Sonntag, 18. Februar 2018

„Archäologische Fundstücke kehren an ihren Ursprungsort zurück“

Wie aus „More Doors (für Rimmelsbach)“ hervorgeht, bin ich weitgehend oberhalb des Rheintals aufgewachsen. Unten führte eine von Baden-Baden/Aquae kommende Römerstraße vorbei, die aber erst nördlich unseres Gebietes bei Ettlingen in Richtung Osten nach Pforzheim/Portus abzweigte. Ab diesem uralten Durchgangsgebiet wird es wieder interessant. In unserem Höhengebiet südlich davon kenne ich leider überhaupt keine römischen Bauten und Straßen.

Ich weiß nur vom Fund eines Viergöttersteins beim Neubau der Schöllbronner Kirche, und der gilt als Verschleppungsfund. Also irgendjemand hat den Viergötterstein für einen Vorgängerbau nach Schöllbronn verschleppt, und der Stein wurde vor über 100 Jahren gefunden und leider irgendwie abgegeben. Wäre er im Dorf geblieben, hätte man ihn in eine Säule im Schulhaus einmauern und viele Schülergenerationen mit eigenen Händen die römische Vergangenheit der Gegend begreifen können.

Schöllbronner Kirche im Schnee

Ich weiß nicht, wie die rechtliche Lage seinerzeit war. Der Kirchenbau wurde von den Schöllbronnern finanziert, also möglicherweise gehörte auch schon die alte Kirche und mithin auch dieser Stein der Schöllbronner Kirchengemeinde. Wenn man den Stein „einfach so“ abgegeben hat, weil man glaubte andere können damit mehr anfangen, dann war dieser Gedanke ganz sicher falsch. Denn heute wird der Stein nicht über irgendwelche teuer bezahlten baden-württembergischen Institutionen in Erinnerung gehalten, sondern über die Website des örtlichen Musikverein („Schöllbronn und seine Geschichte“) sowie das österreichische Projekt Ubi Erat Lupa.

Ubi Erat Lupa informiert übrigens auch über den im obigen Ettlingen-Eintrag erwähnten Neptunstein. Das ist schon wesentlich brisanter. Dieser Stein ist kein Verschleppungsfund, sondern hat stadtgeschichtliche Bedeutung, und seine Kopie ist im Rathaus eingemauert. Wenigstens haben die Österreicher - vielleicht aus „wissenschaftlicher Kollegialität“ - von baden-württembergischen Stellen Informationen und kleine Fotos fürs Einstellen in das Internet bekommen.

Turmfalken auf dem Turm der Schöllbronner Kirche

Ich bin die Tage auf der Website des schon 2015 gestarteten Projekts 23+ gelandet. Ich glaube ich habe mal zeitlich passender Hinweise auf das Projekt gesehen, aber erst jetzt durchgeklickt. Die sehr informativen Texte mögen die Website auch für dem Bodensee ferner Wohnende ganz interessant machen. Leute aus dem Anliegerbereich des Bodensees müssen da mal reinsehen. Der Gedanke hinter dem Projekt passt sehr gut zu meinen über den Viergötterstein: „Die Funde aus mehrhundertjähriger Forschungstätigkeit lagern heute weitab vom Bodensee in den Museen von Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg, Mainz und weiteren Orten und sind der regionalen Bevölkerung kaum zugänglich. Um die Identifikation der Menschen mit ihrer Orts- und Stadtgeschichte zu steigern und den Kontext zu Geländedenkmalen und den originalen Fundorten herzustellen, entstand der Plan, eine Ausstellung zu gestalten.“

„23 Studentinnen und Studenten wurden im Sommersemester 2015 aufgefordert, im Rahmen eines Praxisseminars für Museologie jeweils ein Fundstück mit seiner Geschichte pro Ort vorzustellen.“ Das wurde also von Studentinnen und Studenten gestaltet, die eine aus meiner Sicht fantastische Gelegenheit hatten, etwas für ihr zukünftiges Leben zu lernen. Ich sehe jetzt aber nicht, ob man die Sache weiter gedacht hat. Gibt es Auswertungen über das Interesse der Bevölkerung? Eine Blaupause für das Vorgehen, wenn irgendein Bürgermeister oder Ortsvorsteher mit Viergötterstein im fremden Depot an so einer Ausstellung interessiert ist?

Totenmannstein im Wald nahe Fischweier

In obigem „More Doors (für Rimmelsbach)“ habe ich über römerzeitliche Funde bei Sulzbach an dieser Rheintal-Römertrasse von Baden-Baden in Richtung auf Ettlingen geschrieben. Sulzbach liegt schon sehr nahe an Ettlingen. Dazwischen liegt noch Oberweier und Ettlingenweier, und in Oberweier wurde im letzten Jahr ein mittelalterlicher Münzhort gefunden.

Hiltibold aus Graz verlinkte unter dem Titel „Staat zockt junge Schatzfinder ab“ auf ein SWR-Video über diesen Schatzfund. Emotional bin ich bei ihm. In dem Fall hatten die drei jungen Finder aber wenigstens noch den Vorteil, daß sie namentlich erwähnt wurden. Außerdem verschwinden die Münzen nicht gleich im Depot und nach und nach aus der Erinnerung der Oberweierer, sondern sollen laut dem Video in diesem Jahr in Ettlingen eine kleine Ausstellung bekommen.

Ein kleiner Nachtrag für diejenigen die in „Schöllbronn und seine Geschichte“ die in der Nähe des Totenmannsteines vorbeiführende Römerstraße entdeckt haben. Da wird auf ein Wegstück Bezug genommen, das bei Fischweier in etwa da hin führt, wo sich heute am Ausgang des Moosalbtals in das Albtal eine Fußgängerbrücke über die Moosalb befindet. Alternativ gibt es den Gedanken, daß dieser Weg in späterer Zeit die Dörfer mit dem Kloster Frauenalb verband. In Ermangelung römischer Ziele halte ich das für plausibler. Hier fehlt ein öffentlich zugängliches Informationssystem ähnlich dem bayerischen Denkmal-Atlas, mit dem man sich über die offizielle Sichtweise kundig machen könnte.

Das erste Bild zeigt die Schöllbronner Kirche. Passend zur aktuellen Jahreszeit im Schnee. Mit in einem Spätsommer freihändig herangezoomten Turmfalken als Bonus-Foto. Das dritte Bild zeigt die Replik des erwähnten Totenmannstein im Wald nah der Moosalbbrücke hinüber nach Fischweier. Das Orginal soll nur knapp 450 Jahre alt sein, aber das könnte man dann trotzdem mal zusammen mit dem Viergötterstein in Schöllbronn ausstellen. Das vierte Bild habe ich vom Mahlbergturm aus aufgenommen. Es zeigt die angesprochene Höhenlage mit ehemaligen selbständigen Dörfern auf Rodungsinseln. Links davon ist das Rheintal, rechts ist die Vertiefung des Moosalbtals erkennbar und gut zu sehen, wie das Gelände in Richtung des Moosalbtals abkippt.