Sonntag, 12. Juli 2009

Unser Bild von den Limes-Wachtürmen

Auf den Fotos sieht man noch einmal den rekonstruierten Limes-Wachturm bei Großerlach-Grab. Ich hatte ihn schon zusammen mit den Limes-Cicerones vorgestellt. Er liegt den Limes-Cicerones sicher ganz besonders am Herzen. Hoch geführt von unserem Limes-Cicerone trafen wir oben einen weiteren Limes-Cicerone beim Feiertagswachdienst.

Limesturm auf dem Heidenbuckel bei 
Großerlach-Grab

Wir wurden eingehend unterrichtet, weshalb der Turm auf diese Weise rekonstruiert wurde. Teilweise unter Verwendung vorgefundener Orginalsteine. Man kann die Begründung für diesen Typ Turm ausführlich auf der Novaesium-Website von Jürgen Franssen nachlesen. Ein Kernpunkt ist der Bezug auf die Trajanssäule mit den dort dargestellten Türmen aus den Dakerkriegen. Ergänzend wurde uns erzählt, die Archäologen hätten bei einem Turm Wasserablaufspuren vom Dach im Boden feststellen können, die wegen ihrer Entfernung vom Turm auf eine umlaufende Außengalerie hinweisen würden. Aber wie auch aus dem Text von Jürgen Franssen hervorgeht, weiß man vieles noch nicht. Und das was man über die römischen Türme weiß, ist in mancher Hinsicht unzulänglich. Die Abbildungen der Türme aus den Dakerkriegen etwa sind für das Medium Trajanssäule verzerrt dargestellt und stammen von einem anderen Ort und aus einer anderen Zeit. Man möge selbst den Text von Jürgen Franssen bis zu diesem Fazit durchlesen: „Trotz dieser Einschränkungen, wie gesagt, wurde und wird dieser Typus für Rekonstruktionen herangezogen, wobei man sich aus praktischen Erwägungen meist für einen dreistöckigen Turm entscheidet.“ Der Turm von Großerlach-Grab ist nach diesem Typus rekonstruiert. Aus praktischen Gründen für die modernen Besucher mit einer außen zum Mittelgeschoß hochführenden Treppe.

Der aus einem Schülerprojekt hervorgegangene sehr schöne Limes-Eigenbau von Lars und Sven Modrzik ist ebenfalls mit diesem Turm-Typ als Vorlage gebaut. Die Logik des weit vorgezogenen Daches ist nicht ideal umgesetzt, da ist beim Bauen vielleicht der Dachwinkel zu steil geraten. Aber es wird korrekterweise die bei diesen Limestürmen vermutete Leiter ins zweite Geschoss verwendet. Zudem ist das Modell mit Personal im passenden Größenverhältnis bestückt, das sieht man sonst selten.

An diese Limestürme gewohnt, war ich von der neuen Rekonstruktion ohne umlaufende Außengalerie bei Rainau-Schwabsberg ziemlich überrascht. Bei den Raetovariern kann man sich Bilder von der Einweihung dieses Turms ansehen. Im Buch „Archäologie erleben“ steht zum Turm: „Die Konstruktion als Pfostenbau mit einem Sockel aus Trockenmauerwerk ohne umlaufende Galerie beruht auf neuen Erkenntnissen zur Bauweise der Holztürme am Odenwaldlimes.“

Limes-Wachturm bei Großerlach-Grab

Was sind das für „neue Erkenntnisse“? Wurden Holztürme ohne Galerie und Steintürme mit Galerie gebaut? Näheres habe ich dann per Suchmaschine gesucht, aber keine Antworten auf meine Fragen gefunden. Auf der Gemeinde-Seite und auf der Seite des Vereins Deutsche Limes-Straße steht derzeit noch der alte Turm. Das verwundert angesichts üblicher Lippenbekenntnisse, wenn es um die Rechtfertigung der hohen Ausgaben für solche Rekonstruktionen geht. Die fachliche Begründung für diese Art der Turmrekonstruktion stand sicher ganz am Anfang der Bauplanung. Die hätte man also sogar schon vor dem Bau mit kleinem Aufwand im Web bereitstellen und damit sowohl etwas für unser neues/ergänztes Bild von den Limes-Wachtürmen als auch für die Tourismusförderung tun können.

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