Donnerstag, 26. Oktober 2017

Hotzenweg und Hermannsschlachten

Am Montag wurde ich von Hiltibold aus Graz auf zwei Hörsendungen des SWR hingewiesen.

Ich will beide gleich weiterempfehlen. Im einen Fall geht es um eine vermutete prähistorische Wegverbindung zwischen Hochrhein und Donauquellen. Ich weiß nicht wie fundiert die Sache ist. Aber da bei mir alte Römerstraßen und Keltenschanzen ein prominentes Thema sind, rechne ich mit einem entsprechend interessierten Publikum. Vielleicht ist jemand aus der Gegend oder kommt da mal hin.

Die Sendung hat den Titel „Kelten im Schwarzwald: Der Hotzenweg“. Es gibt dazu schon ein Buch und hoffentlich noch ein Projekt von Dr. Roland Weiss. Auf seiner Website finden sich einige Fotos und die Aufforderung „Ortskundig? Kennen Sie selbst entlang der nebenstehend skizzierten Route interessante und rätselhafte Plätze? Das können Steinbauten sein, Geländemarken, Ortsnamen, Höhlen etc. Gerne dürfen Sie mir diese Stellen zeigen. Anruf genügt und wir vereinbaren einen Ortstermin.“

In der zweiten Sendung diskutieren Dr. Rudolf Aßkamp, Dr. Stefan Burmeister und Prof. Dr. Reinhard Wolters eine knappe Dreiviertelstunde lang unter dem Titel „Sieglos an der Elbe: Roms Tragödie in Germanien“ über die von Rom aufgegebene Eroberung Germaniens.

Den Rahmen der Diskussion hat Prof. Dr. Reinhard Wolters schon zu Zeiten des 2000jährigen Jubiläums der Varusniederlage in seinem Buch „Die Schlacht im Teutoburger Wald: Arminius, Varus und das römische Germanien“ gespannt, ich zitiere mal aus meiner damaligen Besprechung:

„Arminius, der Befreier Germaniens — das stammt aus den 'Annalen' des Tacitus, die Tacitus 20 Jahre nach seiner 'Germania' geschrieben hat, wo er einen Befreier Arminius noch nicht erwähnt. Wolters erklärt dies mit der anfänglichen Hoffnung von Tacitus auf eine Wiedereroberung Germaniens, die er zur Zeit der 'Annalen' aufgegeben hatte. Die Schlacht im Teutoburger Wald also nicht als allein entscheidendes Ereignis, sondern als gelungener Einstand, dem weitere Kämpfe gegen Arminius und die Cherusker sowie gegen die anderen beteiligten Stämme folgten, deren Ergebnisse auch lange über den Tod von Arminius hinaus Rom keine Perspektiven mehr für eine Herrschaft über Germanien boten.“

In der sehr interessanten Diskussion geht es um Sichtweisen und Erkenntnisse. Offenbar fehlen derzeit wissenschaftliche Erkenntnisse um sicher festzustellen, ob bestimmte wichtige archäologische Funde von den Legionen des Varus oder denen des Germanicus stammen. Anderseits scheinen sich Sichtweisen zu ändern, etwa daß man sich mittlerweile zeitlich aufeinanderfolgende Belegungen bestimmter Römerlager vorstellen kann.

Interessenten mögen jetzt nicht über meine kryptische Formulierung rätseln, sondern sich die Diskussion anhören und danach den aktuell frei zugänglichen Text von Harff-Peter Schönherr „Pinkeln an die Siegessäule“ in der taz ergoogeln. Den direkten Link lasse ich wieder wegen dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger aus. Der taz-Artikel informiert recht hintergründig über Kalkrieser Verhältnisse. Und passt bestens zur SWR-Diskussionssendung, die für diesen speziellen lokalen Aspekt den Hintergrund liefert. Warum die im taz-Artikel erwähnte „Pontes-Longi-Hypothese“ möglich sein kann ist so bspw. bestens zu verstehen.

Als i-Tüpfelchen zum taz-Artikel mag man sich dann noch die heutige Pressemitteilung „Forschungen in Kalkriese - Kooperationsvertrag bis 2029 geschlossen“ ansehen, in der der „Aufsichtsratsvorsitzende der Varusschlacht im Osnabrücker Land“, Landrat Dr. Michael Lübbersmann, mit den Worten zitiert wird: „Seit nunmehr drei Jahrzehnten wird hier nicht nur Geschichte ausgegraben, sondern auch Geschichte geschrieben“.

Nebenbei noch bemerkt: den Titel der Diskussionssendung „Roms Tragödie in Germanien“ finde ich schlecht. Tragisch waren die römischen Unternehmungen sicher für die unzähligen betroffenen Menschen. Rom hingegen konnte den Triumph des Germanicus in diesen Jahren sicher noch gut mit Ausplünderungen anderer Orte finanzieren und dürfte in diesen Kategorien auch funktioniert haben. Und daß man sich vor Jahren so auf den Begriff „Varusschlacht“ eingeschossen hat, finde ich auch nicht so toll. Einerseits soll Varus ja ziemlich spät erst mitbekommen haben, daß er sich in „seiner“ Schlacht befindet. Zigtausende Germanen wußten das schon vor ihm. Anderseits setzt die Bezeichnung den Fokus genau auf diese eine Schlacht, die doch nur der gelungene Einstand zum späteren Ausstand war. Die Frage, wie Arminius mit seinen Gefolgsleuten viele Jahre Widerstand leisten konnte, bleibt außen vor.

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