Mittwoch, 20. Mai 2009

2000-jähriges Schlachtjubliläum

Eigentlich wollte ich das 2000-jährige Schlachtjubiläum verstreichen lassen, ohne ein Buch zum Thema zu kaufen und zu lesen. Aber jetzt lag leihweise von meinem Bruder doch eines auf meinem Schreibtisch:

Titel: „Die Schlacht im Teutoburger Wald: Arminius, Varus und das römische Germanien“
Autor: Reinhard Wolters.
Verlag: C.H. Beck, München. 2., durchges. Aufl., 2009.
253 S., Preis 19,90 €, ISBN 978-3-406-57674-4


Entsprechend meinem eigentlichen Unwillen habe ich mit dem Buch in kleinen interessant scheinenden Teilen angefangen. Die Teile wurden dann größer, ich bin von der Mitte nach vorne und dann wieder nach hinten gesprungen, habe vermutlich fast alles durch und manche Teile zweimal gelesen.

Reinhard Wolters behandelt die Vorgeschichte der Schlacht, die beteiligten Personen, die Schlacht selbst, die Nachgeschichte der Schlacht. Was die Sache für mich zunehmend lesenswerter machte, war, daß das letzte Jahrzehnt anscheinend wirklich grundlegend viele neue Ergebnisse gebracht hat und Wolters das sehr gut darstellen kann.

Waldgirmes bspw. war für mich schon bekannt, schön, die Römer waren präsenter in Germanien als man das vorher dachte. Wolters erläutert nun, daß vor der Entdeckung von Waldgirmes der Bericht von Cassio Dio über die römische Okkupation Germaniens angezweifelt wurde, weil von den angegebenen Städten und Märkten rechtsrheinisch nichts zu finden war. Nun aber umgekehrt Waldgirmes als Beleg für die Qualität des Berichts dient.

Dieses so begründete Wechselspiel zwischen antiken Autoren und archäologischen Funden, schön klar getrennt und mit genauen Quellenangaben, macht für mich eine besondere Stärke des Buches aus. Für den Verlauf der Ereignisse um und über die Schlacht sind die Berichte der antiken Autoren dominierend, die Wolters nach ihrer Entstehungsgeschichte und vermutlichen Relevanz aufschlüsselt.

Arminius, der Befreier Germaniens — das stammt aus den „Annalen“ des Tacitus, die Tacitus 20 Jahre nach seiner „Germania“ geschrieben hat, wo er einen Befreier Arminius noch nicht erwähnt. Wolters erklärt dies mit der anfänglichen Hoffnung von Tacitus auf eine Wiedereroberung Germaniens, die er zur Zeit der „Annalen“ aufgegeben hatte. Die Schlacht im Teutoburger Wald also nicht als allein entscheidendes Ereignis, sondern als gelungener Einstand, dem weitere Kämpfe gegen Arminius und die Cherusker sowie gegen die anderen beteiligten Stämme folgten, deren Ergebnisse auch lange über den Tod von Arminius hinaus Rom keine Perspektiven mehr für eine Herrschaft über Germanien boten.

Selbst von antiken Autoren beschriebene Grundmuster des Angriffs von Arminius auf Varus sind nicht einzigartig, sondern kamen in anderen Kämpfen zwischen Germanen und Römern auch vor, etwa der Angriff in einem für die Römer ungünstigem Gelände auf die langgezogene Marschkette. Interessant wäre, wie der erfolgreiche Widerstand der Germanen von den inneren und äußeren Gegnern Roms seinerzeit aufgenommen wurde. Die antiken Texte können für diese Gegner eigentlich nicht als nützliches Handbuch gedacht gewesen sein, sondern müßten hier eher für alle Beteiligte offensichtliche Schwierigkeiten beschrieben haben.

Mittlerweile gibt es jede Menge zum Schlachtjubiläum in den Medien. Wer noch nicht hat kann da mal mit den entsprechenden Suchworten im Internet suchen. Es finden sich auch mehrere Rezensionen zu Wolters Buch und Medienbeiträge, in denen Positionen Wolters dargestellt wurden oder er selbst zu Wort kam.

Ich will mir deshalb eine genauere Inhaltsangabe sparen und auf die Rezension eines Fachkollegen von Reinhard Wolters, Peter Kehne, in H-Soz-u-Kult verweisen. Dessen detaillierte fachliche Kritik kann ich nicht bewerten. Ich befürchte aber, daß einiges, was jetzt sonst zum Thema auf den Buchmarkt kommt, sich solch einer Diskussion gleich ganz entzieht.

Peter Kehne kommt dann auch zu einer positiven Bewertung „Alles in allem hat Wolters hiermit das derzeit wohl beste Buch zum Varusschlacht-Komplex vorgelegt.“, er vermißt aber das Neue für die Fachwelt. Das muß jetzt keinen Widerspruch zu meinem Empfinden darstellen, weil ich mich da den interessierten Laien zurechne und nicht die Fachdiskussion zum Thema verfolgt habe.

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