer, Bajuwaren“ ansehen kann.

Der Kyberg, dort mit der Nummer 2, wäre in dem von mir verwendeten Bild noch am Pilzstiel. Vom Pilzhut haben es die Nummern 4 (die Römerstraßenrampe aus dem Gleißental), 5 (die Keltenschanze im Laufzorner Holz) und 6 (der Steinbruch im Gleißental) schon in den Blog geschafft. Nummer 1 (die Mehrfachschanze im Lanzenhaarer Feld) und 3 (die Mehrfachschanze „Im Loh“) sollen nun folgen.

Mehrfachschanze im Loh bei Oberhaching Deisenhofen

Zunächst möge man am besten einen Blick auf das Schummerungsbild/Geländerelief der Mehrfachschanze im Loh werfen. Es fällt auf, daß die innerste Schanze auf zwei Seiten das Gelände am Gleißental als zusätzlichen Schutz verwendet. Vergrößert man den angezeigten Bereich bis zu den Nachbarschanzen im Nordosten, Westen und Südwesten, dann sieht man, daß diese Schanzen auf die Anlehnung an das Gleißental verzichten. Die innerste Schanze der Mehrfachschanze im Loh ähnelt durch das Nutzen der Schutzfunktion dem mehrere hundert Jahre älteren Herrenhof auf dem Kyberg, der ebenfalls so eine Schutzfunktion ausnutzt. Vielleicht hatte die Lage des innersten Teils der Mehrfachschanze auch einen auf das Hachinger Tal gerichteten logistischen Aspekt. Als die Römerstraße quer zu dieser Richtung durch das Gleißental und durch die Schanze gelegt wurde, soll die Mehrfachschanze nicht mehr genutzt worden sein. Aber es kann ja keltische Vorläufer der Ost-West-Verbindung gegeben haben.

Informationstafel der Mehrfachschanze im Loh bei Oberhaching-Deisenhofen

Das Gleißental ist ein Trockental und ihm entspricht tatsächlich ein Geländeeinschnitt. Das Hachinger Tal hingegen ist nördlich des Kybergs ziemlich flach. Das Gebiet oberhalb des Gleißentals ist auf beiden Seiten ebenfalls ziemlich flach. Insofern sehe ich in Richtung Süden keinen Vorteil in der Nutzung des Gleißentals als Verkehrsweg. Aber vielleicht wurde das Gleißental schon in der Keltenzeit lieber als der Hachinger Bach gequert, weil keine Überschwemmungen und Versumpfungen drohten. Jedenfalls mag diese Mehrfachschanze vielleicht zusammen mit einer möglichen Sammelfunktion des Verkehrs aus dem Norden durch das Hachinger Tal und einer Weiterführung nach Süden oberhalb des Gleißentals wie heute auf der Straße nach Oberbiberg bessere Chancen für einen Kreuzungspunkt gehabt haben als die Keltenschanze im Laufzorner Holz, bei der immer meine Erwähnungen der Fernverbindungen reingerutscht sind.

Der Herrenhof auf dem Kyberg entstand in der Hallstattzeit, die als Kelten- oder Viereckschanzen bezeichneten Erdwälle hunderte Jahre später in der Latènezeit. Auf den Kyberg-Informationstafeln wird der Verteidigungsaspekt des Herrenhofs stärker herausgearbeitet. Verglichen dazu muten die drei in einer ebenen Umgebung liegenden Nachbarschanzen der Mehrfachschanze im Loh schon ziemlich pazifistisch an, als ob man keine größeren Angriffe erwartet hat. In der Latènezeit gab es große übergeordnete Zentren, die Oppida, vielleicht wirkten die einerseits beruhigend gegen größere Auseinandersetzungen zwischen den Keltenschanzenbesitzern und boten anderseits in ungünstigen Kriegszeiten eine Zufluchtsmöglichkeit für die Keltenschanzenbevölkerung.

Vor drei Wochen ging das Bild eines kleinen Keltenkriegers aus Bronze durch die Medien. Man hatte auf dem Gebiet des keltischen Oppidums von Manching wieder mehrere Jahre gegraben und Ergebnisse veröffentlicht. Aktuell wurde auch eine Dissertationsschrift „Das Umland von Manching“ von Michèle Eller als Band 22 der Reihe „Die Ausgrabungen in Manching“ vorgestellt, vielleicht kann man dort mehr über die Wechselwirkung zwischen Oppidum und umgebenden Keltenschanzen erfahren.

Das vitale Oppidum von Manching gab es aber schon einige Zeit vor der Ankunft der römischen Soldaten nicht mehr. Der Niedergang muß auch die Keltenschanzenwelt betroffen haben, wobei es anderseits aber auch Hinweise auf noch vorhandene funktionierende keltische Strukturen gibt. Die römische Karriere des Claudius Paternus Clementianus mit keltischen Vorfahren aus dem Bereich des heutigen Epfach wird mit solchen weiterwirkenden Strukturen erklärt.

Über die Mehrfachschanze im Loh scheint man nach der Informationstafel zu wissen, daß sie in der römischen Zeit nicht mehr genutzt wurde. Man kann aber nichts über eine Abfolge oder Gleichzeitigkeit gegenüber der sehr nahen Mehrfachschanze im Lanzenhaarer Feld sagen. Eine Abfolge zwischen den Mehrfachschanzen wäre auch deshalb interessant, weil zwischen den sonst seltenen Mehrfachschanzen normalerweise große Abstände bestehen und man deshalb über eine besondere Funktion dieser Mehrfachschanzen spekuliert hat.

Auf mich wirkt die Mehrfachschanze im Loh ziemlich gewachsen, als ob man mit einer normalen Keltenschanze angefangen und danach eine Vorschanze und dann die Umwallung eines wesentlich größeren Gebiets angelegt hätte. Sieht man sich dagegen die Mehrfachschanze im Lanzenhaarer Feld im Video auf der Website der Firma Artron an, sieht sie für mich wie ein am Reißbrett entworfener Neubau aus.

Es gibt also mehrere Gründe die Mehrfachschanze im Loh sehr interessant zu finden. Trotzdem habe ich sie trotz ihrer Nähe nicht zu meinem obigen Einsteigerpaket mit den Nummern 4-6 dazugepackt. Hintergrund sind zwei wegen starkem Bewuchs abgebrochene Begehungsversuche der inneren Schanzen in meiner Vorblogzeit und zwischenzeitlich habe ich nur wenig von anderen über die Schanze gesehen. Der Keltenfan, den ich letztes Jahr in der Schanze im Laufzorner Forst getroffen habe, schien auch nicht sehr angetan von ihr gewesen zu sein. Ich wollte zwar letztes Jahr wieder versuchen einen Blick in die inneren Schanzen zu werfen, hatte aber die Nässe von oben und unten nicht auf der Rechnung und den Restschnee erst im Wald auf der östlichen Isarseite gesehen. Ich habe mich deshalb schon auf der Anfahrt mit mir geeinigt nur die gut erreichbare Informationstafel in der äußeren Schanze an der Straße nach Oberbiberg zu fotografieren und dann zur Mehrfachschanze im Lanzenhaarer Feld weiterzuradeln.

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