In den restlichen Teilen zu Agrigent soll es um die einzelnen von uns besuchten Sehenswürdigkeiten gehen. Auf deren Lage bin ich im zweiten Teil eingegangen, ggf. sollten Sie wieder wie dort empfohlen den Lageplan des Antikefans Bernd Liermann zu Hilfe nehmen.
Bei unseren Touren waren die beiden im vorherigen Teil genannten Parkplätze bei den Tempeln und ein Stück oben beim Museum unsere Ausgangspunkte. Außerdem versuchten wir an den Äskulap- und den Vulkan-Tempel heranzukommen. Von diesen Versuchen etwas entäuscht haben wir die „kleinen“ Ziele in der Altstadt von Agrigento sein gelassen und waren stattdessen ein zweites Mal bei den östlichen Tempeln in der Reihe Herakles, Concordia und Juno. Beim Nachbereiten bedaure ich jetzt vor allem, daß dabei die nordöstliche Ecke mit dem Fels-Heiligtum von San Biagio und den Resten des Demetertempels ausgefallen ist.
Starten wir nun wieder mit dem Junotempel. Andere Bezeichnungen sind Heratempel, Hera-Lakinia-Tempel, Tempio di Juno Lacinia, Juno-Lacinia-Tempel, in allen Fällen ist die Gattin des Zeus gemeint. Hera soll aber dieser Tempel wegen einer falschen Auslegung historischer Quellen zugesprochen worden sein. Wessen Tempel er in Wirklichkeit war, ist unbekannt.
Plausibelste Theorie ist nach dem vor Ort gekaufte Führer ein Tempel des Meeresgottes Poseidon, wegen der erhöhten und damit zum Meer hin prominenten Lage. Dafür würde auch eine attische Vase mit der Abbildung von Meeresnymphen sprechen, die 1928 in der Cella des Tempels gefunden wurde.
Der Führer scheint besonders von diesem Tempel bezaubert - „Perfektion seiner Anfertigung“, „Aufmerksamkeit, die die Bauherren jedem einzelnen Detail widmeten und seine Aufstellung an einer besonderen Stelle“, und das trotz des viel besser erhaltenen Concordiatempels, zu dem dieser Tempel aufgrund vieler Ähnlichkeiten und der zeitlichen Nähe eine Art Zwilling darstellen soll.
Für den Tempel wird die Entstehungszeit zwischen 470 und 450 v. Chr. angesetzt, beim Concordiatempel die Zeit zwischen 440-430. Sie sind nach der dorischen Ordnung erbaut. Ich zitiere zu dieser dorischen Ordnung ein Stück aus meinem Führer „Das Tal der Tempel von Agrigent“, das macht vielleicht zusammen mit dem Aspekt noch erkennbarer Veränderungen des Concordiatempels durch die Zwischennutzung als christliche Kirche das Faible für den Junotempel verständlicher: „Die dorische Ordnung erlebte im Laufe der Zeit eine zweite stilistische Entwicklung, wobei sie die etwas ungeschlachten und mächtigen archaischen Formen zugunsten der perfekt ausgeglichenen Formen der klassischen Periode verließ, um dann im hellenistischen und römischen Zeitalter in elegante, aber kalte und steife Formen zu wechseln.“ Juno- und Concordiatempel wären Beispiele für die Klassik, der Heraklestempel ist archaisch.
Nebst den genannten Vorzügen des Junotempels gibt es noch eine Besonderheit, das ist der monumentale Altar vor dem Eingang in Richtung Osten (Bild 3). Daß im Gegensatz zu christlichen Kirchen der Gottesdienst außerhalb gefeiert wurde, war mir bekannt. Ich hätte mir das in der Aufstellung Tempel, davor Altar wo der Priester das Opfer zelebriert und dann die zusehenden Gläubigen vorgestellt. Hier am Junotempel hätten aber von Osten nur die Götter vom Olymp her eine gute Sicht gehabt, nicht aber Gläubige. Östlich befände man sich unterhalb des Altars, und da gibt es nur ganz wenig Platz. Auf der südlichen Seite des Altars ist der Raum auch ziemlich beschränkt. Nach Norden zu kommt ein Hang, an dem zwar größere Mengen stehen, von wo der Altar aber nur seitlich und von unten gesehen werden kann.
Auf diesen Altären sollen die Opfertiere geschlachtet und dann ihre Knochen in Fett gewickelt und verbrannt worden sein, während das Fleisch in einem rituellen Festmahl von den Gläubigen verzehrt wurde. Wie das vor Ort vor sich gegangen ist, rate jetzt nicht weiter. Es ist auch so, daß oben in der Südost-Ecke nichts von Verteidigungsanlagen zu sehen war. Also es kann sein, daß über die Jahrtausende Teile heruntergebrochen sind. Anderseits habe ich das jetzt mit Fotos verglichen, die ich vom Modell des Tempels von Ägina in der Glyptothek gemacht habe, da ist ebenfalls wenig Platz vor dem Altar. Also vielleicht sollten die Gläubigen gerade nicht in dieser Linie nach Osten beim Opfer stehen, ich habe jedenfalls zu diesen Vorgängen noch Nachlernbedarf.
Im Bereich unterhalb des Junotempels fällt es ebenfalls schwer, sich eine Vorstellung von der Verteidigungsanlage zu machen, es ist aber zumindest etwas da. Was im vierten Bild rechts unterhalb des Tempels zu sehen ist, sollen Reste der Stadtmauer sein, in die von den Byzantinern Arkosolen eingearbeitet wurden.
Wie gemauert sahen die Reste der Stadtmauer in dem Bereich nicht aus. Es wirkte auf mich wie aus dem Felsgrat geschlagen. Als Baumaterial wurde in Akragas örtliches Kalktuffgestein verwendet, vielleicht konnte man den Bau der Verteidigungsanlage mit der Materialbeschaffung verbinden.
Zu Goethes Zeiten glaubte man, in den Arkosolen hätten die Griechen ihre Helden beerdigt. Mittlerweile spricht man die Grabstätten den Byzantinern zu. Ich habe sie ohne die in der Wikipedia beschriebene Aussparung kennengelernt, d.h. in die gut erreichbaren konnte man mit flachem Boden reinsitzen, allerdings haben wir nicht in die schwerer erreichbaren reingesehen.
Der in den Fels geschlagene Friedhof von Bild 5 befindet sich in der Nähe des Concordia-Tempels am Hang hinunter in das „Tal“ zwischen dem heutigen Agrigento und dem Tempel-Felsgrat. Die Nekropole soll auf frühe Christen zurückgehen. Im Hintergrund sieht man, daß in den Hang ein Raum für weitere Grabstätten gegraben wurde. Im Concordiatempel wurden ebenfalls während der christlichen Nutzung Gräber angelegt. Und auf den Rechtecken im Boden, die man im Bild 7 vor der Westseite des Concordiatempels sieht, könnte ich mir Sarkophage vorstellen. Also im und um den Concordiatempel herum, der 597 n.Chr. in eine christliche Kirche umgewandelt wurde, entstand ein großer Friedhof.
Der Concordiatempel wurde durch die Umwandlung zu einem der am besten erhaltenen griechischen Tempel. Sein Erhaltungszustand ist ein Argument gegen die Vermutung bei anderen örtlichen Tempeln, sie wären durch ein Erdbeben zerstört worden.
Der Concordiatempel wurde für die Nutzung als Kirche umgebaut. Eine Veränderung ist von außen zu sehen, das sind die seitlichen Öffnungen in der Cella. Eine andere, das Zumauern der Zwischenräume zwischen den meisten Säulen, wurde wieder rückgängig gemacht. Das Kalktuffgestein des Tempels war im alten Akragas durch eine Schicht teilweise bemalten weißen Stucks überzogen.
Wie beim Junotempel ist ebenfalls unbekannt, wem der Tempel ursprünglich zugesprochen war. Namensgebend wurde eine römische Inschrift, die in der Nähe gefunden wurde. Neben „Concordia-“ ist auch „Konkordia-Tempel“ gebräuchlich, italienisch Tempio di Concordia.
Zwischen Concordia- und Herkulestempel befindet sich ein eingezäuntes Gelände mit der Villa Hardcastle (oder nach dem Tor in der Nähe „Villa Aurea“). Sie war Wohnsitz des englischen Marinekapitäns Alexander Hardcastle, der sein Vermögen für „Wiederbelebung“ der Agrigenter Tempel ausgegeben hat. Nachdem ich dem wenig entfernten Hotel im zweiten Teil eine 1a-Lage zugesprochen habe, muß ich der Villa zu 1a noch viele Extrasternchen geben - sofern die im Bild 9 zu sehende antiken Straße schon ausgegraben war, konnte Alexander Hardcastle auf ihr die paar Schritte von seinem Garten zum Herkules-Tempel spazieren.
Der Name des Herkules- oder Herakles-Tempel, italienisch Tempio di Ercole, wird auf eine Ortsangabe von Cicero zurückgeführt („in der Nähe des Forums“, und das soll der im letzten Teil erwähnte untere Marktplatz beim heutigen Parkplatz gewesen sein). Der Führer meint, daß „selbstverständlich nicht alle Archäologen zum selben Schluß kämen“ und manche sogar behaupten würden, es sei der Tempel des Apollo aufgrund einiger Ähnlichkeiten mit dessen Tempel in Delphi. Bedeutsam ist er auf jeden Fall als archaischer Tempel der letzten Jahrzehnte des 6. J. v.Chr., das sei hier durch verschiedene architektonische Merkmale belegt. Allen voran die Maße, der Tempel hatte 15 statt der 13 Säulen der klassischen Tempel an den Seiten bei derselben Anzahl von 6 Stirnsäulen, dadurch sei das Verhältnis Breite zu Länge nicht so harmonisch.
So, nach diesem Teil Agrigent springen wir noch schnell ein paar hundert Jahre in den Hellenismus und ein paar hundert Kilometer weiter vor die Insel Antikythera. Dort ist zu dieser Zeit ein Schiff mit einem Mechanismus gesunken, der geborgen und enträtselt werden konnte. Der Mechanismus wurde passend zu Weihnachten mit Lego nachgebaut und der Link auf das Video geistert seit ein paar Tagen durch das Internet. Hier der Link auf das Video bei Youtube und hier die Wikipedia mit Hintergrundinformationen.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen