Sonntag, 20. April 2014

„Der Trojanische Krieg“ von Barry Strauss

Im folgenden soll es um das 2008 im Theiss-Verlag erschienene Buch „Der Trojanische Krieg. Mythos und Wahrheit“ von Barry Strauss gehen. Übersetzerin des Buches ist Karin Schuler. Die Orginalausgabe ist 2006 unter dem Titel „The Trojan War. A New History“ erschienen.

Zum Stichwort Troja werden einem vielleicht am ehesten die Werke Homers und die Ausgrabungen von Heinrich Schliemann einfallen. Obwohl Schliemann seine Ausgrabungen schon vor über 140 Jahren begonnen hatte und er seinerzeit seinen Ausgrabungsort weltweit bekannt machen konnte, ist die Verknüpfung von Ort und Mythos immer noch umstritten. Und selbst wenn das zum Mythos passende bronzezeitliche Troja gefunden wurde, dann bleibt immer noch die Frage, ob reale Geschehnisse die Vorlage für den Mythos bildeten.

Barry Strauss glaubt an Schliemanns Troja und die Verbindung von Mythos und historischen Ereignissen und und beruft sich dabei auf Manfred Korfmanns „Die Arbeiten in Troia/Wilusa 2003“ und auf die Argumente von Joachim Latacz in „Troia und Homer“. Die Ausgrabungen seit 1988 hätten ergeben, daß sich hier in der Bronzezeit eine reiche und 27 Hektar große Stadt befand. Barry Strauss vermutet, daß eine Zerstörung Trojas in der Zeit zwischen 1210 und 1180 v.Chr. Homer als Vorlage gedient haben könnte. Er führt die Zweifel der Skeptiker an, nach denen verglichen mit anderen geplünderten antiken Städten nur wenige Waffen gefunden wurden. Stellt dem aber gegenüber, daß dieses Troja keine ungestörte archäologische Stätte ist. Es sei schon in der Antike eine Touristenattraktion erster Güte gewesen, in der für VIP-Touristen wie Alexander der Große und Kaiser Augustus der Boden nach Souvenirs durchwühlt wurde.

Bei der „Wahrheit“, die uns Barry Strauss über den Trojanischen Krieg vermitteln will, geht es aber nicht so sehr darum, ob hier der Krieg wirklich in der beschriebenen Form stattgefunden hat. Es könnte so gewesen sein, und Barry Strauss wird auch im weiteren Verlauf seines Buches von dieser Örtlichkeit ausgehen. Aber bei der „Wahrheit“ handelt es sich mehr darum, den Erzählungen über den Trojanischen Krieg die bronzezeitlichen Verhältnisse gegenüberzustellen. Anders gesagt, man könnte das Buch auch als ein Buch über die Bronzezeit lesen, in dem die einzelnen Etappen des Trojanischen Kriegs den roten Faden bilden.

Hilfreich für dieses Vorgehen ist, daß laut Barry Strauss Homer offenbar mehr über die Bronzezeit wußte, als man je angenommen habe. Homer habe in vielfältiger Weise Bronzezeitliches in seinem Werk widergespiegelt - sei es die beschriebene Bewaffnung, die Art der Kriegsführung, die Organisation der Armeen, der Einbezug der Götter, sogar die Erzählweise. Barry nennt als Beispiel, wie Homer seine Helden wie eine Art Superman Schneisen in die Reihen der Gegner schlagen lässt. Wie Pharaonen, die in ägyptischen Texten ebenfalls auf diese Weise als Superhelden dargestellt wurden. Barry meint, je stärker Homer übertreibt, desto mehr wäre er als Repräsentant der Bronzezeit authentisch. Selbst der bronzezeitliche Glaube an göttliche Erscheinungen auf dem Schlachtfeld oder die Überzeugung, daß Seuchen von verletzten Gottheiten entfesselt werden, sei durch Quellen belegt.

Manchmal wirkt die Suche von Barry Strauss nach bronzezeitlichen Plausibilitäten überzogen. Etwa wenn er über die Motivation Helenas spekuliert, sich zusammen mit dem Staatsschatz von Paris nach Troja entführen zu lassen. Anderseits kann Barry Strauss so sein Wissen über die Stellung der Frau im bronzezeitlichen Griechenland und in Anatolien vermitteln. Und über die Stellung des Ehemannes nach so einem Affront. Was wäre aus dem beschädigten Menelaos geworden, wenn sich die Griechen/Mykener nicht zu einem großen Kriegszug zusammengefunden hätten? Ich glaube nicht daran, daß - in dem Fall von Paris - bei so wichtigen Entscheidungen so riskant über die Bande gespielt wurde. Aber vermutlich gibt es auch hier den größeren Nutzen, daß man den starken Personenbezug und die Rolle von Familienclans nahegebracht bekommt.

Insgesamt stehen die Darstellungen zum Trojanischen Krieg immer unter dem Vorbehalt des „es könnte so gewesen sein“. Das wird noch einmal im Anhang von Strauss deutlich gemacht, in dem er seine geschichtlichen Quellen zur Bronzezeit zusammenfasst. Aber selbst wenn man tatsächlich starke Abstriche machen muß, dürfte das umfangreich zur Verfügung stehende archäologische Hintergrundmaterial das Buch trotzdem tragen. Ich habe mich an Bücher wie „Rom für 5 Denar am Tag. Ein Reiseführer in die Antike“ oder „Legionär in der römischen Armee. Der ultimative Karriereführer“ erinnert gefühlt, in denen versucht wurde über solche Themenstellungen Wissen zusammenhängend weiterzugeben. Und im Falle Bronzezeit, Mykener, westliche Vasallenstaaten der Hethiter hat sich einiges angesammelt, was man auf diese Art und Weise weitergeben kann.

Zum letztgenannten Themenfeld gibt es natürlich auch unabhängig vom Mythos Troja immer neue Beiträge. Ein Beispiel wären die „Überlegungen zum Untergang der mykenischen Palastzivilisation“ von Tassilo Schmitt und die „Bemerkungen zur Identifizierung der Ahhijawa“ von Klaus Tausend in „Von der bronzezeitlichen Geschichte zur modernen Antikenrezeption“ (via dem Link zum Feld „URL“ kommt man an die pdf-Datei). Und zu Troja wird fortlaufend weiter geforscht, siehe das Interview mit Ernst Pernicka bei Bild der Wissenschaft. Ohne groß weiter gesucht zu haben, wird schon manches von Barry Straus durch Tassilo Schmitt und durch im Netz verfügbare Interviews mit Ernst Pernicka relativiert. Ich bedaure trotzdem nicht, das Buch von Barry Strauss gelesen zu haben. Es war recht interessant und kurzweilig. Mir war mit dem Buch sogar einmal egal, daß ich auf einer Bahnfahrt wegen eines Wagenschadens eine Stunde Verspätung hatte.

Manches mag aber grenzwertig sein. Wenn man für das Buch deutlich mehr als die knapp über 200 Seiten aufwenden müßte, dann würde man das starke „könnte sein“ vielleicht nicht mehr in diesem Maße akzeptieren. Bei Barry Strauss wäre es schön, wenn er stärker an dem Gebiet drangeblieben wäre - auf seiner Website ist der letzte Eintrag zur „Category Troy“ vom Oktober 2009. Er hätte auf aktuelle Erkenntnisse eingehen und damit zu einem Anlaufpunkt für das Thema werden können.

Manchmal bietet es sich an, sich an Webprojekte anzuhängen, etwa im Fall des oben genannten Rom-Führers wären das vielleicht passende Visiualisierungsprojekte in der Art Rome Reborn. Wenn das Webprojekt fachlich gut gemacht ist und die neuen Erkenntnisse fortlaufend eingepflegt würden, könnte man so manche Aufgaben von der Bereitstellung bis zur Aktualisierung delegieren. Zumindest ein bisschen. Vermutlich werden offline befindliche Buchkäufer immer noch ein paar Skizzen erwarten. Und in der Zukunft könnte man sich statt dem realen Buch erfolgreiche Visualisierungen mit Softwareschnittstelle vorstellen, auf der man einen virtuellen Reiseführer aufsetzen kann, der dann nicht einmal mehr an ein eBook erinnert.

Die fachliche Betreuung so eines fortwährend aktualisierten und bekannten Anlaufpunktes im Internet könnte vielleicht für die Reputation der betreuenden Institutionen und für das Einwerben von Sponsorengeldern gut sein?? Also wenn Hollywood ruft, dann haben die Macher von Rome Reborn das meiste Wissen wie Rom so in etwa ausgesehen hat? Interessanterweise zeigt die Homepage des Tübinger Troia-Projekts für so einen Anlaufpunkt sehr gute Ansätze. Wenn man für ihre Sichtbarkeit sorgen konnte, dann war sie vielleicht vor 10 Jahren zum Thema Troja im Netz wirklich von Bedeutung. Irgendwie muß dann der Schwung verloren gegangen sein.

Freitag, 4. April 2014

Grabhügelsuche in der Allacher Lohe

Vor zwei Wochen war ich in Allach. Allach liegt im Nordwesten von München und ist Teil des Münchner Stadtbezirks Allach-Untermenzing. Nach der Wikipedia wurde Allach „erstmals urkundlich am 30. März 774 als Ahaloh erwähnt. Der Name bedeutet Wald am Wasser, da 'aha' = Wasser und 'loh' = Wald bedeutet. 'Loh' wurde im Laufe der Zeit zu '-lach' abgeschliffen.“

St. Peter und Paul Allach

Mit dem Wasser meinte man wohl damals die durch Allach fließende Würm. Zum übrig gebliebenen Wald wollte ich auf Empfehlung des BayernViewer-denkmal weiter, um nach den Grabhügeln mit der Denkmalnummer D-1-7734-0102 zu sehen.

Aus dem Großraum München ist die kleine Tour in den Grabhügelwald bequem via dem S-Bahnhof Karlsfeld nachvollziehbar. Wenn man die Allacher Kirche St. Peter und Paul und den Blick auf die Würm mitnehmen will, dann geht das gut über den S-Bahnhof Allach. Von da kommt man mit dem Bus bis nahe an die Würm und die Kirche mit Friedhof (Denkmalnummer D-1-7734-0132 und D-1-7734-0132). Bei St. Peter und Paul geht es dann gleich via der Pasteurstraße weiter in Richtung Wald und in Karlsfeld kann man wieder in die S-Bahn einsteigen.

Ich nehme es vorweg: meine Grabhügelergebnisse waren jetzt nicht so der Knaller. Die wesentlich interessanteren Inhalte zu Allach habe ich bei meiner Allacher-Lohe-Bildersuche im Vorfeld gefunden (den Blog „Nerd In Deutschland. Kristen spends a year in Germany“) bzw. sind kurz vor meiner Tour an mir vorbeigetwittert (der Link auf auf den Ende Februar bei Archäologie Online eingestellten Artikel „Die Plejaden in Gold auf einem keltischen Schwert“ von Dr. Dr. Peter Kurzmann).

Den Blog von Kristen empfehle ich ausgiebig zu durchforsten. Die Fotos ihrer Allacher Exkursion finden sich mit anderen Bildern in „I go and find things: grave mounds, Celtic stuff, castle ruins, empty fields“. Im Artikel von Dr. Dr. Peter Kurzmann geht es um ein schon 1891 „in der Nähe des Bahnhofs Allach an der Bahnlinie München-Ingolstadt in einem nach Dannheimer offenbar früh- bis frühmittellatènezeitlichen Grab“ gefundenes Schwert. Mit diesem Grab könnte vielleicht ein „Grabhügel vorgeschichtlicher Zeitstellung, daraus Funde der Bronzezeit, der frühen Latènezeit und der römischen Kaiserzeit.“ Denkmalnummer D-1-7834-0102 direkt beim heutigen S-Bahnhof Allach gemeint sein. Durch dieses Grabhügelfeld fahren heutzutage werktäglich Tausende mit der S-Bahn.

Noch zu meiner Tour: ich habe im Anschluß an einen Termin in Allach meinen Stadtplan für die Grabhügelsuche weiterverwendet. In dem war anstatt der roten Fläche im BayernViewer-denkmal der Text „Grabhügel“ gestanden. Ich tippe jetzt schon auf ein Gräberfeld mit verflachten Gräbern, an denen ich zumindest vorbeigekommen bin. Das konkrete Problem waren die unsicheren Orientierungsmarken. Manchmal gibt es solche Marken und wenig Auswahl bei den Wegen und dann kommt man auch auf so eine sparsame Weise noch ganz gut hin. Aber in dem Fall passten die eingezeichneten Wege nur zum Teil auf die besser ausgebauten Waldwege vor Ort. Beim anderen Teil hatte man die Auswahl zwischen wenig ausgebauten Waldwegen und zahlreichen gut ausgelaufenen Fußpfaden. Also besser als da immer herumzurätseln ist natürlich richtig schön ausmessen und dann mit GPS mittenrein.