Donnerstag, 29. November 2012

Gemischte Links

Gestern wurde die erste öffentliche Betaversion der Deutschen Digitalen Bibliothek gestartet. Das Ziel der Deutschen Digitalen Bibliothek beschreibt Hermann Parzinger wie folgt: „Ziel der DDB ist es, jedermann über das Internet freien Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Deutschlands zu eröffnen, also zu Millionen von Büchern, Archivalien, Denkmälern, Bildern, Skulpturen, Musikstücken und anderen Tondokumenten, Filmen und Noten“.

Bezüglich unserem direkten Nutzen fiel in ersten Kommentaren das Stichwort Meta-Suchmaschine. Anders gesagt: man muß jetzt nicht mehr einzelne Quellen abklappern und dort suchen. Ich wollte beispielweise einmal alle Anbieter zusammenstellen, bei denen ich pdfs von frei zugänglichen universitären Arbeiten gefunden habe. Man kann jetzt hoffen, daß die DDB als „zentraler Anlaufpunkt“ dieses und noch viel mehr abdeckt.

Ein weiteres Zitat: „Schon bald werden Nutzerinnen und Nutzer anhand semantischer Bezüge zwischen gefundenen Objekten navigieren und dadurch auch unerwartete Inhalte und Zusammenhänge erschließen können.“ Das wäre schon super. Archäologische Ausstellungen geben ja bestenfalls den aktuellen wissenschaftlichen Stand wieder. Es gibt keine Nachträge. Bspw. würde man sich wünschen, daß zur Jungsteinzeit-Ausstellung in Karlsruhe, in der wegen der Michelsberger Kultur der Untergrombacher Michaelsberg eine zentrale Rolle spielt, auch Informationen über die Ergebnisse der in meinem Blog-Eintrag über den Untergrombacher Michaelsberg erwähnten Ausgrabung recherchierbar sind, die zeitgleich und/oder etwas später als die Ausstellung dort stattgefunden hat.

Übrigens kann man beobachten, daß es selbst dann keine Nachträge zu Ausstellungen gibt, wenn der spätere wissenschaftliche Text aus dem selben Haus kommt und ein Hinweis über die eigens eingerichtete Ausstellungswebsite einfach möglich wäre. Das scheint einfach nicht vorgesehen zu sein. Mittels der „semantischen Bezüge“ könnte die DDB vielleicht stellvertretend dieses Defizit beseitigen, in dem man dort via einem Ausstellungstitel nach Verweisen auf später entstandene freie pdfs suchen kann. Wenn so etwas funktionieren würde, dann könnte man diese Abfrage sogar auf der Ausstellungswebseite einbauen und die automatisch aktualisieren. Ich habe ein paar Ausstellungstitel ausprobiert und in der DDB nicht mal den Verweis auf den Ausstellungskatalog gefunden. Liegt das an Beta oder daran, daß zur Ausstellung kein Digitalisat vorliegt? Es wäre für die semantische Bezüge schlecht, wenn es an letzterem liegen würde. Da hätte man ja dauerhaft sehr relevante Unterbrechungen der Bezugsketten.

Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist immer noch auf dem Weg. Der Gesetzentwurf, der heute Nacht im Bundestag behandelt werden soll, ist zwar gegenüber dem seinerzeit verlinkten geändert worden, mehr Freunde hat er aber dennoch nicht gefunden, siehe hier der Beitrag in bei heise.de. Ganz überraschend kam jetzt aus der CSU-Ecke Neues zum Depublizieren: „Das 'Depublizieren' widerspricht unserem modernen Medienverständnis“ (pdf). Der Text klingt nach soviel gesundem Menschenverstand, daß eine schnelle Konsequenz so in der Art „einfach nicht mehr depublizieren“ überhaupt nicht denkbar ist. Vielleicht löscht man als Kompromiß nach langen Debatten manche Sachen erst nach 8 statt 7 Tagen. Oder abgenickte Politikerpotraits kriegen ein garantiertes ewiges Leben. Oder oder. Jedenfalls müssen die Verleger natürlich für das Weniger-Depublizieren eine Entschädigung bekommen, oder nicht? Man hats vermutlich als Politiker auch nicht leicht, wenn man tagtäglich an der Weltgestaltung mitarbeiten muß. Passend dazu wären als Heimwerkergrundausstattung für die Zeit danach vielleicht diese modern stone and flint tools ein nützliches Weihnachtsgeschenk.

Vielleicht geht die Welt aber auch schon vor Weihnachten unter. Das Stuttgarter Linden-Museum traut sich was und eröffnet trotzdem am 21. Dezember die Sonderausstellung „Maya-Code“. Eine nette Sache ist der „Maya-Hieroglyphen-Workshop“ im nächsten März. Das Startdatum der Ausstellung wird vielleicht die eine oder andere Extra-Aufmerksamkeit bringen. Aber letztlich würde ich wegen dem Nervenkitzel darauf tippen, daß eine Ausstellung vor dem 21. mehr Besucher gehabt hätte. Nach dem 21. werden die Mayas schnell wieder aus den Medien verschwinden. Aber vielleicht ist der Start am 21. auch eher „politisch“ bestimmt und soll die ängstlichen Gemüter beruhigen.

Die Mayas nutze ich gleich zur Überleitung auf den kürzlich entdeckten Blog „Vorvorvorgestern“ von Axel Weiß. Wenn auch die verlinkten Kristallschädel wahrscheinlich nicht präkolumbianisch sind, sollte man doch im Blog etwas herumzustöbern. Wer etwa Weltuntergänge mag, der mag vielleicht auch untergegangene Städte, und die findet man im Eintrag „Versunkene Städte – Lost Cities“.

Noch ein Blog, in dem Fall sogar ein ganzes Projekt, das ich bislang noch nicht verlinkt habe. Es geht um die Zeiteninsel, das „Archäologische Freilichtmuseum Marburger Land“. Fünf Zeitstationen vom Mesolithikum bis zur römische Kaiserzeit sollen sich in der zukünftigen Museumsanlage um eine zentrale Insel verteilen. Umfassende und reich bebilderte Informationen gibt es seit 2010 im Blog.

Werner Lang hat in den letzten Wochen fleißig Links in seinen News zusammengetragen. Zur Eröffnung des „Limeseums“ am 12.10.2012 im Römerpark Ruffenhofen findet sich bei ihm ein Link zu einem bislang noch nicht depublizierten Video des Bayerischen Rundfunks. In einem früheren Eintrag hatte ich schon im Limeseum-Zusammenhang über meine Limesring-Entdeckung berichtet. Die von Werner Lang verlinkte Ausgabe des „Nachrichtenblatts der Deutschen Limeskommission“ sollte man sich auch durchsehen, da gibt es u.a. einen Artikel zum Kastell Eining/Abusina. Schließlich noch die Stöberempfehlung für seinen Link auf den „Freundeskreis Römerkanal“ mit ein paar interessanten Exkursionsberichten.

Zu den alten Römern führen auch die letzten Links: In „Rekonstruiert und erprobt: Römische Feldgeschütze am Harzhorn“ bildet eine Schlacht zwischen Römern und Germanen am Harzhorn den Hintergrund für eine Feldgeschützerprobung. „Wirtschaft auf Umwegen: Römische Handelsrouten dank größter archäologischer Datenbank nachvollziehbar“ berichtet von einer Seite des Mainzer Römisch-Germanisches Zentralmuseums, auf der man selbst aktiv werden und sich zu verschiedenen Routen die Transportkosten anzeigen lassen kann. Ich habe es mit Sigillaten von Rheinzabern nach Carnuntum ausprobiert und kann den Schnörkel am Beginn der Strecke überhaupt nicht nachvollziehen. Vielleicht sollte man so eine Software nur mit starker Erklärungskomponente entwerfen.

Schließlich noch eine Website, auf der es um eine Limeswanderung geht: „Zu Fuß von Aalen bis Osterburken. Abenteuer Limes: Zwanzig Freizeitrömer begeben sich auf eine Expedition jenseits des Limes und gehen bis an Ihre Grenzen. Begleiten Sie des Kaisers Tross auf seinem Weg durch das von Feinden besiedelte Land. Mehr darüber erfahren…“ auf der Website Caracallafeldzug. Die Website wird wohl nach und nach mit weiteren Informationen erweitert.

Freitag, 23. November 2012

3D-Druck

Bei „3D-Druck“ holpert es bei mir immer noch etwas im Kopf, weil kein 3D-Objekt bedruckt, sondern eines hergestellt werden soll. Im ersten Video, das ich über 3D-Druck gesehen habe, wurde das Objekt mittels einfarbiger Plastikmasse aufgebaut. 3D-Aufbau trifft es aber auch nicht ausreichend. In einem Fernsehbericht wurde ein Objekt mittels Lasersintern aus einem pulverförmigen Ausgangsstoff erzeugt. Sintern wäre nach der Wikipedia ein „Zusammenbacken“. Beim Lasersintern war das Beispiel ein industrielles Bauteil. So ein Beispiel macht klar, daß auf den 3D-Druck ein gigantischer Markt wartet und deshalb mittlerweile mit allen Tricks versucht wird, brauchbare Teile herzustellen.

Vor zwei Monaten gab Hod Lipson unter dem Titel „Programmable matter: The present and future of 3D printing“ auf der Betascape 2012 einen kurzen, beeindruckenden Überblick, was heute schon möglich ist, und einen ebenso beeindruckenden Ausblick auf die kommende Entwicklung. Eetu Kuneinen hat das Vortragsvideo verlinkt und mit einleitenden Worten versehen. Hod Lipson erwähnt in seinem Vortragteil zum aktuellen Stand auch kurz archäologische Replikate. In der Wikipedia ist derzeit im Artikel zu den 3D-Druckern ein Replikat der Venus vom Hohlefels zu sehen.

3D-Druck ist mittlerweile „für jeden“ möglich. Im Open-Access-Eintrag hatte ich zwei aufeinander aufbauende Artikel in der Computerzeitschrift c't erwähnt, in denen es um das Erstellen und das Aufbereiten von 3D-Scans geht. Die Artikel richteten sich an 3D-Anfänger. Erstellt wurden die Rohscans entweder mit Hardware, die meist schon vorhanden (Digitalkamera) oder günstig erhältlich ist. Ein Video eines 3D-Scans mit Kinect ist hier unter dem Titel „3D-Scan mit ReconstructMe und Kinect“ zu sehen. Einen frei zugänglichen Artikel über das Erstellen von 3D-Modellen aus einer Serie von überlappenden Digitalfotografien gibt es in Technology Review. Im Text wird eine Anthropologin erwähnt, die auf diese Weise 3D-Modelle von frühmenschlichen Knochen erstellt hat (inkl. Videolink). Ich kann nicht beurteilen, wie mächtig die in Technology Review erwähnte Software ist, aber der Tenor im zweiten c't-Artikel ging in Richtung notwendige Aufbereitung der Roh-Scans (Löcher flicken, „ungewollt raue Oberflächen glätten“ etc.). Diese Arbeiten können mit kostenloser Software erledigt werden.

3D-Scans sind für archäologische Funde interessant, aber sie sind natürlich nicht der einzige Weg, um zu 3D-Objekten zu kommen. Man kann etwa bei Technology Review mittels Anklicken des Schlagworts „3D-Druck“ noch herumstöbern und findet „3D-Design für alle“.

Wie der zuerst genannte Technology-Review-Artikel erwähnt, kann der 3D-Druck (schon mit Stand des Artikels vom Mai 2011) mit einem einfachen 3D-Drucker zuhause erfolgen. Wegen der rasanten Entwicklung würde ich mich kaum trauen, einen 3D-Drucker zu kaufen. Als Alternative gibt es die im Artikel erwähnte Möglichkeit, 3D-Modelle „in verschiedenen Kunststoffen, Keramikverbindungen und Metall“ von einem Dienstleister herstellen zu lassen. Und für diejenigen, die ohne eigenen Drucker selbst Hand anlegen wollen, sollten die FabLabs interessant sein. Das Münchner FabLab gibt es beispielsweise nahe der U-Bahnhaltestelle Mailingerstraße in München-Neuhausen.

Donnerstag, 15. November 2012

Noch einmal Untergrombacher Michaelsberg

Bilder vom Untergrombacher Michaelsberg gab es schon im letzten Jahr in meinem Blog. Damals stammten die Aufnahmen vom Junianfang 2011, also kurz nachdem die Jungsteinzeit-Ausstellung in Karlsruhe am 15. Mai zuende ging. Der komplette Titel der Ausstellung war „Jungsteinzeit im Umbruch. Die 'Michelsberger Kultur' und Mitteleuropa vor 6000 Jahren“, und der Michaelsberg mit seinem jungsteinzeitlichen Erdwerk war namensgebend für diese Michelsberger Kultur.

Kuppe des Michaelsbergs

Die jetzt zu sehenden Bilder sind von Mitte September diesen Jahres. Das erste Bild zeigt die Kuppe des Michaelsbergs, wie man ihn bei der Anfahrt mit dem Auto von Osten aus sieht. Es ist ein aus zwei Fotografien erstelltes Panorama. Bild 2 ist aus drei Fotografien gemacht und zeigt die Kuppe von Süden. Man sieht wie das Gelände nach links in das westlich liegende Rheintal abkippt. Der Blick nach hinten ergibt bei dieser Aufnahmeposition das Bild 3. Man befindet sich hier nach einer über das Gelände gelegten geomagnetischen Messung im Inneren des Erdwerks. Das kann man sich bei der Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg genauer ansehen. Die Aufnahmeposition von Bild 2 und 3 befindet sich auf der Karte am Ende des kurzen, nach Norden von der Straße wegführenden Wegs rechts von der an der Straße anliegenden „104“.

Kuppe des Michaelsbergs

Das Innere des Erdwerks soll besiedelt gewesen sein, das ist wohl in den Messungen anhand der Siedlungsgruben zu sehen. Die Besiedlung hätte sich dann in Bild 2 bis in die nicht sichtbaren Bereiche rechts und rechts hinten hingezogen. Der Verlauf des Rheins soll seinerzeit nahe beim Michaelsberg gelegen haben. In einer Welt mit nur wenig in Erscheinung tretenden menschlichen Bauten muß diese riesige Anlage von unten einen gewaltigen Eindruck gemacht haben. Dazu hätte man noch als besonderes Feature die Lage auf der Ostseite des Rheintales. Wer es als Besucher mit dem Einbaum am Tagesende noch hierher geschafft hat, konnte die Anlage vom dunklen Rheintal aus oben in der Abendsonne strahlen sehen.

Blick vom Michaelsberg in das Rheintal

Das schon im letztjährigen Blog-Eintrag vorgestellte Grundstück mit der Infotafel und dem Kuppelbackofen (der Kuppelbackofen ist auch im verlinkten Wikipedia-Artikel zu sehen) läge nach den über die Karte gelegten geomagnetischen Messungen ebenfalls innerhalb der Umfassungsgräben. Letztes Jahr bin ich irgendwie in der über ein Luftbild gelegten Messung im Ausstellungskatalog verrutscht und habe gedacht, das Grundstück liegt zwischen zwei Gräben. Auf den letztjährigen Fotos ist noch das Karlsruher Ausstellungsplakat vor der Infotafel zu sehen, das ist mittlerweile weg und die Infotafel (letztes Bild) leider dem Vandalismus zum Opfer gefallen. Diese Vandalen haben mehrere Tafeln in dem Gebiet beschädigt, wie uns im September ein einheimischer Spaziergänger erzählte. In Rundwegnähe um die Kuppe soll es letztes Jahr eine Ausgrabung gegeben haben - die veraltete Seite der Landesdenkmalpflege erwähnt eine „kleinen, für Sommer 2010 geplanten Ausgrabungskampagne“. Schließlich hat uns der einheimische Spaziergänger noch die ausgestellten Repliken in der Gaststube bei der Kapelle empfohlen. Das habe ich letztes Jahr nicht erwähnt. Ich/wir haben es bislang wegen zu früh oder an Ruhetagen nie geschafft die Repliken zu sehen.

Grundstück der Familie Rapp auf dem Michaelsberg

Von dem Gelände mit Infotafel auf der einen und dem Kuppelbackofen-Nachbau und Gärtchen auf der anderen Seite hatte ich letztes Jahr gedacht, daß es vielleicht von der Gemeinde für diesen Zweck gekauft oder gepachtet wurde. Den Steinkreis konnte ich mir weniger erklären, und die Steinkreis-Meditationen hätte ich Untermietern zugeordnet. Dieses Jahr war, wie auf den Bildern zu sehen ist, auf dem Gelände ein Tor mit Zaun und ein Erzengel Michael aus Holz mit Steinkegel/Steinmännchen hinzugekommen. Zur Entstehung und Aufstellung des Erzengels Michael gab es vor Ort reichlich Bilder und Informationen (einige davon sind hier zu sehen: „Ein Engel für den Michaelsberg“) und es fand sich auch ein Blatt mit dem Hinweis, daß man sich auf dem Gelände der Familie Rapp befindet und man herzlich eingeladen sei, im Steinkreis einen Moment zu verweilen.

Steinkreis auf dem Michaelsberg

Kurz, das mit der Untermiete ist genau anders herum. Wie auf meine Nachfrage Anja Koch-Rapp vom Steingeflüster geschrieben hat, ist das Michaelsberg-Grundstück seit langer Zeit in Familienbesitz. Die Eltern ihres Mannes bewirtschafteten zeitweise neben der Landwirtschaft auch die Gaststube auf dem Michaelsberg und verrichteten den Dienst in der Michaelskapelle. Ihr Mann wuchs auf dem Berg auf und hat bis heute eine sehr innige Verbindung dorthin. Auf seine Initiative gehen Kuppelbackofen, Gärtchen und Infotafel zurück. Der Naturzaun wäre auch in diesem Jungsteinzeit-Kontext zu sehen. „Diese Michelsbergerkultur will sich natürlich auf dem Berg auch zeigen dürfen“ wie es Anja Koch-Rapp formuliert hat. Der Kuppelbackofen ist bis heute funktionsfähig und es gibt einmal im Jahr eine Holzbrotback-Aktion. Das mit Haselnusszweigen eingezäunte Gärtchen wurde viele Jahre der Grundschule Untergrombach zur Verfügung gestellt und die Schüler bepflanzten es mit altem Getreide wie Emmer und Einkorn. Das Projekt liegt leider seit zwei Jahren brach, so daß ihr Mann eine Wildblumenmischung einsäte.

Mittelpunkt des Steinkreises auf dem Michaelsberg

Nach dem Katalog zur Jungsteinzeitausstellung wurde am Michaelsberg ein latènezeitlicher Quergraben gefunden, also die Kelten waren hier sicher aktiv. Das Stadwiki Karlsruhe spekuliert über eine germanische Kultstätte und führt mehrere Gründe dafür an, u.a. die Benennung nach dem heiligen Michael, dem Bezwinger Luzifers. Folgt man dieser Interpretation, drückt sich durch die Widmung ein starker Gegensatz zu den alten Religionen aus. Das Anliegen der Familie ist es hingegen, „dieses Besondere des Berges zu bewahren und es ein Stück weit erfahrbar werden zu lassen, indem sich alle Facetten zeigen dürfen: Jungsteinzeit, Religionen, Engel, Spiritualität - und zwar für jeden so, wie er es auf seine Art erfahren kann und möchte.“

Von Guntram Prochaska aus einer Sturmeiche gesägter Erzengel Michael

Das drückt sich auch darin aus, daß die Eiche, aus der der Erzengel Michael von dem Künstler Guntram Prochaska gesägt wurde, eine Sturmeiche ist. Die also nicht gefällt wurde, sondern „sich selbst für uns gelegt hat“. Anja Koch-Rapp erwähnt in diesem Zusammenhang die besondere Stellung von Eichen bei Kelten und Germanen und die Donareiche, die im Zuge der Christianisierung von Bonifazius gefällt wurde.

Steinkegel/Steinmännchen auf dem Michaelsberg

Gemeinsam mit ihrem Mann baute Anja Koch-Rapp vor zwei Jahren den Steinkreis, in dem sie regelmäßige Meditationstreffen veranstaltet. Den Steinkegel bzw. das Steinmännchen gibt es seit diesem Sommer. Es markiert einen besonderen Standort und ist laut Anja Koch-Rapp für viele Besucher auch eine Energiepyramide oder ein Energiepunkt. Sie erinnert daran, daß es Steinmännchen und Steinkreise schon in der Jungsteinzeit gegeben hat. Ja, von Menschen geformte Steine in einem Kreis aufstellen konnte man sogar schon viel früher, siehe Göbekli Tepe, und Steinmännchen dürften wegen ihrer einfacheren Erstellbarkeit noch viel älter sein.

Infotafel zur Michelsberger Kultur auf dem Michaelsberg

Das damalige Repertoire war sicher noch wesentlich reichhaltiger, siehe der folgende Hinweis auf eine geplante Ausstellung in Tübingen. „Aus frühneolithischer Zeit von etwa 5700 v.Chr.“ wäre etwa 200 Jahre vor dem in der Wikipedia angegebenen Ende der Michelsberger Kultur. Der Fundort liegt nicht im Bereich der Michelsberger Kultur, das steinzeitliche Repertoire wird also damals schon unterschiedlich verstanden worden sein. Zudem wird, wie die verlinkte Fakultätswebsite angibt, die Authentizität der Funde angezweifelt. Im Katalog zur Karlsruher Jungsteinzeit-Ausstellung sieht es insofern ähnlich unsicher aus, als die Michelsberger Kultur zwar aufgrund der Funde als ziemlich besonders gilt, aber es zu vielen Aspekten dieser Kultur unterschiedlichste Interpretationen gibt. Vielleicht rafft sich jemand aus Anja Koch-Rapps Steinkreismeditionen auf und gibt uns in einem Jungsteinzeit-Roman ein schlüssiges Bild von den damaligen Verhältnissen!